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Vettel holt dritten Weltmeistertitel nach Renn-Krimi in Sao Paulo

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Der 25 Jahre alte Heppenheimer hat sich im unfassbaren Finale von Sao Paulo mit Nervenstärke und Können zum jüngsten Dreifach-Weltmeister der Königsklasse gekürt. Sein Titel war während des spannenden Rennens mehrmals in Gefahr. (Foto: dpa)

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Vettel holt dritten Weltmeistertitel nach Renn-Krimi in Sao Paulo
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Sao Paulo – Sebastian Vettel fiel neben seinem demolierten Auto Rekordchampion Michael Schumacher erlöst in die Arme, Bernie Ecclestone eilte in die Umkleide des verschwitzten neuen und alten Formel-1-Weltmeisters und aus der Heimat gratulierte umgehend die Kanzlerin. Nicht mal ein Unfall nach wenigen Metern und der Absturz auf den letzten Platz bremsten den Hessen im packenden Sonntagskrimi. „Es ist im Moment schwer zu fassen. Das ist was ganz Besonderes“, sagte der nach den richtigen Worten ringende Vettel überglücklich.

Denn beim Abschiedsrennen von Kumpel Schumacher läutete der Heppenheimer endgültig eine neue Ära ein – seine Ära. „Du bist der Weltmeister. Du bist der Dreifach-Weltmeister. Du bist der Mann“, feierte Red-Bull-Teamchef Christian Horner seinen Starpiloten, dem der sechste Platz beim Großen Preis von Brasilien reichte, um mit drei Punkten Vorsprung seinen bärenstarken Widersacher Fernando Alonso abermals in Schach zu halten.

Alonso hätte siegen müssen, um Weltmeister zu werden

Das beeindruckte auch die sportbegeisterte Bundeskanzlerin. „Wie so oft in dieser Saison hat er in Sao Paulo fabelhafte Nervenstärke und fahrerisches Können bewiesen“, erklärte Angela Merkel in Berlin. „Mich hat es genau wie Millionen Fans begeistert, wie er sich nach einem schwierigen Start in die Saison in diese Weltmeisterschaft zurückgekämpft hat.“

Vettel hatte im Juli schon 44 Punkte Rückstand auf Alonso nach dessen Sieg auf dem Hockenheimring. Und bis gestern wurden die Karten völlig neu gemischt: Der 31-jährige Spanier hätte bei Vettels sechstem Brasilien-Rang siegen müssen, um seinerseits endlich in die erlesene Riege der Dreifach-Champions aufzusteigen. Er schaffte es aber nur auf Platz zwei im denkwürdigen Zitterfinale von Interlagos. „Ich bin stolz auf mein Team. Wir haben die WM verloren, aber wir haben sie nicht in Brasilien verloren, sondern auch in den vorangegangenen Rennen, in denen wir ein bisschen Pech hatten“, sagte Alonso.

Vettel wendete in einer Saison, in der es zu Beginn nicht immer wie erhofft gelaufen war, letztlich das Blatt. „Da bleibt einem erst mal der Atem weg“, sagte der Heppenheimer, in dessen Heimat überschwänglich gefeiert wurde. „Es tut mir leid, wenn der ein oder andere von der Couch gefallen ist, aber im Auto war es genauso spannend“, meinte Vettel mit breitem Grinsen.

Der deutsche Rennfahrer ist erst der dritte Pilot nach dem Argentinier Juan Manuel Fangio und Schumacher, der dreimal in Folge die WM-Trophäe gewann. „Wenn man bedenkt, dass er gerade mal über 100 Grand Prix gefahren ist und schon die dritte Meisterschaft, kann man nur gratulieren. Es macht mich auch ein bisschen stolz, er ist ja ein Kumpel von mir“, sagte Schumacher, der sich mit Platz sieben in seinem letzten von 308 Grand-Prix-Rennen und sieben WM-Titeln verabschiedete. Den Sieg beim letzten WM-Lauf 2012, der das ultimative i-Tüpfelchen auf eine verrückte Saison war, sicherte sich der Brite Jenson Button vor Alonso und dessen brasilianischem Ferrari-Teamkollegen Felipe Massa.

Geschenkt wurde Vettel nichts. „Es war sicherlich die härteste Fahrt, um einen WM-Titel zu holen“, betonte Niki Lauda, selbst dreimaliger Weltmeister. Kurz nach dem Start von Platz vier stand Vettel plötzlich entgegen der Fahrtrichtung. „Ich stand praktisch als Geisterfahrer in Kurve vier. Das war nicht ideal“, meinte Vettel, nachdem ihm Williams-Pilot Bruno Senna in den Red-Bull-Boliden gekracht war.

Vettel behauptet sich während des dramatischen Rennens

„Er hat den Kopf nicht hängen lassen, nachdem er in der ersten Runde schon verkehrt herum vor mir gestanden hatte und wir uns fast berührt hätten“, schilderte Schumacher den Crash. Alonso hatte hingegen gleich zu Beginn nach Startplatz sieben mächtig Boden gut gemacht und sich auf Platz drei geschoben hinter Pole-Mann Lewis Hamilton und dessen McLaren-Kollegen Button. Das Problem: Vettels Wagen war demoliert, aber auch nicht so schnell reparabel. „Das Auto war komplett aus der Balance. Es bestand immer die Gefahr, dass der Auspuff bricht“, meinte Red Bulls Technik-Genie Adrian Newey: „Ich weiß nicht, wo mein Herzschlag war.“

Denn das Rennen und damit der Kampf um die Krone nahmen ständig neue Wendungen: Unfälle, Dreher und dann auch noch Regen, der den 4,309 Kilometer langen Kurs im Autodromo Carlos Pace zur Rutschbahn machte. Zwischenzeitig konnte Nico Hülkenberg die unberechenbaren Umstände nutzen und sich die Führung in seinem letzten Rennen für Force India schnappen.

Wie meist in Sao Paulo musste auch diesmal das Safety-Car raus. Schumachers Mercedes-Teamkollege Nico Rosberg hatte es zu spüren bekommen, er fuhr über ein Bruchstück und holte sich einen Platten. Kaum war das Rennen wieder freigegeben, drohte Vettel zwischen Kamui Kobayashi und Teamkollege Mark Webber zerquetscht zu werden. Webber, der Vettel am Start noch abgedrängt hatte, wich aus, Kobayashi raste aber an Vettel vorbei.

Hülkenberg gab dem denkwürdigen Rennen eine erneute Wende: Er crashte in den Wagen von Hamilton. Hamilton fiel aus, Alonso rückte auf und war wieder auf WM-Kurs. Es wurde nasser und noch rasanter. Vettel reagierte, aber die Boxencrew bekam das rechte Vorderrad nicht schnell genug drauf. Vettel verlor weitere Sekunden. Auch Alonso wechselte und reihte sich als Vierter wieder ein.

Elf Runden vor Schluss hatte der Hesse, dessen Funksprüche nicht mehr bei seinem Team ankamen, die WM-Trophäe wieder. Vettel lag auf Rang sieben, Alonso auf dem dritten Platz, ehe ihn aber Massa vorbeiließ. Vettel überholte kurz danach Schumacher, und nach einem weiteren Unfall musste das Safety Car raus. Überholen war damit unmöglich. Und Vettel hatte es nach 309,505 Kilometern geschafft. „Hinterm Safety-Car zu zittern und ins Ziel zu humpeln, war eine Qual“, meinte er, nachdem ihn aber Formel-1-Chef Ecclestone mit einer herzlichen Umarmung für die Strapazen belohnt hatte. (dpa)