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Kolumnen

Vorhaut als Integratrionshindernis

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`Deutschland ist Integrationsland’ heißt es oft. Dieser Satz gehört mittlerweile zum Standardrepertoire vieler Politiker. Es passiert ja auch viel Integratives in Deutschland.

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“Der Islam gehört zu Deutschland” hat der ehemalige ‘Erste Mann im Staat’, Christian Wulff gesagt. “Die Muslime, die hier bei uns leben, gehören zu Deutschland”, sagt der aktuelle Bundespräsident Joachim Gauck. Es werden Lehrstühle für Islamische Theologie errichtet. Die Erteilung von islamischem Religionsunterricht ist eine Frage der Zeit. Minister mit türkischem Hintergrund werden ernannt. Mesut Özil läuft für Deutschland auf. Im deutschen Kader in Polen und Ukraine standen zwei türkischstämmige Spieler. Auch andere Spielern mit Migrationshintergrund machen die deutsche Fußball-Nationalmannschaft zu einer bunten Truppe. In den jüngeren Nationalteams von Deutschland ist der Anteil der Spieler mit Migrationshintergrund noch höher – alles Anzeichen von gutem Willen und gelungener Integration.

Als meine Tochter nach dem gewonnenen Griechenland-Spiel der deutschen Mannschaft aufsprang und “Deutschland, Deutschland” rief, war ich auch selbst überrascht. Wenn man sich diese Seite des Zusammenlebens anschaut, könnte man optimistisch sein.

Aber es gibt auch die andere Seite.
Es gibt Kräfte in Deutschland, die Integration behindern, Gefühle von Zusammengehörigkeit, Anerkennung und Akzeptanz zunichte machen wollen. Das jüngste Beispiel dafür ist das Beschneidungs-Urteil des Kölner Landgerichts. Es deklarierte die Beschneidung, auch aus religiösen Motiven, als Körperverletzung und daher für strafbar, folglich für verboten. Tatsächlich richtet sich das Urteil gegen die Praxis bei den Juden und Muslimen. Dabei ist die Beschneidung von Jungen eine jahrtausende alte Tradition. Sie darf nicht mit der afrikanischen Beschneidungstradition von Mädchen verwechselt werden. Es sind bisher auch keine Fälle bekannt, wo sich im Kindesalter beschnittene Jungen als Erwachsene über diese Praxis beklagt hätten.

Nun aber will sich also im Deutschland des Jahres 2012 ein Gericht zum Richter über die Religion des Judentums und des Islams erheben. Es meint zu wissen, was für die Juden und Muslime besser ist und was nicht. Ist dieses Urteil tatsächlich in der Sorge um die seelische und körperliche Gesundheit der jüdischen und muslimischen Jungen begründet? Sind die Unterstützer dieses Urteils mit ehrlichen Sorgen um diese Menschen umtrieben?

Wenn es denn tatsächlich so ist, warum unterstützen dann gerade diejenigen Kreise dieses Urteil, die sonst auch antiliberal und antimuslimisch eingestellt sind?
Und: Wenn sie damit Erfolg haben, werden sie es dabei belassen oder zur Verbietung und Kriminalisierung weiterer Aspekte ihnen fremder Kulturen fortschreiten wollen?

Die Integration in Deutschland hat eine gute Zukunft vor sich, eigentlich. Die Frage ist nur: Lässt man sie geschehen, lässt man den Dingen ihren natürlichen Lauf?
Oder wirft man ihr Hindernisse in den Weg, wie in diesem Fall in Form einer kleinen Vorhaut?