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Irak: Waffenlieferungen in ein Land voller Waffen?

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Was passiert mit den Waffen, wenn der IS einmal besiegt ist? Diese Frage wird bei der aktuellen Debatte um mögliche Waffenlieferungen viel zu selten gestellt.
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Können Waffenlieferungen in Konfliktregionen zum Schutz von Menschenrechten beitragen? Oder nützt der Export von Rüstungsgütern doch nur der heimischen Industrie und verschlimmert das Leid der Bevölkerung in dem betroffenen Land?

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer, ist für deutsche Waffenlieferungen in den Nordirak. Es gebe Situationen, „in denen man mit militärischen Mitteln dafür sorgen muss, dass es nicht zu einem Genozid kommt”, sagte der SPD-Politiker den „Ruhrnachrichten” am Freitag. Wer die Einschätzung teile, dass die IS-Milizen eine militärische Bedrohung darstellten, könne nicht nur mit zivilen Mitteln gegen die islamistischen Kämpfer vorgehen, führte der Menschenrechtsbeauftragte aus. Die Hauptlast der Auseinandersetzung trügen derzeit die Kurden. „Die sagen, dass sie mit ihrer jetzigen Ausrüstung keine Chance haben”, so Strässer. „Wenn sich die internationale Gemeinschaft nicht engagieren will – etwa mit einem Blauhelmeinsatz -, muss man die Kurden so ausstatten, dass sie etwas gegen IS ausrichten können.”

Zu glauben, mit Waffen Menschenrechte durchsetzen zu können, nannte Strässer gleichwohl absurd. Er sehe zudem die Gefahren, die solche Lieferungen mit sich führten. „Zum Beispiel weiß niemand, was mit den Waffen nach dem Kampf gegen IS geschieht.” Dies müsse man unter dem Aspekt abwägen, wie man die Menschen vor Ort vor dem Terror schützen könne. „Ich bin jedenfalls sicher, dass sich die Milizen nicht mit dem Gebiet zufrieden geben werden, das sie jetzt erobert haben.”

Was passiert mit den Waffen, wenn der IS einmal besiegt ist?

Grundsätzlich mahnte Strässer, der am Mittwoch von einer dreitägigen Reise in den Nordirak zurückkehrte, eine intensive Diskussion über Waffenlieferungen an. Dass sich der Bundestag kommende Woche in einer Sondersitzung mit der Frage beschäftigen wolle, nannte er dringend geboten. „Ich bin davon überzeugt, dass eine große Mehrheit der Haltung der Bundesregierung zustimmen wird.” Nach einer am Mittwoch veröffentlichten Forsa-Umfrage für das Hamburger Magazin „stern“ sind 63 Prozent der Befragten gegen Waffenlieferungen.

Auch der Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Volker Perthes, wies darauf hin, dass Syrien und der Irak geradezu überliefen mit Waffen. Dabei handele es sich überwiegend um Kleinwaffen, die in diesen Kriegen eingesetzt würden. Sie stammten aus der alten irakischen Armee, von den US-Besatzungstruppen, aber auch neue US-amerikanische Waffen, die in den vergangenen Jahren an das irakische Militär geliefert worden seien, so der Nahost-Experte am Freitag im Deutschlandradio Kultur.

Der Irak erlebte nach der US-Invasion im Jahre 2003 eine Welle von Gewalt, die sich auch entlang ethnischer und konfessioneller Trennlinien entlud. Gut organisierte und bewaffnete Milizen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen trugen neben internationalen Terrorgruppen zur Eskalation im Irak bei. Auch auf politischer Ebene droht ein bewaffneter Konflikt zwischen der Zentralregierung in Bagdad und der kurdischen Regionalregierung in Arbil. Grund dafür sind Streitigkeiten um die Erlöse der im Nordirak liegenden Rohstoffvorkommen. Kurz vor dem überfallartigen Vormarsch des IS forderte der Präsident der kurdischen Regionalregierung, Massoud Barzani, sogar ein Referendum über die Souveränität der irakischen Kurden. (kna/dtj)