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Politik

Fuat Avni: So werden die Wahlen in der Türkei manipuliert

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Werden die Parlamentswahlen am kommenden Sonntag fair ablaufen? Die Pläne, die der berüchtigte Whistleblower Fuat Avni veröffentlicht hat, lassen das schlimmste befürchten.

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Viele Türken gehen davon aus, dass es bei den Parlamentswahlen am 07. Juni zu Manipulationen kommen wird. Der Zaman-Kolumnist Mümtaz’er Türköne berichtet beispielsweise, dass fast alle Türken in Europa, die er kennt, fest annehmen, dass ihre Stimmen auf dem Weg in die Türkei manipuliert oder ausgetauscht werden. Und tatsächlich ist das Verfahren, die Stimmzettel in den jeweiligen Ländern zu sammeln, in die Türkei auszufliegen und dann dort erst zu zählen, ein Schwachpunkt, an dem mögliche Wahlmanipulationen ansetzen können. Die erste Zwischenbilanz des Hohen Wahlausschusses YSK (Yüksek Seçim Kurumu) legt jedoch bereits nahe, dass die Beteiligung der Auslandstürken bei den Parlamentswahlen höchstwahrscheinlich ähnlich gering ausfallen wird wie bei der Präsidentschaftswahl im August letzten Jahres. Damals war es eine Beteiligung von 8%, heute sieht es bisher eher nach einer Quote um die 10-15 % aus. Das Hauptaugenmerk wird daher auf den Wählern im Inland liegen.

Hier sieht Türköne wiederum einen anderen beunruhigenden Trend: Die Regierung tue wenig bis nichts, um die ebenfalls omnipräsenten Befürchtungen zu zerstreuen, dass man die Wahlen ohnehin manipulieren werde. Das klingt nur im ersten Moment widersinnig, wenn man bedenkt, welchen Effekt das auf einen großen Teil der oppositionellen Wähler hat: Resignation. Es kann der AKP schließlich nur recht sein, wenn die kritischen Bürger, die ihr Kreuz bei der Opposition machen würden, zuhause bleiben, während die eigenen Unterstützer kräftig mit von der Partei bezahlten Bussen in die Wahllokale befördert werden.

Pläne zur Vorgehensweise beim Wahlbetrug laut Fuat Avni bereits ausgearbeitet

Die Tweets, die der berühmt-berüchtigte Whistleblower Fuat Avni am vorletzten Wochenende in die Weiten des Internets gezwitschert hat, stimmen jedenfalls wenig optimistisch, dass sich diejenigen, die einen massiven Wahlbetrug erwarten, irren könnten. Unter dem Account Fuat Avni werden seit Anfang 2014 teils sensible und brisante Interna aus dem engsten Kreis um Recep Tayyip Erdoğan veröffentlicht, ohne dass bisher herausgefunden werden konnte, wer hinter dem Namen steckt. Jedoch erwiesen sich Avnis Tweets allzu oft als bis in Details der Wahrheit entsprechend, so beispielsweise vor der großangelegten Verhaftungsaktion gegen kritische Journalisten am 14. Dezember 2014. Eine gewisse Glaubwürdigkeit musste ihm deshalb bisher immer wieder bescheinigt werden.

Am 16. Mai veröffentlichte er oder sie eine Reihe von Tweets, laut denen der Wahlbetrug und die Methodik dahinter bereits ausgemachte Sache sei. Demnach habe Erdoğan in mehreren streng geheimen Sitzungen im Präsidentenpalast Ak Saray Anordnungen zur Vorbereitung eines konzertierten Wahlbetrugs erteilt und sogar das ungefähre Endergebnis der Wahl bereits festgelegt. Die AKP werde demnach 45% erhalten, die CHP 25%, die MHP 16% und die HDP 9%. Vor allem, dass die HDP die 10%-Hürde nicht überschreitet, ist taktisch von allergrößter Bedeutung. Die regierungsnahen Meinungsforschungsinstitute und Medienhäuser seien angewiesen worden, die Öffentlichkeit auf das Ergebnis vorzubereiten, indem sie ihre Berichterstattung den anvisierten Ergebnissen schrittweise anpassen. Der Wahlbetrug selbst werde dann über einen gezielten Eingriff in die Computer der Hohen Wahlkommission durchgeführt, wofür schon alle Vorbereitungen getroffen seien. Er nennt sogar Details wie 12 neue Prozessoren, die die Wahlbehörde extra für die Operation angeschafft habe. Während des Prozesses der Übermittlung der Wahlergebnisse der einzelnen Provinzen und Bezirke in das zentrale System der YSK werde dann die eigentliche Manipulation der Zahlen vorgenommen. Die heikelste Phase der ganzen Operation sei jedoch nicht einmal die Manipulation selbst, sondern die Auswahl und Besetzung der lokalen Wahlaufsichten, da diese selbstverständlich hundertprozentig loyal sein müssen, was im Falle des Justizverwaltungssystems UYAP bereits der Fall sei.

Nicht nur digitaler, sondern auch analoger Betrug

Zusätzlich zu all dem würden wieder, wie bereits bei den letzten Wahlen geschehen, mehrere Millionen Wahlzettel zu viel gedruckt, die dann in einer ebenfalls konzertierten Aktion zum Wahlbetrug genutzt werden. Dazu soll auf ihnen die AKP angekreuzt und sie dann versiegelt werden. Daraufhin, so laut Avni der Plan, sollen sie gegen leere Wahlzettel eingetauscht werden können, wofür die potentiellen Handlanger des Betrugs 200 Lira erhalten.

Man mag ernsthaft hoffen, dass sich Fuat Avni dieses Mal grundlegend irrt oder die Aktion durch seine Veröffentlichungen zumindest beeinträchtigt. Die Erfahrungen der Vergangenheit lassen jedoch befürchten, dass das nicht der Fall ist.