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Politik

Warum wählen religiöse Menschen meistens rechte Parteien?

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Warum stehen religiöse Menschen meistens auf der Seite des politischen Konservatismus? Linke Forderungen wie soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz und individuelle Rechte sollten doch auch für die Frommen anschlussfähige Ideale sein.

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Am Freitag haben Zehntausende Muslime mit einer bundesweiten Aktion ein klares Zeichen gegen Judenhass und IS-Terror gesetzt. Unterstützt von Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft, solidarisierten sie sich mit allen Opfern des IS-Terrors.
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Haben Sie sich nicht auch schon mal gefragt, wieso wir in der Politik die Sozialdemokraten eigentlich linksgerichtet nennen und die Konservativen rechtsgerichtet?

Wie so vieles in der modernen Politik ist auch dies zurückzuführen auf die Französische Revolution 1789. Denn bei der ersten Parlamentsversammlung nach der Revolution saßen die Befürworter der alten Monarchie (Ancien Régime) rechts neben dem Parlamentspräsidenten und auf der linken Seite saßen die Befürworter eines völlig neuen Systems, der Republik (La Républic). Diese recht zufällige Aufteilung im Schloss von Versaille hat sich mit der Zeit verselbstständigt und eine prägende Rolle im politischen Spektrum bis zum heutigen Tag eingenommen.

Im Verlauf der Geschichte haben sich die Begriffe „rechts“ und „links“ weltweit politisch etabliert. Sie wurden jedoch in jedem Land anders verstanden und interpretiert. Selbst in ihrem Ursprungsland Frankreich sind die Rechten und Linken von heute kaum noch vergleichbar mit denen der Entstehungszeit.

Die Ausgestaltung des politischen Spektrums bezüglich ihrer Positionen zu Wirtschaft, Umwelt, Staat, Religion, Nation, Bildung und Wissenschaft variieren von Land zu Land. Eine Besonderheit ist hierbei wohl in islamisch geprägten Ländern, dass man mit der „rechten Seite“ im Allgemeinen etwas Spirituelles verbindet, denn laut islamischer Überlieferung werden am Tag des Jüngsten Gerichts den rechtschaffenen Menschen die Bücher, in denen ihre Handlungen festgehalten sind, von der rechten Seite vorgelegt, die Irregeleiteten hingegen bekommen ihre Bücher von der linken Seite, was als Zeichen für die ewige Verdammnis interpretiert wird.

Religiöse Ethik wird auf einen bestimmten Wertekatalog reduziert

Dennoch gibt es natürlich auch Positionen, die das rechte bzw. linke Spektrum länderübergreifend teilt. So verbindet man beispielsweise mit „links“ zumeist Themen wie soziale Gerechtigkeit, Gleichheit, Arbeiterrechte, individuelle Freiheiten, Umweltbewusstsein sowie Reformen und mit „rechts“ Themen wie Familie, Tradition, freie Marktwirtschaft, Wettbewerbsfähigkeit, Nationalbewusstsein sowie Religion.

Ich möchte hier keinen wissenschaftlichen Aufsatz über politische Ideengeschichte schreiben. Der Grund für meine einleitende Zusammenfassung der Begriffe des politischen Spektrums ist folgender:

Fakt ist, dass Menschen, die sich als religiös bezeichnen, eher zu rechten Parteien tendieren. Dies gilt für die USA, genauso wie für Europa, die Türkei oder die meisten anderen Länder. Daraus resultiert, dass religiöse Menschen sich den rechten Werten verbunden fühlen, während sie den linken Werten eher distanziert begegnen.

So sympathisieren religiöse Menschen in der Regel mit Nationalbewusstsein, Wettbewerb, Traditionen, einem starken Staat und ähnlichen rechten Positionen, während soziale Gerechtigkeit, Arbeiterrechte, Meinungsfreiheit oder ähnliche eher linke Positionen für sie von sekundärer Relevanz sind. Daraus resultiert, dass sie die religiöse Ethik auf einen bestimmten Wertekatalog reduzieren und politisch als „links“ bekannte Werte außen vor lassen.

Nehmen wir das Thema der sozialen Gerechtigkeit, dem linken Anliegen schlechthin.

Ist denn die Idee der möglichst gleichmäßigen Verteilung von Wohlstand und Reichtum nicht etwas, wofür sich auch die Religiösen stark machen müssten? Haben sich denn nicht nahezu alle spirituellen Führer aller Religionen für die Armen und Unterdrückten eingesetzt und lebten selbst ein schlichtes und genügsames Leben? Aber leider findet sich heutzutage nur schwer eine religiöse Gruppierung, welche sich die Bekämpfung sozialer Ungerechtigkeit sichtbar auf die Fahnen schreibt.

Fromme Gruppen vernachlässigen viel zu oft ihre eigenen Werte

Oder Arbeiterrechte, Umweltschutz, Tierschutz, Frauenrechte, individuelle Rechte und Freiheiten. Für diese Themen haben sich religiöse Gruppen weltweit tendenziell weniger bis gar nicht eingesetzt. Kleinere Ausnahmen bestätigen die Regel.

Es finden sich zwar immer mal wieder beeindruckende Predigten zu diesen Themen, auch mal Bücher, die aus religiösen Werten eine entsprechende Verantwortung für gläubige Menschen herleiten. Ein systematisches und nachhaltiges Vorgehen religiöser Gemeinden in diesen Feldern ist und bleibt aber eine Rarität.

Schauen Sie sich die religiösen Amerikaner bloß an. Sie kleben an den Republikanern, einer Partei bekannt für übersteigerten Nationalismus, Migrantenfeindlichkeit, Rassismus, militärischen Interventionismus und die Bevorzugung von Reichen. Keiner macht auch nur ansatzweise Anstalten, Jesus nachzueifern und sich um die Armen, Unterdrückten und Hilfebedürftigen zu kümmern! Abgesehen von Merkels Flüchtlingspolitik geben die Christdemokraten in Deutschland ein ähnliches Bild ab.

Und in der Türkei…?

Um ehrlich zu sein warte ich gespannt auf den Tag, an dem sich die religiösen Menschen in der Türkei die Themen Arbeiterrechte, Ehrenmorde, Naturschutz, Ungleichverteilung des Einkommens, Minderheitenrechte zu eigen machen.

Alle religiösen Gemeinden auf der Welt – die Muslime eingeschlossen – sollten ihrer nun weit über ein Jahrhundert andauernden Schuld bewusst werden und dieser sündhaften Haltung abschwören. Sie sollten sich Gedanken darüber machen, wie viele Menschen sie aufgrund ihrer Haltung vom Glauben entfremden. Ob sie am Tag des Jüngsten Gerichts in der Lage sein werden, dafür Rechenschaft abzulegen, ist fraglich.

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