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Politik

Welle neuer Sippenhaft in der Türkei

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Die Minister Muammer Güler und Zafer Caglayan mussten im Rahmen der Korruptionsaffäre 2013 zurücktreten.
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In der Türkei gibt es eine neue Festnahmewelle. Diesmal geht es nicht nur um Oppositionelle selbst, sondern um ihre Familien. So berichtet die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu von einer Verhaftungswelle, 

in der sechs Personen wegen der Nutzung der Messenger-App ByLock verhaftet worden sind. Regierungskritische Medien hingegen sprechen von einer gezielten Festnahmewelle von Frauen und Kindern von Polizeibeamten, nach denen die türkische Regierung fahnden lässt. 

Dabei handelt es sich um Ehefrauen und Kinder von ehemaligen Polizisten, die die Korruptionsermittlungen im Dezember 2013 gegen die AKP-Minister und den Söhnen von vier Ministern sowie den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan und seinen beiden Söhnen Bilal und Burak Erdogan geführt haben. 

Fall Reza Zarrab für diesen Schritt verantwortlich?

Es wurden die Ehefrauen und Kinder von ehemaligen Polizeibeamten festgenommen, die unter anderem auch für die Verhaftung von Reza Zarrab verantwortlich waren. Reza Zarrab sorgt im Augenblick für große Schlagzeilen, denn er wurde in den USA festgenommen und für die Durchbrechung des US-Embargos gegen den Iran verantwortlich gemacht. Mit dem iranisch-türkischen Unternehmer Zarrab wurde Zafer Çaglayan, ein ehemaliger AKP-Minister und viele weitere Namen angeklagt, die im Zuge der Korruptionsermittlungen in der Türkei ebenfalls auf der Anklagebank saßen, aber später durch die politische Hand allesamt freigelassen wurden. Die türkische Regierung diskreditierte die Ermittlungen rasch als einen Putschversuch gegen die Regierung und einen Umsturzversuch der AKP mit Erdogan an der Spitze. Alle Richter, Staatsanwälte und Beamte wurden zunächst in entfernte Kommunen verteilt, dann suspendiert und anschließend verhaftet. Jetzt, mit den Entwicklungen in den Ermittlungen in den USA und der wahrscheinlichen Möglichkeit, dass Zarrab auspackt, werden die auch die Familien der verhafteten Polizisten in Sippenhaft genommen.

Reza Zarrab macht die türkische Regierung sichtbar nervös

Nachdem der ehemalige Minister der AKP, Zafer Caglayan auch in den Ermittlungen der New Yorker Staatsanwaltschaft auftauchte, sprach der türkische Staatspräsident Erdogan über den Fall. (Lesen Sie mehr zu diesem Thema: Korruption – Jetzt spricht Erdogan Klartext). „Wer korrupt ist, wird beseitigt. Diese Warnung gilt insbesondere für meine Minister, wir werden solche Personen aus unseren Reihen säubern.“, sagte Erdogan noch im September. Dabei wurde die Korruption innerhalb der AKP Ende 2013 stark diskutiert, doch damals wollte man noch nichts davon wissen. Erdoğan sprach in diesem Zusammenhang sogar von einem Angriff auf die gesamte Türkei. Man betitelte die Ermittlungen als einen Putschversuch der -Bewegung. Vor rund einem Jahr sprach der türkische Ministerpräsident Binali  über die Vorfälle aus 2013. „Für uns ist die Woche zwischen dem 17 und 25 Dezember 2013 der Anfang einer neuen Zählung. Seit diesem Datum haben wir den Kampf gegen die  aufgenommen“.

Das sind die in Sippenhaft genommenen Frauen von Beamten

Die Namen der sechs in Sippenhaft genommenen Frauen lauten: Nurcan Kunt, Ayşe Arıkanoğlu, Zeliha Özlem Akçıkgöz, Selda Özdemir, Rabia Ataç, Neslihan Sönmez. Weil die Ehefrau des verhafteten Terrorismus Experten und Kommissar Ömer Köse nicht zu Hause war, wurde ihr Sohn Faruk Serdar Köse in Untersuchungshaft genommen.

Folter in türkischer U-Haft Alltag

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch () hat zahlreiche neue Fälle von Folter und Entführung durch die türkische Polizei dokumentiert und Aufklärung gefordert. Es gebe immer mehr Belege, dass es in Haft zu massiven Menschenrechtsverletzungen komme, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation. Das sei mittlerweile zu einem «weit verbreiteten Problem» geworden. Personen, denen Terroraktivitäten oder eine Verbindung zum Putschversuch 2016 vorgeworfen wird, würden in Polizeigewahrsam gefoltert werden. Auch die Zahl von Entführungen sei sehr hoch. (Lesen Sie mehr zu diesem Thema)

„Polizei erpresst Geständnisse“ 

Betroffene berichteten demnach von Schlägen durch die Polizei, sexuellem Missbrauch oder Androhungen von physischer Gewalt. Manche Häftlinge seien dazu gezwungen worden, sich zu entkleiden. Meist seien Personen betroffen, denen Verbindungen zu Terrororganisationen oder zum Putschversuch vom Juli 2016 vorgeworfen werden. In vielen Fällen habe die Polizei Geständnisse erpressen wollen. Zahlreiche Opfer von Folter in türkischer Untersuchungshaft erzählen authentisch, was Ihnen widerfahren ist. In einem ARD-Monitor Beitrag sprach eine anonymisierte Frau, dass sie verprügelt wurde und mit Vergewaltigung bedroht wurde. ARD-Monitor vom 02.11.2017