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Gesellschaft

Wie aus dem fremden Alamanya die schmerzliche Heimat Doyçland wurde

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Vor 54 Jahren wurde das deutsch-türkische Anwerbeabkommen unterzeichnet. Die Gastarbeiter kamen und blieben. Was sie mit sich brachten, ist eine Bereicherung für die deutsche Kultur.

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Deutschland kann auf eine über 50-jährige Arbeitsmigrationsgeschichte zurückblicken. Begonnen hatte sie 1955 mit dem deutsch-italienischen Anwerbeabkommen und endete 1973 mit dem Anwerbestopp. Das Zuwanderungsgesetz trat in Kraft und es wurden erstmals Bedingungen für die Zuwanderung in den Arbeitsmarkt gesetzlich festgelegt. Trotz des Anwerbestopps nahm die Zuwanderung nicht ab. Den so genannten Gastarbeitern folgten ihre Familien und Deutschland wurde zum Einwanderungsland, auch wenn viele das immer noch nicht wahrhaben wollen.

Am 30.Oktober 1961 wurde das Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei unterschrieben. 54 Jahre später bilden die Türken in Deutschland mit fast drei Millionen Menschen die größte Einwanderergruppe. Mittlerweile leben drei Generationen in Deutschland. Aus ehemaligen Gastarbeitern sind Künstler, Politiker und Unternehmer geworden. Sie sind in allen Bereichen der Gesellschaft angekommen, haben sich im fremden Alamanya eingelebt. Aus Alamanya ist die geliebte Heimat Doyçland geworden.

Wie stehen die unterschiedlichen Generationen zu Deutschland?

Während die erste Generation der Türken ihre Traditionen größtenteils beibehalten hat, ist die dritte Generation umso „deutscher“. Nicht umsonst werden die Türken in Deutschland von den Einheimischen in der Türkei „Almancı“, also Deutschländer, genannt. Auffällig ist der Unterschied zwischen der ersten und dritten Generation vor allem in der Sprache. Die Großeltern sprechen meist Türkisch und wenig oder nur schlechtes Deutsch. Die Enkelkinder sprechen besser Deutsch als Türkisch, einige von ihnen sogar kaum noch korrektes Türkisch. Das gebrochene Deutsch der ersten Generation wird von Sprachwissenschaftlern unter anderem als „Gastarbeitersprache“ bezeichnet, das teilweise „auf der Straße“, also auf Arbeit oder durch den wenigen Kontakt zu Deutschen erlernt wurde.

Die erste Generation war zudem dafür bekannt, unter sich zu bleiben. Es bildeten sich immer größere türkische Gemeinschaften. Der Kontakt zwischen Deutschen und Türken war sehr begrenzt. Als Gegensatz dazu sind Freundschaften zwischen Türken und Deutschen heute etwas Normales. Immer häufiger kommt es sogar zu deutsch-türkischen Ehen. Im Jahr 2013 waren laut dem Statistischen Bundesamtes von den insgesamt 1,2 Millionen deutsch-ausländischen Ehen die meisten zwischen Deutschen und Türken. 19% aller deutschen Frauen, die mit einem ausländischen Mann verheiratet sind, haben einen türkischen Ehemann und 14% der deutschen Männer hätten demnach eine türkische Frau.

Zudem spielt die Rückreise in die Türkei für die neue Generation ebenfalls keine Rolle mehr. Für sie ist Deutschland zur Heimat geworden und sie planen ihr Leben hier zu verbringen. Nur wenige würden wieder zurück in die Türkei wollen und dies eher aus der älteren Genration. In diesem Zusammenhang spielt der Beitritt der Türkei in die EU ebenfalls für die jüngere Generation keine Rolle mehr. Für sie ist Deutschland ihre Heimat und somit die Zukunft dieses Landes von Interesse.

Was kam mit den Gastarbeitern?

Eines der wichtigsten Mitbringsel der Türken, das auch die Deutschen sehr schätzen, ist der Döner. Ohne den Döner würde in Deutschland etwas fehlen – oder? Mittlerweile gibt es über 16.000 Dönerbuden in der Bundesrepublik. Der Berliner Ortsteil Kreuzberg oder Kölner Keupstraße werden gar „Klein-Instanbul“ genannt. In den Straßen von Kreuzberg wimmelt es nur so von Gemüsehändlern und Fleischern bis hin zu Kopftuchläden und türkischen Juwelieren. Und was würden wir nur ohne türkischen Tee zu typisch türkischem Frühstück machen? Ich denke, darauf möchte niemand verzichten!

Auch gibt es über 2500 Moscheen in Deutschland, jedoch wurden nicht alle von Türken gegründet. Die bekannteste unter ihnen ist die Şehitlik-Moschee am Columbiadamm in Neukölln, die von Muslimen und Nicht-Muslimen gleichermaßen gern aufgesucht wird. Sie hat eine Geschichte, die weit länger zurückliegt als die Geschichte der türkischen Gastarbeiter.

Die Hamams haben es ebenfalls geschafft, sich in die deutsche Kultur zu etablieren. Auch die Shisha-Cafés sind aus Deutschland nicht mehr wegzudenken. Sie wurden nicht nur zu einem Treffpunkt für Türken, sondern auch für viele weitere Einwohner des Landes.

Gesetzesänderungen für Türken in Deutschland

In Bezug auf die Staatsangehörigkeit fand die deutsche Regierung einen Kompromiss für die Deutsch-Türken. Die doppelte Staatsbürgerschaft wurde eingeführt. Somit steht Deutsch-Türken unter Berücksichtigung gewisser Kriterien sowohl der deutsche als auch der türkische Pass zu.

Zudem wurden deutsch-türkische Kindergärten und Schulen gegründet, an denen sowohl Deutsch als auch Türkisch gelehrt wird.

Ein weiterer wichtiger Punkt für Deutsch-Türken mit türkischem Pass sind die Wahlen in der Türkei. Seit 2014 dürfen sie sich in den türkischen Konsulaten in Deutschland an den Wahlen in der Türkei beteiligen. Auch ist es Türken, die zu ihrem Ehepartner in Deutschland ziehen wollen, erlaubt, ohne Nachweis von Deutschkenntnissen nachzukommen.