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Politik

Wiesbaden: Initiator der Städtepartnerschaft mit Fatih muss gehen

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Sensation in Wiesbaden: CDU-Oberbürgermeister Müller muss gehen. Für die Union setzt sich die Negativserie in Großstädten fort. SPD-Wahlsieger Gerich kann sein Glück gar nicht fassen. (Foto: dpa)

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Wiesbaden: Initiator der Städtepartnerschaft mit Fatih muss gehen
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Wiesbaden – Die CDU hat erneut den Chefsessel im Rathaus einer deutschen Großstadt verloren: Bei der Oberbürgermeisterwahl in Wiesbaden setzte sich überraschend der SPD-Herausforderer Sven Gerich durch. Der 38-Jährige kam in der Stichwahl am Sonntag auf 50,8 Prozent der Stimmen. Amtsinhaber Helmut Müller (CDU) erreichte nach dem vorläufigen Endergebnis 49,2 Prozent. Der 60-Jährige hatte nach dem ersten Wahlgang noch klar vorne gelegen. Für die im Land zusammen mit der FDP regierende CDU ist dies sechs Monate vor der Landtagswahl ein herber Rückschlag. Die CDU hatte in der Landeshauptstadt 15 Jahre lang das Sagen.

Während bei der SPD im Rathaus großer Jubel herrschte, äußerten sich CDU-Politiker enttäuscht. Der nach sechs Jahren ohne große politische Fehler im Amt abgewählte Müller sagte: „Ich gebe ganz ehrlich zu, ich hätte das Ergebnis nicht erwartet.“

Hessens Ministerpräsident und CDU-Landeschef Volker Bouffier sagte, es gebe nichts drumherumzureden: „Das ist bitter für die Union.“ Man dürfe in das Ergebnis nicht zu wenig, aber auch nicht zu viel hineindeuten. SPD und Grüne sprachen von einer guten Vorlage, um die schwarz-gelbe Landesregierung bei der Landtagswahl am 22. September abzulösen. SPD-Landes- und Fraktionschef Thorsten Schäfer-Gümbel erklärte: „Eine Partei, die in der Landeshauptstadt siegen kann, kann es auch im Land. Das ist Rückenwind für die Landtagswahl.“

Gerich schien vom Sieg über den Favoriten Müller selbst überrascht. „Ich habe knapp eher in die andere Richtung getippt“, sagte er. Der gelernte Drucker und SPD-Stadtverordnetenvorsitzende kündigte an, sich von seinem Vorgänger abzusetzen. „Die Stadt ist kein Konzern, die Stadt ist ein Gemeinwesen.“ Man könne eine Stadt „nicht nur mit Kennziffern“ führen. Der Wahlsieg ändert indes nichts daran, dass Wiesbaden weiter von einer großen Koalition aus CDU und SPD regiert wird.

Vorsitzender des Wiesbadener Ausländerbeirats: „Wir hätten uns mehr für Herrn Müller engagieren müssen“

Der türkischstämmige Stadtrat und Vorsitzender des Wiesbadener Ausländerbeirats, Salih Doğan, zeigte sich dem DTJ gegenüber enttäuscht. „Als Schaffer der Partnerschaft zwischen Wiesbaden und dem Istanbuler Stadtteil Fatih hätten wir Türkischstämmigen uns mehr für Helmut Müller engagieren müssen. Ich befürchte keine Rückstufung der gewonnen Beziehungen zwischen Wiesbaden und Fatih, jedoch habe ich auch nicht mehr so hohe Erwartungen wie zuvor.“

Die Wahlbeteiligung lag nach offiziellen Angaben bei 34,1 Prozent und damit höher als im ersten Wahlgang (33,6 Prozent). Das ist ungewöhnlich für eine Kommunalwahl.

Im vergangenen Jahr hatte die CDU bereits eine Pleite bei der Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt erlebt, als sich der Außenseiter Peter Feldmann (SPD) gegen den favorisierten hessischen Innenminister Boris Rhein (CDU) durchsetzte. Auch die OB-Wahlen in Stuttgart und Karlsruhe gingen für die CDU verloren. Wiesbaden liegt mit knapp 280 000 Einwohnern auf Rang 23 der deutschen Städte. Von den größeren Städten stellt die Union nur noch in Düsseldorf, Dresden, Wuppertal und Münster den Oberbürgermeister.