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Gesellschaft

Wiesbaden und Fatih sind Partnerstädte

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Das Wiesbadener Stadtparlament beschloss am Donnerstag nach langwierigen Verhandlungen die Verschwisterung mit dem Istanbuler Stadtteil Fatih. (Foto: aa)

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Wiesbaden und Fatih sind Partnerstädte
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Dreieinhalb Jahre hatte sich Oberbürgermeister Helmut Müller (CDU) für die Städtepartnerschaft mit Fatih, dem konservativen Stadtteil der Metropole und europäischen Kulturhauptstadt Istanbul, eingesetzt. Nun erfüllte sich sein Herzenswunsch. In einer Abstimmung stimmten 50 Stadtverordnete für seinen Antrag. 18 Verordnete lehnten ihn ab, vier enthielten sich der Stimme. 

Der jahrelange Widerstand gegen die Partnerschaft mit Fatih gründete vor allem auf Einwänden der Opposition, aber auch auf Vorbehalten der eigenen Parteifreunde. Die CDU-Stadtverordnete Doris Jentsch enthielt sich der Stimme. Sie störte sich an dem Prozess gegen den Starpianisten Fazil Say, der wegen „Verletzung religiöser Gefühle“ angeklagt ist und ab Oktober in Istanbul vor Gericht steht. „Mir hat in dem Partnerschaftsvertrag ein Verweis auf die europäische Menschenrechtskonvention gefehlt“, begründete Jentsch ihre Enthaltung. Sibel Güler von den Grünen stimmte gegen den Antrag. Sie zeigte vor der Abstimmung ein Video, das einen „überaus gewalttätigen Einsatz eines Polizisten auf einen Passanten in Fatih“ dokumentiere. Der Istanbuler Stadtteil sei außerdem eine „Hochburg der Islamisten“, argumentierte Güler.

Stefan Spallek von der CDU dagegen wandte ein, dass Wiesbaden noch viel von Fatih lernen könne. Der Istanbuler Stadtteil sei ein Vorbild in Sachen Sauberkeit. Eine durch Schüleraustausche, Sportturniere oder sonstige Treffen gelebte Partnerschaft werde bald auch die Kritiker überzeugen. Salih Doğan, Vorsitzender des Ausländerrats in Wiesbaden, kritisierte die türkischstämmigen Abgeordneten, deren Ansichten in den Verhandlungen als Expertenmeinungen nicht hinterfragt worden seien. Ihre Argumente hätten Vorurteile geschürt, die die Verhandlungen „unnötig“ in die Länge gezogen hätten. Die türkische Politik dürfe bei diesem Urteil keine große Rolle spielen, vielmehr gehe es darum, die kulturelle, bildungspolitische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zu stärken. Als Beispiel führte Doğan den zunehmenden Studentenaustausch beider Universitäten an, der allerdings weiter ausgebaut werden könne.

Yaşar Bilgin, CDU-Vorstandsmitglied Hessens, bezeichnete die Partnerschaft als Chance für beide Seiten. Die Freundschaft zwischen Wiesbaden als Hauptstadt eines wichtigen deutschen Bundeslandes und Fatih als Ort, der Historie und Moderne verbinde und in dem Menschen verschiedener Kultur- und Religionskreise seit Jahrhunderten friedlich zusammenlebten, könne ein beispielhaftes Modell für die Türkei und auch für Europa darstellen. „Es ist wichtig, dass für den Frieden in einer globalen Welt ähnliche Projekte angestrebt und verwirklicht werden“, betonte Bilgin. Er lobte Oberbürgermeister Helmut Müller in den höchsten Tönen und bezeichnete ihn als „einen von uns“: „Ohne ihn wäre das Projekt nicht zustande gekommen.“ Bilgin gab sich zuversichtlich, dass die während der Verhandlungen genannten negativen Aspekte und Vorbehalte sich mit der Zeit als haltlos herausstellen werden.

Es wird erwartet, dass die beschlossene Partnerschaft im Herbst offiziell und feierlich besiegelt wird.