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Politik

Wilders fordert Absage des Erdoğan-Besuchs in den Niederlanden

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Vor dem Besuch Erdoğans in den Niederlanden belastet der Fall einer umstrittenen Pflegefamilie das Verhältnis zwischen Ankara und Den Haag. Niederländische Politiker sprechen von „unangemessener Einmischung“ der Türkei. (Foto: cihan)

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Wilders fordert Absage des Erdoğan-Besuchs in den Niederlanden
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Der rechtsextreme niederländische Politiker Geert Wilders hat die Regierung seines Landes aufgefordert, den bevorstehenden Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Erdoğan abzusagen. Wilders, Vorsitzender der ultrarechten „Partei für die Freiheit“ (PVV) und bekannt für seine extrem negative Sicht auf den Islam und die Muslime, bezeichnete Erdoğan als einen Gegner von Homosexualität, des Zionismus, des Christentums und der Kurden. Er rief den niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte dazu auf, den für nächsten Donnerstag angesetzten Besuch des türkischen Premierministers abzusagen.

Kürzlich ist ein weiterer Konflikt zwischen den Niederlanden und der Türkei entbrannt. Es geht um den Fall des Jungen „Yunus“, der als Säugling in eine niederländische Pflegefamilie, bestehend aus einem lesbischen Paar, gegeben wurde. Politiker in der Türkei erhoben daraufhin den Vorwurf gegen die Niederlande, die Werte und Befindlichkeiten türkischer Familien nicht zu respektieren.

Der mittlerweile 9-jährige „Yunus“ war als Baby in fremde Obsorge gegeben worden. Die Mutter räumte ein, das Kind wäre aus einer schlecht befestigten Tragetasche gestürzt. Sie beteuert jedoch, dass dies ohne Absicht geschehen wäre. In weiterer Folge hätte man ihr die Obsorge entzogen. Die niederländischen Behörden standen hingegen auf dem Standpunkt, das Kind wäre in Gefahr gewesen.

Nurgül Azeroğlu, die biologische Mutter des Kindes, wandte sich Anfang des Monats in einem Fernsehinterview an Ministerpräsident Erdoğan um Hilfe. Der stellvertretende niederländische Ministerpräsident Lodewijk Asscher (r.) sagte am Freitag, der Fall „Yunus“ sei eine interne niederländische Angelegenheit und dass jegliche politische Einmischung der Türkei „unangebracht“ sei.

Asscher: „Yunus“ wird Thema beim Treffen der beiden Ministerpräsidenten sein

„Ich finde es anmaßend von einer fremden Macht, wer auch immer es ist, einen solchen Standpunkt auf Grund der Ansichten oder Religion der Adoptiveltern zu vertreten“, sagte Asscher zu Journalisten. „Die Auswahl (der Adoptiveltern) findet nicht auf Grund von Rasse oder Religion statt. Das passt nicht zu den Niederlanden und nicht zu unseren Werten.“

Er fügte hinzu, die Ministerpräsidenten beider Länder würden die Angelegenheit während des eintägigen Besuchs des türkischen Politikers diskutieren. Niederländischen Medienberichten zufolge ist die lesbische Familie während des medialen Schlagabtauschs zwischen beiden Ländern untergetaucht, als berichtet wurde, dass die biologischen Eltern des Jungen es ablehnen, dass ihr Kind von einem lesbischen Paar aufgenommen würde.

Ein niederländischer Parlamentsabgeordneter brachte die Reaktion Ankaras in Verbindung zu den EU-Beitrittsverhandlungen des Landes und am Sonntag zitierten ihn einige türkische Medien mit den Worten: „ Einige Länder wollen den Beitrittsprozess der Türkei (zur EU) ‚aus dem Gefrierfach‘ holen, aber für uns ist es (um die Beitrittsverhandlungen) nun nur noch kälter geworden.“

Auch in Deutschland hatte der Fall eines türkischen Pflegekindes vor kurzem für Aufsehen gesorgt und während des Türkeibesuchs von Innenminister Friedrich hatte der türkische Vizeregierungschef Bekir Bozdağ die Situation türkischer Pflegekinder in Europa beklagt.

Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der auch alle EU-Mitgliedsstaaten beigetreten waren, soll das Privat- und Familienleben vor dem Zugriff des Staates schützen. Entsprechend ist es auch die Pflicht von Jugendämtern, im Fall des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für einen temporären Entzug des elterlichen Sorgerechts dafür zu sorgen, dass das betroffene Kind, sobald die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen oder sich die Lage geändert hat, wieder in die Obhut der leiblichen Eltern zurückkehren kann. Insofern haben sie jedenfalls dafür Sorge zu tragen, dass die Unterbringung in einer Pflegefamilie nicht die Gefahr einer bewussten Entfremdung von den leiblichen Eltern nach sich zieht.