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Gesellschaft

„Wir lehnen ‚Integration‘ ab!“

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Mit der Verewigung in einem niedersächsischen Oberstufengeschichtsbuch hat der Verein „Typisch Deutsch e.V.“ den bislang größten PR-Erfolg seiner Geschichte gelandet. Mitgründerin Sezen Tatlıcı sprach mit dem DTJ über ihre Beweggründe.

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„Wir lehnen ‚Integration‘ ab!“
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Am 4. Dezember 2010 wurde nicht zuletzt als Reaktion auf die Sarrazin-Debatte der Verein „Typisch Deutsch e.V.“ ins Leben gerufen.

In ihrer Selbstdarstellung definieren sich die Aktivisten des Vereins als „bunte Gemeinschaft von Menschen, die multikulturell, multiethnisch und multireligiös sind, Alt- und Neudeutsche zusammenbringen und dabei den Begriff ‚Integration‘ völlig ablehnen.“

Das, was gemeinhin als „typisch deutsch“ bezeichnet wird, bedürfe nach Auffassung der Mitwirkenden einer neuen Definition. „Typisch deutsch“ zu sein bedeute, die Pluralität in Bezug auf Sprache, Religion, Ethnie und Kultur dass Deutschland von der gekennzeichnet und gerade diese Vielfalt an diesem Land schätzenswert sei.

„Wir respektieren alle in Deutschland lebenden Menschen, so wie sie sind. Wir sind eine bunte Einheit, ganz gleich wie verschieden wir sind. Diese Einheit in der Vielfalt möchten wir in die gesamte Gesellschaft übertragen. Dabei handeln wir ganz nach den Prinzipien unseres ‚Typisch deutschen Grundgesetzes‘. Tagtäglich leben und erleben wir die Dynamiken unserer Gesellschaft und dies hat uns auch motiviert, diesen Verein zu gründen“, so stellen sich die Vereinsprotagonisten der Öffentlichkeit vor.

Vor einigen Tagen konnten sich die multikulturellen Akteure über ihren möglicherweise bislang größten Coup in der Öffentlichkeit freuen.

Vereinsmitglieder wussten schon länger, was geplant war

Das im Schöningh-Verlag erschienene Geschichtsbuch mit dem Untertitel „Wurzeln unserer Identität“ kommt mit einem Hitler- und Wehrmachtsbild auf der Titelseite noch reichlich konventionell daher. Schlägt man das Buch, in dem es um das Kernmodul des Schulfaches mit dem Titel „Die Frage der deutschen Identität“ geht, jedoch auf, sticht dem Betrachter unmittelbar auf der ersten Inhaltsseite das Gruppenbild der in jedweder Hinsicht bunten Truppe des „Typisch Deutsch e.V.“ ins Auge.

So ganz überraschend kam dieser PR-Coup für die „neu-deutschen“ Aktivisten nicht: Der Schulbuch-Verlag Schöningh hatte bereits vor einigen Monaten bei Typisch Deutsch e.V. angefragt und später auch den Text zur Autorisierung vorgelegt.

Für Mitgründerin Sezen Tatlıcı dennoch ein unvergesslicher Moment. Die Antwort auf die Frage „Was war Dein erster Gedanke, als Du das Buch in der Hand hieltest?“ lässt daher nicht lange auf sich warten: „Gänsehaut pur!“

Dabei geht es der 29-jährigen Assistentin der Geschäftsleitung im Bertelsmannkonzern und früheren Assistentin Otto Schilys weniger um ihren persönlichen Erfolg. Das wahre Erfolgserlebnis liege in dem Signal, das der Verein und seine Mitglieder mit Blick auf das Selbstverständnis der heutigen Gesellschaft – einer bunten Gesellschaft – aussende: „Damals“, erinnert sich Tatlıcı, „gab es in den Schulbüchern keine Menschen mit türkischen Namen oder dunklen Haaren“. Und das sei nicht ganz unerheblich, denn „was du in der Schule lernst, das prägt dich auch“!

„Das Lächeln, das das Eis bricht“

Die Mitglieder des Vereins erfüllt das Erfolgserlebnis mit unbändigem Stolz. Zwei wichtige Ziele hatten sie sich einst nach der offiziellen Gründung gesetzt:

1. Positive Impulse an die Gesellschaft weitergeben;
2. „Typisch Deutsch e.V.“ – personenunabhängig – als Marke etablieren.

Beides sei ihnen in dieser kurzen Zeit gelungen, doch warte noch viel Arbeit auf sie, richtet Tatlıcı ihren Blick wieder nach vorn. Man könne, gemäß der zweiten Grundregel des „Typisch Deutschen Grundgesetzes“ – „Unser Handeln ist gemeinnützig und durch Liebe motiviert“ -, nie genug positive Zeichen setzen.

Ein Großteil der Mitglieder von Typisch Deutsch e.V., etwa 55-60%, seien im Übrigen „Alt-Deutsche“, also Eingeborene, deren Familien auch bereits in Deutschland verwurzelt sind.

Wie sie auf den Namen „Typisch Deutsch“ gekommen sind, wollen wir wissen. „Das Video auf unserer Homepage ist dafür verantwortlich“, schildert Sezen Tatlıcı. „Mein Name ist XY und ich bin typisch deutsch…“ In dem Moment sei der Name für sie klar und der Rest nur noch Formsache gewesen.

Wichtig sei allerdings, dass man sich im Klaren darüber sein müsse, dass es den „typischen Deutschen“ nicht gebe: „Wir spielen mit den Vorurteilen. Wir sind jetzt auch deutsch – Neu-Deutsch eben!“

Vieles in ihrem Leben habe sich seit der Vereinsgründung verändert. Wenn sie zu einer Veranstaltung eingeladen sei und sich mit den Worten „Ich bin Sezen Tatlıcı von Typisch Deutsch e.V.“ vorstelle, überkomme jeden im Raum ein Lächeln, erzählt sie begeistert. Das Lächeln sei auch ihr erster positiver Impuls, den sie ihren Gesprächspartnern gebe. „Dieses Lächeln bricht das Eis. Uns geht es um die Gesellschaft, wir wollen sie mit allen gemeinsam gestalten.“

Die 29-jährige weiß auch, in welchem Bereich es die größten Defizite gibt. In die Bildung müsse investiert werden; „nicht ziellos, sondern mit bestimmten Zielen vor Augen“, fügt sie schnell hinzu. Die individuelle Förderung jedes einzelnen Kindes mit dem Ziel, Talente und Begabungen zu entfalten, dürfe nicht außerhalb des Lehrplanes stehen. Auch dafür wollen sich die „typisch Deutschen“ weiterhin einsetzen. Denn Bildung, sagt Tatlıcı mit einem Lächeln im Gesicht, sei in der Tat „typisch deutsch“ und der Schlüssel zu „unserer bunten Gesellschaft“.