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Kultur/Religion

„Wir sind das erste Berufskolleg in Deutschland, das islamkonformes Essen herstellt“

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In einem Münsteraner Berufskolleg lernen Schüler, wie man eine Mahlzeit nach islamischen Richtlinien zubereitet. „IslamiQ“ sprach mit dem dortigen Bäcker- und Konditormeister.

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«Halal-Siegel» sind am 24.06.2014 in Berlin auf Käseprodukten in einem Kühlregal eines türkischen Supermarktes zu sehen.
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Thomas Stürznickel arbeitet seit 15 Jahren an dem Adolph Kolping Berufskolleg in Münster als Bäcker- und Konditormeister.

Stürznickel, der sich selbst als „praktizierender Christ“ bezeichnet, bietet unter dem Motto: „Kochen und Backen ist gar nicht so schwer“ angehenden SchülerInnen, die kein Arbeitsverhältnis haben und orientierungslos sind, einen Kurs an. Das Besondere dabei: Alle Produkte werden dabei gemäß den Halal-Richtlinien hergestellt.

„Wir sind das erste Berufskolleg in Deutschland, das islamkonformes Essen herstellt“, sagt der erfahrene Meister in einem Interview mit dem Onlinemagazin IslamiQ.

IslamiQ: Inwiefern bringen Sie ihren Schülern islamkonformes Backen und Kochen bei? Wie können wir uns das in der Praxis vorstellen?

Stürznickel: Das kann ich am besten anhand der Ergebnisse eines Versuchs, der zunächst einmalig bleiben sollte, darstellen. In den Backkursen damals nahmen 2-3 Muslime teil. Die restlichen Teilnehmer waren christliche und atheistische Jugendliche. Auch in diesem Kurs war die Maßgabe alles was sie dort herstellten, halal zu produzieren. Das hieß in der Praxis, alles umzustellen und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie überhaupt halal produziert wird.

Da hatte sich innerhalb kürzester Zeit eine Dynamik in der Klasse entwickelt, sodass ich es irgendwann nicht mal mehr erwähnen musste. Die Teilnehmer haben von sich aus darauf geachtet. Ich habe gemerkt, dass die christlichen Schüler das sehr interessant fanden und dabei auch festgestellt haben, dass der Anspruch hinsichtlich der Qualität an Lebensmitteln im islamischen Glauben viel stärker ausgeprägt ist, als im christlichen Glauben und das haben die Schüler gerne übernommen.

Natürlich gab es auch skurrile Situationen, zum Beispiel als wir mit Pinseln das Backwerk abgestrichen haben, und plötzlich eine hitzige Diskussion darüber geführt wurde, dass die Pinsel aus Schweineborsten hergestellt wurden. Danach sind wir auf Kunststoffpinsel umgestiegen. Die muslimischen Schüler sagten zu mir, dass nicht mal Muslime auf solche Feinheiten achten würden.

IslamiQ: Ist das Essen, das nach Halal-Richtlinien hergestellt wird, automatisch qualitativ hochwertiger?

Stürznickel: Ich glaube Ja! Das Thema Fleisch lasse ich erst mal außen vor, denn der Unterschied liegt ja vor allem im Schächten. Ansonsten haben wir in unserer Schule ein ganz intensives Nachhaltigkeitskonzept: wir versuchen ganzheitlich zu unterrichten. Ich bin selbst Mitglied bei Euro Tok, einer Organisation von Köchen für die bestimmte Zutaten und Mischungen in Speisen nicht in Frage kommen. Dazu gehören beispielsweise alle Produkte, die ein unglaublich langes E-Nummern Verzeichnis haben. Und wenn man das überprüft, erkennt man, dass ganz viele E-Nummern für die Produktion im Halal-Bereich vollkommen ungeeignet sind. Deshalb sind Helal-Produkte auch gleichzeitig qualitativ hochwertiger. Da ich also schon seit vielen Jahren auf die Reinheit der Produkte achte, war der Wechsel zur Halal-Produktion für mich ein passendes Konzept.

IslamiQ: Wie ist die allgemeine Resonanz auf ihre Achtsamkeit, hinsichtlich der Halal-Produktion?

Stürznickel: Also als wir anfangs festlegten, dass wir bewusst Halal produzieren wollen, haben viele Schüler Angst bekommen. Sie stellten jedoch schnell fest, dass Muslime uns, hinsichtlich der Anforderungen an Gemüse und Anbaubedingungen etc. voraus sind. Insgesamt hat das auch die Klassengemeinschaft gestärkt. Denn der gegenseitige Respekt, der sich in unserem Lehrplan widerspiegelt, wirkt sich auch auf alltägliche Situationen aus. Wenn ich einen muslimischen Schüler sehe, begrüße ich ihn mit „Selamunaleykum“ und er antwortet mir ganz verdutzt „Aleykumselam“. Es war für ihn ungewohnt, dabei fand ich es eigentlich selbstverständlich.

Das gesamte Interview lesen Sie hier.