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Politik

Wird die Türkei ihre Haltung gegenüber dem Iran ändern?

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Der türkische Nahostexperte Gökhan Bacik beleuchtet das Verhältnis der Türkei zum Iran. Er kommt zu dem Schluss, es gäbe durchaus gute Gründe für bessere Beziehungen zu diesem Nachbarn. (Foto: aa)

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Wird die Türkei ihre Haltung gegenüber dem Iran ändern?
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Von Gökhan Bacik

In den vergangenen zehn Jahren spielte die Türkei eine entscheidende Rolle für den Iran. Kurz gesagt positionierte sich die Türkei als Vermittler zwischen dem Iran und der internationalen Gemeinschaft, durch die alle heiklen Fragen, einschließlich jener des iranischen Atomprogramms gelöst werden könnten.

Die Rolle des Vermittlers zwischen dem Iran und jedem anderen Staat oder Gruppe von Staaten ist seit jeher eine gewinnbringende und angesehene Aufgabe gewesen und passt auf diese Weise in die politische Agenda der Türkei. Noch nie hat eine Aufgabe die immer bedeutender werdende globale Position der Türkei so stark hervorgehoben wie diese.

Die Spannungen zwischen der Türkei und Israel haben einen bleibenden Eindruck beim Iran hinterlassen und sich positiv auf die Beziehung zwischen den beiden Ländern ausgewirkt. Genau wie bei anderen Themen folgt die Zusammenarbeit in Geheimdienstfragen einem international überall identischen Mechanismus. Selbstverständlich teilen nur befreundete Staaten Informationen miteinander. Die Krise mit Israel mündete in die Unterbrechung der geheimdienstlichen Zusammenarbeit zwischen Ankara und Tel Aviv.

Da die Türkei es versäumt hatte, geheimdienstliche Technologien für ihren Kampf gegen die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) zu erwerben, war sie auf alternative „Geheimdienstmärkte“, etwa jenen im Iran, angewiesen. Allmählich gewann die türkisch-iranische Zusammenarbeit eine unerwartete Dimension, nämlich in Form einer Kooperation in Geheimdienstangelegenheiten. Vor kurzem betonte Ministerpräsident Erdoğan erneut, dass die Türkei einen intensiven Austausch nachrichtendienstlicher Erkenntnisse mit dem Iran betreibt. Die Zusammenarbeit der Geheimdienste sei nicht vergleichbar mit der Zusammenarbeit in anderen Bereichen wie etwa der Landwirtschaft. Vielmehr bringe dieser nachrichtendienstliche Austausch die Fähigkeit mit sich, die Position und Identität eines Staates im globalen System zu bestimmen. Aus diesem Grund hob die Geheimdienstkooperation die türkisch-iranische „Allianz“ auf ein höheres Niveau. Die Allianz, die eine Konsequenz bestimmter pragmatischer und wirtschaftlicher Anliegen war, ist jetzt ein essenzielles Bündnis, das auch Schlüsselthemen wie Sicherheit beinhaltet.

Iran als enger Partner der Türkei – warum eigentlich nicht?

Bei nüchterner Überlegung hat Ankara nicht ganz Unrecht: Die bisherigen Verbündeten, die Informationen an die Türkei übermittelten, die USA eingeschlossen, stellten sie nicht zufrieden. Kürzlich beklagte sich der türkische Generalstabschef, er habe im Laufe seiner Amtszeit nicht eine stichhaltige Information aus den USA erhalten. Aufgrund der Erfahrung aus den vergangenen 30 Jahren sei es sehr wahrscheinlich, dass die Türkei weiterhin ein schwacher Staat in Sachen geheimdienstlicher Erkenntnisse bleiben werde. Dies wäre enorm problematisch für die Bestimmung der künftigen außenpolitischen Entscheidungen der Türkei. Würden die USA beispielsweise damit beginnen, der Türkei MQ-1 Predator-Drohnen zur Verfügung zu stellen, würde das mehr als 10 Milliarden Dollar aus dem Handel mit Russland oder einem anderen Land entsprechen.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Türkei dringend eine ernsthafte Modernisierung seiner Luftwaffen braucht, einschließlich ihrer Angriffs-und Verteidigungsfähigkeit. Die Türkei verfügt über nicht mehr als 10 Hubschrauber für den Kampf gegen die PKK! Viele türkische Jets haben sehr schwache Radarsysteme. Kurz gesagt: Die Türkei wird ihre Allianz-Tradition in den kommenden Jahren entsprechend des eigenen Verteidigungsbedarfs erhalten oder „aktualisieren“.

Inzwischen glaubt Ankara, dass US-Präsident Barack Obama bei regionalen Angelegenheiten lediglich den Status quo aufrechterhalten wolle. Bisher schreckte Obama vor einer wirklich aggressiven Haltung gegen den Iran zurück. Dadurch bleibt ein Angriff auf den Iran vorerst unwahrscheinlich. Anders ausgedrückt: Ankara ist zuversichtlich, dass das komplizierte Verhältnis zwischen dem Iran und der internationalen Gemeinschaft bestehen bleibt. Es wird nicht erwartet, dass Obama in dieser Situation Druck auf die Türkei ausüben wird.

Wohlverhalten des Iran entscheidend

Angesichts all dieser Faktoren ist es unwahrscheinlich, dass die Türkei ihre Position gegenüber dem Iran ändern wird. Syrien ist natürlich ein wichtiges Thema, aber Ankara ist nicht gewillt, seine guten Beziehungen mit Teheran wegen Syrien zu beenden. Die Türkei verfolgt eine sorgfältig gestaltete Moral in der Außenpolitik. Dementsprechend macht die Türkei ihre Beziehungen zu Drittstaaten wie Iran und Russland nicht abhängig von der Lage in Syrien. Folglich exportiert Ankara weiterhin Gold in den Iran, während gleichzeitig die iranische Unterstützung an die syrische Regierung von der Türkei kritisiert wird.

Um es auf den Punkt zu bringen: Wenn Ankara sich keinem selbst initiierten Paradigmenwechsel unterziehen sollte, gibt es keinen wirklichen Grund, eine Änderung seiner Politik gegenüber dem Iran zu erwarten. Ironischerweise ist es der Iran selbst, der die Fähigkeit hätte, den Standpunkt der Türkei in dieser Angelegenheit zu ändern. Jeder größere Fehler der iranischen Seite, insbesondere einer, der sich auf das PKK-Problem bezieht, könnte die Türkei in eine feindliche Position zwingen. Der Iran kennt die Region jedoch so gut, dass ein solches Ereignis voraussichtlich nur zu einem „versehentlichen Fehler“ umformuliert werden würde.