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Wirtschaft

Nach der Wahl: Klar ist nur, dass nichts klar ist

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Der Ausgang der Bundestagswahl hinterlässt auch bei Unternehmern Fragen: Wird jetzt endlich die dogmatische Energiewende reformiert? Ist mit Traumtänzereien wie der Finanztransaktionssteuer Schluss? Bleibt der Soli? Und wer regiert mit? (Foto: dpa)

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am 23.09.2013 im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin auf einer Pressekonferenz nach der Bundestagswahl.
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Von Unsicherheit ist die deutsche Wirtschaft nicht erst geprägt, seitdem die Bundestagswahl Tag für Tag näher rückte, sondern auch nach der Wahl herrscht allgemeine Verunsicherung. Eines beruhigt: Merkel bleibt. Doch von ihrem künftigen Koalitionspartner hängt ab, welche Wirtschaftszweige letztlich profitieren und welche verlieren werden.

Der Wahlkampf hat in vielen Unternehmen für Unsicherheit gesorgt und deswegen lastet jetzt nach der Wahl ein immenser Handlungsdruck auf den künftigen Regierungsparteien. Union, FDP, SPD, Grüne und Linke haben sich vor der Wahl genau überlegt, wem sie Steuergeschenke machen und wem sie Vermögen abnehmen wollen. Die Wahl ist nun vorbei, das Ergebnis ist aber immer noch für viele aus der Wirtschaft verunsichernd bis enttäuschend.

Das Positive aus Sicht der meisten Unternehmer ist die Kontinuität: Merkel bleibt Bundeskanzlerin und überzeugte mit einem überwältigenden Ergebnis. Alleine regieren kann sie jedoch nicht. Es ist noch ungeklärt, mit wem Merkel weiterregieren wird. Die Wahl des Wunschpartners FDP ist nun jedoch leider nicht mehr möglich. Der Bundeskanzlerin bleibt nur noch zwei Alternativen: Ein schwarz-grünes Experiment, für das die CSU beständig erklärt, nicht zur Verfügung zu stehen, oder die Große Koalition von CDU/CSU und SPD, die von einer überwältigenden Mehrheit der Bürger bereits vor der Wahl gewünscht wurde.

Der Teufel liegt im Detail

Eigentlich konnte sich der Mittelstand bei der Bundestagswahl am 22. September beruhigt zurücklehnen, denn alle Parteien von ganz links bis rechts, von groß bis klein versicherten ihm gebetsmühlenartig ihre ganz besondere Zuneigung.

Auch die Wahlprogramme der großen Parteien unterscheiden sich auf den ersten Blick in wirtschaftsbezogenen Fragen wenig. Vor allem die Förderung des Mittelstands scheint allen ein Hauptanliegen zu sein. Das bestätigte Wirtschaftsexperte und DIHK-Referatsleiter Dr. Marc Evers. Er warnt aber davor, die scheinbar kleinen Schattierungen in den Programmen zu überlesen, denn im Detail steckt bekanntlich der Unterschied. Aufgrund dessen regiert statt großer Erleichterung bei den deutschen Unternehmen die Unsicherheit.

Die Wirtschaft braucht jedoch nichts mehr als Sicherheit und Stabilität, deshalb fordert der deutsche Industrieverband BDI eine schnellstmögliche Regierungsbildung. BDI-Präsident Grillo sagte am Montag: „Nun erwarten wir von einer neuen Bundesregierung, dass sie sich mit frischer Tatkraft und großer Motivation zügig an die Arbeit macht.“

Nach dem parteipolitischen Kampf um die Macht soll es nun endlich wieder vorwärts gehen. Grillo forderte: „Drei Kernthemen müssen umgehend angepackt werden: eine Reform der Energiewende, der Anschub einer Investitionsoffensive sowie die Vertiefung der Währungsunion.“

Merkel muss sich gegenüber dem Koalitionspartner durchsetzen

Ohne eine Schonfrist zu gewähren, fordern Unternehmer in Deutschland von der neuen Regierungskoalition ein sofortiges Umsteuern in der Energiewende. Der ungebremste Ausbau der erneuerbaren Energien koste Verbraucher und Unternehmen Milliarden, für einige große industrielle Stromverbraucher sei das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) längst existenzgefährdend, erklärten mehrere Führungskräfte von Dax-Konzernen. Die Energiewende muss dringend reformiert werden, stimmt auch der Präsident der deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) Eric Schweitzer zu. So sagte er: „Für fast zwei Drittel der Unternehmen gehört die bezahlbare und sichere Energieversorgung ganz oben auf die To-do-Liste der neuen Regierung.“

Eckpfeiler des Wirtschaftsprogramms der CDU ist, dass sie nicht an der Steuerschraube drehen möchte und die kalte Progression abbauen möchte. Eine Vermögenssteuer lehnt die Union ab, möchte aber eine weltweite Finanztransaktionssteuer einführen. Aussagen zur Solidaritätszuschlag gibt es im Wahlprogramm nicht. Bundeskanzlerin Merkel hat jedoch bereits angekündigt, den Soli beibehalten und bundesweit für Infrastrukturprojekte verwenden zu wollen.

Das Wirtschaftsprogramm der CDU/CSU ist mit Sicherheit den deutschen Wirtschaftbossen gegenüber am freundlichsten gesinnt. Vor allem bei den Steuerplänen der Oppositionsparteien sehen viele Unternehmer dagegen Gefahren für den Mittelstand. Damit vereint die CDU/CSU mit der FDP, die es dieses Mal nicht mehr in den Bundestag geschafft hat, die größten Sympathiewerte bei Industriellen und Unternehmer. Deswegen hängt aber auch für die deutsche Wirtschaft viel davon ab, wie viel die CDU von ihrem Programm mit einem neuen Partner, der deutlich linker eingestellter sein wird als die FDP, umsetzen kann.

Obwohl nur drei Sitze zur absoluten Mehrheit fehlen, dürften sowohl Grüne als auch SPD selbstbewusst in die Verhandlungen gehen. Ohne sie stünde Merkel ohne Mehrheit da. Für die Wirtschaft steht im Poker um die Macht in Deutschland dagegen viel auf dem Spiel. Keiner der Player von SPD und den Grünen möchte sich im Merkels Windschatten einreihen.