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Sport

WM 2022: Wintersportler gehen auf die Barrikaden

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Die an Katar vergebene Fußball-WM 2022 sorgt weiter für Unmut. Erst gab es Klagen über unwürdige Arbeitsbedingungen beim Bau der WM-Stadien, nun laufen Wintersportverbände Sturm gegen eine mögliche Verlegung in die Wintermonate. (Foto: cihan)

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cihan
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Die Wintersportler gehen auf die Barrikaden und rüsten sich zum gemeinsamen Kampf gegen die FIFA. Im Streit um die Verlegung der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in die Monate Januar bis März fordert der Ski-Weltverband FIS eine gemeinsame Resolution aller sieben olympischen Wintersportorganisationen. Im Duell David gegen Goliath wissen die Verbände das Internationale Olympische Komitee (IOC) hinter sich, welches die „Einzigartigkeit Olympischer Spiele“ schützen will.

„Ich bin überzeugt, dass sich alle olympischen Wintersportverbände der Resolution anschließen. Für meinen Verband kann ich das zu 100 Prozent garantieren“, sagte Josef Fendt, der Präsident des Internationalen Rodelverbandes FIL. Auch Biathlon-Chef Anders Besseberg unterstützt den Vorstoß von FIS-Präsident Gian Franco Kasper. Dieter Kolb, der Präsident des Deutschen Curling-Verbandes, sieht in einer Verlegung einen „Affront“. Sein Bob- und Schlittenkollege Andreas Trauvetter findet: „Das wäre absolut tödlich.“

Chaos mit Übertragungs- und Werbezeiten erwartet

„Die zwei größten Sportereignisse zeitnah voneinander auszutragen, wäre eine Wahnsinnstat. Damit würde sich auch die FIFA keinen Gefallen tun. Für den Wintersport wäre es schlimm“, meinte Fendt. Auch der designierte DOSB-Präsident Alfons Hörmann befürwortet die Resolution. „Eine Verschiebung der Fußball-WM in die Wintermonate und damit in den Zeitraum von ‎Olympischen Spielen würde zwangsläufig zu erheblichen Problemen und Interessenskonflikten ‎führen“, sagte der Chef des Deutschen Skiverbandes der „Welt“ (Dienstag) und fügte an: „Sowohl was die Übertragungszeiten in Fernsehen und Internet betrifft als auch in Bezug ‎auf das Zuschauer- und Sponsoreninteresse.“

Der Fußball-Weltverband FIFA reagierte gelassen. „Für uns hat sich nichts geändert. Es gibt ein Konsultierungsverfahren, wir sprechen mit den verschiedensten Parteien. Vor der WM 2014 wird es keine Entscheidung geben“, sagte eine FIFA-Sprecherin am Montag.

Die FIFA will bis Ende 2014/Anfang 2015 ein Konsultationsverfahren für den idealen Zeitpunkt der WM 2022 durchführen. Aufgrund der hohen Temperaturen im Sommer in Katar spricht sich der Großteil der Experten für eine Verlegung des Turniers in die kältere Jahreszeit aus.

Die Spitzen der sieben Wintersportweltverbände beraten noch bis Mittwoch bei einem turnusmäßigen Treffen in Lausanne auch über den von der FIS eingebrachten Vorschlag. FIS-Generalsekretärin Sarah Lewis berichtete am Montag, dass man ein gemeinsames Vorgehen von Biathlon, Bob/Skeleton, Rodeln, Curling, Eishockey, Eislauf und Ski ausloten will. Voraussichtlich während der Olympischen Winterspiele in Sotschi soll die Resolution in Umlauf gebracht und der Druck auf die FIFA erhöht werden.

FIS-Kasper gegen autotheistische Anwandlungen der FIFA

Auch im IOC beobachtet man die Entwicklung um die Fußball-WM 2022 mit Sorge. Bei einem Gipfeltreffen von hochrangigen Sportfunktionären unter Führung des neuen IOC-Präsidenten Thomas Bach teilte die Ringe-Organisation ohne explizit das brisante Thema Winter-WM in Katar zu nennen mit, dass das „olympische Programm in keiner Weise negativ beeinträchtigt werden sollte“. FIFA-Präsident Blatter war pikanterweise Teilnehmer der Sitzung.

Bisher hatte vor allem FIS-Präsident Kasper immer wieder vor der Verlegung der Fußball-WM in die Wintermonate zu Beginn des Jahres 2022 und damit in die Zeit der Olympischen Winterspiele gewarnt, dabei aber auch die Allmacht der FIFA kritisiert. Widerstand kündigte der Schweizer für den Fall an, „wenn es in den Januar reingeht oder die WM sogar zeitgleich mit den Olympischen Winterspielen im Februar ausgetragen wird.“

Sein Schweizer Landsmann Blatter werde sicher „keine Rücksicht nehmen auf so Kleinigkeiten wie Olympische Winterspiele oder Winter überhaupt“, sagte Kasper im Oktober. Die FIFA mit ihrem Präsidenten entscheide das für sich. „Sie sind die Götter der Welt, zumindest glauben sie das.“

Das wollen sich die Wintersportler nicht gefallen lassen. Biathlon-Chef Besseberg befürchtet, dass der Wintersport dann nicht mehr richtig in Szene gesetzt werden kann. Schon jetzt würde es zwischen den Wintersportverbänden Gerangel um die besten Fernseh-Startzeiten geben, gab er zu bedenken.

Andreas Trautvetter, Präsident des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (BSD), wünschte der FIS bei ihrem Vorstoß viel Erfolg. „Die Wintersportarten leben von ihren Marketingeinnahmen. Fußball ist und bleibt eine Sommersportart“, betonte der Thüringer. „Bei dem, was man im Moment von Katar hört, müsste eigentlich die gesamte Fußball-WM anderweitig vergeben werden“, meinte Curler Kolb.

WM mit 40 Teams „macht mehr Menschen glücklich“

Unterdessen geht der hinter den Kulissen bereits schwelende Machtkampf um die künftige Führungsrolle bei der FIFA weiter und bringt immer neue Ideen für WM-Reformen hervor. UEFA-Präsident Michel Platini schlug nun vor, das Teilnehmerfeld beim Turnier 2018 in Russland von 32 auf 40 Teams zu erhöhen. „Der Fußball verändert sich. Wir haben 209 Mitgliedsverbände, warum sollten wir also reduzieren? Macht mehr Menschen glücklich“, sagte der Franzose der englischen Zeitung „The Times“.

Platinis Vorstoß ist eine Replik auf die erneute Forderung von FIFA-Chef Joseph Blatter, die europäische Teilnehmerzahl zugunsten von Teams aus Afrika und Asien zu verringern. Dies wird als deutliche Werbebotschaft gedeutet, um von diesen Konföderationen Rückhalt für eine mögliche Kampfabstimmung um den FIFA-Chefposten 2015 zu bekommen. Platini konterte nun mit einem Gegenvorschlag.

„Ich stimme mit Herrn Blatter überein, dass wir mehr afrikanische und asiatische Länder brauchen. Aber anstatt den Europäern welche wegzunehmen, könnten wir auf 40 Teams erhöhen“, sagte er. Bislang stellt Europa 13 WM-Starter und Afrika 5. Asien hat 4 Plätze sicher und kann durch einen Playoff-Erfolg auf 5 WM-Teilnehmer kommen. Bislang haben sich Blatter und Platini noch nicht öffentlich zu einer Kandidatur um den FIFA-Chefposten bekannt. (dpa)