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Politik

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie die Partei Ihres Vertrauens

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Nachdem die CDU/CSU jüngst ihr Wahlprogramm veröffentlicht hat, ist zumindest in der Gesundheitspolitik eine klare Trennlinie zwischen beiden Volksparteien erkennbar. Der Wähler bestimmt auf diese Weise selbst seine Therapie. (Foto: dpa)

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„Geben sie dem Arbeiter das Recht auf Arbeit, solange er gesund ist, sichern Sie ihm die Pflege, wenn er krank ist, sichern sie ihm die Versorgung, wenn er alt ist.“ Seit 1883, als der ehemalige Reichskanzler Bismarck den Grundstein unseres heutigen Gesundheitssystems legte, hat seine Botschaft bis dato nichts an ihrer Aussagekraft verloren. Seit dieser Zeit war das Gesundheitswesen immer wieder Gegenstand politischer Kontroversen.

Die beiden Volksparteien wollen auf ihre Weise das in den letzten Jahren oft angeschlagene Gesundheitssystem finanzierbar halten. Auf dem 116. Ärztetag Ende Mai sprach sich der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, für die totgeglaubte Kopfpauschale aus, welche die CDU/CSU im Wahlkampf 2005 vorgeschlagen hatte. Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Prof. Dr. Karl Lauterbach, welcher für die Bürgerversicherung plädiert, äußerte, dass die „Fronten im Wahlkampf“ somit geklärt seien. Aber was versteckt sich hinter den jeweiligen Modellen der Kopfpauschale und der Bürgerversicherung?

Zurzeit existiert in Deutschland das duale Krankenkassensystem. Zum einen gibt es die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und zum anderen die private Krankenversicherung (PKV). Die GKV beruht auf dem Umlageprinzip, wohingegen die PKV nach dem Prinzip der Kapitaldeckung funktioniert. In der gesetzlichen Krankenversicherung sind derzeit 87% der Bevölkerung in Deutschland versichert.

Privat versichert sind meistens Beamte, Selbstständige und Gutverdienende, die nicht in der Pflicht stehen, sich gesetzlich versichern zu müssen. Abgesehen von den Beamten ist es für junge gesunde gutverdienende Bürger attraktiv, sich privat versichern zu lassen, da für sie zunächst die Beiträge im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung niedriger sind. Doch für einige privat Versicherte steigen die Beiträge ins Unermessliche, wenn sie älter und kränker werden. Der Weg in die gesetzliche Krankenversicherung ist dann kaum noch möglich. Das ist vom Gesetzgeber so gewollt, da die privat Versicherten zuvor jahrelang keine Beiträge zur GKV geleistet haben.

SPD: „Prinzip der kapitalgedeckten Prämien nicht schützenswert“

Aus sozialdemokratischer Sicht wird die GKV als „Solidarität der Schwachen“ bezeichnet, weil die Bürger mit hohem Einkommen sich der gesetzlichen Krankenversicherung entziehen können. Deswegen plädieren sie für eine Bürgerversicherung. Bei der Bürgerversicherung sollen alle Versicherten einzahlen, wobei sich die Beiträge am Einkommen orientieren sollen. Die Sozialdemokraten wollen mit diesem Versicherungssystem einheitliche und solidarische Rahmenbedingungen schaffen.

Im Falle einer Einführung der Bürgerversicherung könnten die derzeitigen Privatversicherten innerhalb von einem Jahr wählen, ob sie privat versichert bleiben wollen. Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD äußerte, dass „in einer Bürgerversicherung […] die private Krankenversicherung auch Gewinne erzielen könnte. Die Unternehmen der PKV würden also in einer Bürgerversicherung überleben, nicht aber das Prinzip kapitalgedeckter risikoabhängiger Prämien ohne Solidarität, weil dieses auch nicht schützenswert ist.“ Des Weiteren würde bei der Einführung der Bürgerversicherung das angesparte Kapital privater Krankenversicherungen nicht angetastet werden.

Die CDU/CSU schreibt in ihrem jüngst vorgestellten Regierungsprogramm nichts Explizites über die Kopfpauschale. Sie halten in ihrem Punkt zur Gesundheitspolitik fest, dass jeder Bürger in Deutschland „Zugang zu einer guten medizinischen Versorgung [haben soll], unabhängig von seinem Einkommen, Alter oder gesundheitlichen Zustand.“ Die CDU/CSU grenzt sich in ihrem Regierungsprogramm klar von der Bürgerversicherung ab. Denn eine „staatliche Einheitsversicherung für alle“ lehne sie strikt ab.

Mehr Bürokratie durch Kopfpauschale?

Allgemein sieht die Kopfpauschale vor, dass jeder gesetzlich Versicherte eine einkommensunabhängige Pauschale zahlen soll. Diese zu zahlende Prämie hätte zur Folge, dass Geringverdiener überproportional belastet würden. Der Sozialausgleich soll aus Steuermitteln finanziert werden. Dabei muss berücksichtigt werden, dass dies zu mehr bürokratischem Aufwand und zu Mehrkosten führen kann. Befürworter der Kopfpauschale wollen den Arbeitgeberanteil auf 7% einfrieren. Dies würde einerseits die Lohnnebenkosten aufseiten der Arbeitgeber senken und andererseits die Arbeitnehmer einseitig belasten.

Eine Krankheit kann uns alle treffen. Die Gesundheit ist ein hohes Gut, das bewahrt und gefördert werden muss. Vor allem sollte sie für alle verfügbar sein. Von einem Arbeitnehmer denselben Betrag für die Krankenversicherung zu verlangen wie von jemandem, der doppelt so viel verdient, ist weder fair noch solidarisch.