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Politik

Zwei Jahre Arabischer Frühling, aber in Syrien ist noch Winter

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Vieles hat sich in den Ländern, die eine Revolution erlebt hatten, verändert. Der Übergang zu tragfähigen rechtsstaatlichen, demokratischen und marktwirtschaftlichen Strukturen ist noch nicht überall im wünschenswerten Maße gelungen. (Foto: dpa)

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Zwei Jahre Arabischer Frühling, aber in Syrien ist noch Winter
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Von Cumali Önal, Kairo

ANALYSE Niemand hätte erwartet, dass mit der Aktion des tunesischen Straßenhändlers Mohammed Buazizi, der sich am 17.Dezember 2010 selbst verbrannte, um gegen die Korruption zu protestierten, ein gigantischer Revolutionsprozess ausgelöst werden würde.

Das Revolutionsfeuer, welches in der Kleinstadt Sidi Buzid gezündet wurde, hat in kurzer Zeit die majestätisch inszenierten und unerschütterlich wirkenden Diktatoren von Tunesien und Ägypten vom Thron gestoßen. Danach war Libyens 42-jähriger Führer Gaddafi an der Reihe. Im Jemen hat Ali Abdullah Salih nach umfangreichen Protestkundgebungen am Ende seinen Rücktritt akzeptiert. Somit hat diese Änderung ohne Blut stattgefunden.

Auch im Falle des Assad-Regimes in Syrien – im fünften Land, in dem man versucht, seinen Diktator zu entfernen und die Tage zählt, wann es endlich so weit sein würde – wird sich der Wechsel nicht mehr lange aufhalten lassen. Während der arabische Frühling sich nun zum zweiten Male jährt und als erstes Land Ägypten seine neue Verfassung einer Volksabstimmung unterzieht, hoffen alle Länder, dass am Ende des revolutionären Umgestaltungsprozesses starke demokratische und wirtschaftlich tragfähige Strukturen stehen werden.

Bislang bieten die Länder, die Schauplätze revolutionärer Erhebungen geworden waren, ein uneinheitliches Bild.


Tunesien: Das erste Land, das im letzten Jahr die parlamentarische Demokratie geschaffen, das Parlament gewählt, eine gewählte Regierung installiert und seinen Präsidenten ernannt hat, wird von großen Debatten bewegt, insbesondere aufgrund der Änderungen im Verfassungsrecht. Als Verursacher der großen Auseinandersetzungen zwischen der regierenden Ennahda und ihren Gegnern gelten zunächst einmal Themen wie die Rolle des Islam im sozialen Leben oder Rechte und Unabhängigkeit der Frau. Die größten Schwierigkeiten des Landes sind die zunehmenden Aktionen der Salafisten, die Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche Stagnation und die politische Polarisierung.

Ägypten: Die Demokratisierung des führenden Landes in der arabischen Welt wird im Nahen Osten sowie in der ganzen Welt aufmerksam verfolgt. Es wird ein lang andauernder Machtkampf zwischen der Opposition und der unter dem Einfluss der Muslimbruderschaft stehenden, herrschenden Regierung erwartet, an dem auch der Ausgang des Verfassungsreferendums nicht viel ändern dürfte. Nach der Beendigung des vom Präsidenten Mohammed Mursi am Wochenende in die zweite Runde gehenden Referendums werden sich die Blicke auf seine nächsten Schritte mit Blick auf die Parlamentswahlen richten. Die politische Polarisierung, die Wirtschaftskrise, die Arbeitslosigkeit, das Sicherheitsproblem, die zunehmenden Aktionen der Salafisten, die Schwäche der Opposition, die zunehmende Stärke der Muslimbruderschaft und ähnliche Probleme wie in Tunesien werden als die größten politischen Minenfelder des Landes betrachtet.

Libyen: Nach dem Zusammenbruch des Gaddafi-Regimes versuchte Libyen in der Armee, in der Wirtschaft sowie in jedem anderen Bereich von Null an einen neuen Staat zu begründen und ist somit im Vergleich zu Tunesien und Ägypten vielfach im Vorteil. Libyen ist nicht so bevölkerungsstark wie Ägypten, besitzt enorme Bodenschätze, touristisches Potenzial und Ackerland, weswegen man sich insgeheim bereits als das Dubai Nordafrikas betrachtet. Dass es dort jedoch noch keine flächendeckend funktionierende Polizei und kein voll funktionsfähiges Militär gibt, fast die ganze Bevölkerung bewaffnet ist und dass immer noch das Konzept des Tribalismus vor den nationalen Interessen steht, sind die größten Probleme, welche Libyen zunächst einmal lösen muss.

Jemen: Der Staatschef Ali Abdullah Salih hat dieses Jahr das Land verlassen. Auf diese Weise endete auch im Jemen eine Ein-Mann-Diktatur. Jedoch suchen auf der einen Seite die Auseinandersetzung zwischen der Regierung und Al-Qaida, auf der anderen Seite die Trennung zwischen dem Norden und dem Süden, der wieder in vorrevolutionäre Zustände zurückgefallen ist, das Land heim. Als das ärmste Land der arabischen Welt erwarten den Jemen viele ernsthafte Gefahren wie zum Beispiel die Probleme einer Bevölkerung von mehr als 25 Millionen, die Ausschöpfung der Bodenschätze, die zunehmenden Aktionen der Terrororganisationen, die intensiven Beziehungen der so genannten Zeydi Husi mit Iran, welche als eine tickende Zeitbombe betrachtet wird oder die Annäherung Saudi-Arabiens an einige jemenitischen Gruppen, mit der Absicht, ein Gegengewicht zum Iran zu schaffen.