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Gesellschaft

Wie Attila Hildmann zu „Avocadolf“ wurde

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Vom vegangen Koch zum rechtsextremen Hetzer: Kaum jemand polarisiert in den sozialen Medien so sehr wie Attila Hildmann. Seit Monaten wird er per Haftbefehl gesucht. Nun legen neue Erkenntnisse einen Justizskandal offen. Wusste Hildmann vorab von seinem Haftbefehl?

„Wir müssen leider von einem Maulwurf in den eigenen Reihen ausgehen“, sagte ein Sprecher der Berliner Generalstaatsanwaltschaft am Montag – und bestätigte damit Medienberichte, denen zufolge eine Mitarbeiterin der Behörde Informationen für den Verschwörungstheoretiker Attila Hildmann beschaffte. Sie soll in der IT-Abteilung gearbeitet haben.

Hildmann, der sich in der Querdenker-Szene und unter Rechtsextremisten bewegt, ist flüchtig. Er wird seit Monaten per Haftbefehl gesucht – von der Berliner Generalstaatsanwaltschaft. Dass der prominente Verschwörungstheoretiker überhaupt flüchten konnte, bevor er festgenommen wurde, erscheint nun in einem neuen Licht.

Bekam Hildmann einen Tipp aus der Behörde?

Wusste er von dem Haftbefehl, bevor er vollstreckt wurde? Gab ihm die ehemalige Mitarbeiterin der Staatsanwaltschaft einen Tipp? Die Behörde gibt sich bedeckt, räumt aber ein, dass die Frau interne Informationen zu einem Haftbefehl weitergegeben habe und wegen des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses sowie der versuchten Strafvereitelung bereits im Juli 2021 gekündigt worden sei.

DTJ-Online fragte bereits im vergangenen Mai: Wer warnte Hildmann? Informationen des ARD-Politikmagazins „Kontraste“ und des Rechercheformats „STRG_F“ zufolge sei auch die Wohnung der Berlinerin durchsucht und Datenträger sichergestellt worden sein. Hinzu kommt: Die 32-Jährige habe Hildmann Anfang des Jahres in der Türkei besucht.

„Avocadolf“, „Gemüse-Goebbels“ und „Hirse-Hitler“

Der 40-Jährige erlangte in den vergangenen Jahren als Star der veganen Gastronomie eine gewisse Berühmtheit. Zwei Restaurants, mehrere Beststeller-Kochbücher und Auftritte in Talkshows machten ihn einem größeren Publikum bekannt. Seit 2020 polarisierte der Deutsch-Türke mit immer radikaleren Aussagen gegen politische Gegner:innen, die Bundesregierung und alle, die nicht seiner Meinung sind.
In sozialen Medien wurde er aufgrund seiner rechtsextremistischen und antisemitischen Aussagen im von Kritiker als „Avocadolf“ (Kofferwort aus Avocado und Adolf), „Gemüse-Goebbels“ oder „Hirse-Hitler“ verspottet. Im Frühjahr 2020 machte er mithilfe tausender Anhänger:innen Stimmung gegen die Corona-Schutzmaßnahmen der Bundesregierung und beteiligte sich teils sogar als Organisator an Demonstrationen der Querdenkerszene.
Der studierte Physiker spielt gern den Rebell und posiert in provokanten Posten. Via Messenger, wie Telegram, verbreitete er seine Hassbotschaften. Wegen des Verdachts auf Volksverhetzung, der öffentlichen Auffroderung zu Straftaten sowie wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte laufen nun diverse Ermittlungsverfahren gegen ihn.

Wo ist Attila Hildmann?

Hildmann, der neben der deutschen auch die türkische Staatsbürgerschaft besitzt, soll sich seit Ende 2020 in der Türkei verstecken (DTJ-Online berichtete). In der Nähe des Mittelmeerortes Kayaköy in der Südwesttürkei soll er eine Villa gemietet haben und sich noch immer dort aufhalten. Sicher ist das aber nicht.

Der selbsternannte „Verschwörungsprediger“ wählte sein Exil klug. Denn solange er sich in der Türkei befindet, kann gegen ihn kein Haftbefehl vollstreckt werden. Das Land liefert türkische Staatsangehörige nicht aus. Er dürfte sich also relativ sicher fühlen, was seine Videos, in denen er die deutschen Behörden verspottet, beweisen.

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