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Die türkische Zwickmühle in Syrien

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Ein Militärkonvoi in Flammen, Assad auf dem Vormarsch und eine direkte Konfrontation mit Russland: In Syrien steht die Türkei vor einer schier aussichtslosen Situation.

Schwarze Flammen steigen von brennenden Militärfahrzeugen auf, der Asphalt glüht, die Kamera wackelt. Ein dreiminütiges Video, das in der Nähe der syrischen Stadt Idlib aufgenommen worden sein soll, zeigt einen zerstörten Militärkonvoi der Türkei. Ein Kampfflugzeug der Assad-treuen Streitkräfte Syriens soll die Kolonne angegriffen haben.

Sollte das Video echt sein, ist es für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan die schwerste militärische Niederlage seiner Amtszeit. Ohne besondere Sicherheitsvorkehrungen schickte er mehrere Dutzend Mehmetcik samt Hightech-Waffen, Wagen und Panzern ins Verderben. Der Konvoi war auf dem Weg ins syrische Dorf Morek in der Provinz Idlib, wo die Türkei einen Stützpunkt unterhält.

Rebellenhochburg Idlib

Die Region gilt als Rebellenhochburg. In den vergangenen Jahren haben sich besonders in der gleichnamigen Großstadt viele Binnenflüchtlinge niedergelassen. Russland, Assad und die Türkei hatten für die Provinz Idlib eine inoffizielle Waffenruhe vereinbart, die zwar immer wieder gebrochen, aber nie völlig über Bord geworfen wurde. Das ist nun vorbei.

Assad greift seit Beginn der Woche mit Unterstützung Putins die Rebellen aus der Luft und am Boden an. In der Region ist die Situation nach den Angriffen desolat. Hunderttausende Menschen befinden sich dem „Spiegel“ zufolge auf der Flucht. Die Türkei hat aus Sorge vor einem neuerlichen Flüchtlingsstrom die Grenzen geschlossen.

Die Türken, die in Syrien traditionell und seit Beginn der Revolte die Opposition unterstützten, gerieten aber offensichtlich selbst ins Visier der Truppen Assads. Dass nun in einem Bürgerkriegsland Truppen eines NATO-Mitgliedsstaates russischen Militärs gegenüberstehen, ist nichts für schwache Nerven. Zumal der türkische Präsident in der Vergangenheit bewiesen hat, im Ernstfall nicht zurückzustecken.

Idlib nicht einziges Problem

Sein Vorstoß folgt einer Art neo-osmanischen Logik, mit der Erdoğan versucht, seine Einflusssphäre zu erweitern. Der syrische Machthaber ist einer seiner Erzfeinde. Im Kampf gegen ihn rüstete Ankara deswegen radikale sunnitische Islamisten mit Waffen aus – wie in Idlib. Dass der türkische Präsident vor Waffengewalt generell nicht zurückschreckt, beweisen auch türkische Aktivitäten in einem anderen Teil Syriens.

Denn direkt an der türkisch-syrischen Grenze kontrollieren die Kurden der mit der Terrororganisation PKK verbündeten PYD ein großes Gebiet namens „Rojava“. Dieser Quasistaat sorgt seit mehr als fünf Jahren für relative Stabilität in Syrien und wird weiterhin von den USA protegiert. Für Ankara bleibt „Rojava“ dennoch ein Albtraum. Gut möglich, dass sich Erdoğan über die europäisch-amerikanische Forderung einer Schutzzone in den nordsyrischen Kurdengebieten hinwegsetzt und eine Offensive veranlasst.

In Syrien deutet nun vieles auf eine Eskalation hin. Es bleibt abzuwarten, wie sich Putin und seine Streitkräfte verhalten. Eine in die falsche Richtung abgefeuerte Rakete könnte die finale Katastrophe entfachen. Bald schon könnten wieder schwarze Wolken aufsteigen.