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Geschichte

Gibt es bald ein Denkmal für türkische Gastarbeiter?

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Zur Würdigung der Menschen, die ab den 50er Jahren als damals so bezeichnete Gastarbeiter nach Deutschland kamen, hat die Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik, Michelle Müntefering, ein Denkmal gefordert. Die SPD-Politikerin hob die Leistungen dieser Arbeitsmigranten für das Wirtschaftswachstum und den steigenden Wohlstand der damals noch jungen Bundesrepublik hervor. Ohne jene Menschen, die etwa aus Griechenland, Italien, Spanien oder der Türkei nach Deutschland einwanderten, „ohne sie wäre das nicht möglich gewesen“, so Müntefering am Donnerstagabend. Sie nutzte für ihr Statement ihre Rede während des Kongresses „KulturInvest“ in Essen.

„Eine Demokratie braucht Gesetze, aber sie braucht auch eine Erzählung. Zu unserer Demokratiegeschichte gehört auch die der ehemaligen Gastarbeiter“, sagte sie weiter. Und: „Ihre Geschichte ist längst die unseres Landes geworden“. Denn von 1955, als das erste Anwerbeabkommen mit Italien geschlossen wurde, bis zum Anwerbestopp 1973 kamen Millionen Menschen nach Deutschland. Sie wanderten ein, um hier zu leben, zu arbeiten und das Wirtschaftswunder anzutreiben. Ein Großteil der Familien, vor allem der türkischen, lebt inzwischen schon in der dritten oder vierten Generation hier. „Um die Leistung dieser Menschen, ihrer Kinder und Kindeskinder, zu würdigen, wäre es eine gute Geste, wenn wir ihnen, die längst Teil unseres Landes geworden sind, in unserer Mitte ein Denkmal errichten“, forderte die Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik, die zudem Vorsitzende der Parlamentariergruppe Deutschland-Türkei im Deutschen Bundestag ist und seit 2015 auch Vizepräsidentin der Deutsch-Türkischen Gesellschaft e. V. Berlin.

Nach 18 Jahren: Gastarbeiter-Denkmal in Frankfurt/Main steht immer noch nicht

Dass Münteferings Forderung schon lange überfällig ist, möchte man angesichts der über 60-jährigen Geschichte der Gastarbeiter in Deutschland meinen. Aber die erste öffentliche Person, die ein Denkmal fordert, ist sie nicht. Schon 2001, also vor knapp zwei Jahrzehnten, gab es erste Überlegungen in dieser Richtung. Zumindest in der Bankenmetropole am Main. Dort wollte man in unmittelbarer Nähe zum Frankfurter Hauptbahnhof ein Denkmal errichten. Schließlich sind die meisten Gastarbeiter damals nicht komfortabel mit dem Flugzeug oder dem Auto, sondern per Zug angereist. Der Hauptbahnhof war neben jenem in München deswegen für viele das Tor nach Deutschland. Doch wenig erinnert heute an die symbolträchtige Funktion des Verkehrsknotenpunktes. Das wollte und konnte Guiseppe Bruno nicht auf sich sitzen lassen.

Guiseppe Bruno: Sizilianer, Gastarbeiter, Frankfurter

Bruno wanderte selbst 1964 aus den verarmten Süden Italiens nach Deutschland ein. Ihn verschlug es nach Frankfurt, das er zusammen mit tausenden anderen Gastarbeitern nach dem Krieg wieder aufbaute.

Er brachte erstmals die Idee eines Denkmals ein. Die Stadtverwaltung nahm sie auf und am Ende eines Ideenwettbewerbs wählte man bereits 2004 drei Entwürfe aus. Jahre später ist jedoch noch immer keines der Entwürfe für ein Gastarbeiterdenkmal realisiert.

Uneinigkeit zwischen Deutsche Bahn und der Stadt Frankfurt

Da die Deutsche Bahn Eigentümerin des Frankfurter Hauptbahnhofs und des Bahnhofvorplatzes ist, muss sie in die Planungen miteinbezogen werden. Dadurch wurde das Vorhaben nicht unbedingt beschleunigt. Denn mal meldete die Deutsche Bahn bedenken gegen die Entwürfe an, mal kamen die Planungen aufgrund der mangelnden Unterstützung durch die Politik nicht voran. Als dann Umbauten am Bahnhof anstanden, rückte die Errichtung in noch weitere Ferne. Letztes Jahr kam dann die Ankündigung, dass immerhin ein provisorisches Denkmal errichtet werden solle. Dieser solle so lange stehen, bis der Platzumbau und der Bau des eigentlichen Denkmals abgeschlossen seien.

Doch die gute Nachricht kam für Guiseppe Bruno, dem sizilianischen Einwanderer, zu spät. Das ewige Hin und Her sorgte dafür, dass Bruno, der sich so leidenschaftlich für ein Denkmal einsetzte, die Einweihung nicht mehr miterleben wird. Er ist bereits 2014 gestorben.

dtj/dpa