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Politik

„In der Türkei existiert seit Jahrhunderten eine Kultur der Plünderei, mit der nie abgerechnet wurde“

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Die Medienlandschaft in der Türkei hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Zahlreiche Medien wurden auf Regierungslinie gebracht, andere geschlossen oder verboten. Das hat auch Auswirkungen auf die Journalisten des Landes. Nur noch wenige trauen sich, regierungskritisch zu berichten.

Cevheri Güven war einst Chefredakteur der türkischen Zeitschrift Nokta. Nach dem Putschversuch in der Türkei am 15. Juli 2016 wurde die Zeitschrift gemeinsam mit vielen anderen Medien per Dekret geschlossen. Danach musste Güven aus der Türkei fliehen.

Doch auch schon vor dem Putschversuch hatte der Journalist kein leichtes Leben. Bereits Ende 2015 wurde Güven gemeinsam mit seinem Nachrichtenchef Murat Çapan und Can Dündar im Gefängnis von Silivri. Als Grund wurde die Titelseite der Nokta-Ausgabe vom 2- 8. November 2015 genannt. Die Anschuldigung: „Versuchte Anstiftung zum Bürgerkrieg“. Insgesamt war Güven 58 Tage in Silivri in Isolationshaft.

Um nach dem Putschversuch nicht wieder inhaftiert zu werden, verließ er das Land. Sein Kollege Çapan hingegen wurde beim Versuch, aus dem Land zu fliehen, festgenommen und nun zu 22,5 Jahren Haft verurteilt.

Wir haben mit Güven über sein neues Leben in Deutschland, Exil-Journalismus, seine veränderte Sicht auf die Türkei, die Gülen-Bewegung und die türkische Opposition gesprochen.

Erst Griechenland, jetzt Deutschland: Mit Aufenthalten in diesen Ländern haben Sie sich unter die europäischen Türken gemischt. Was hat Ihnen Europa bisher gebracht? Was hat es Ihnen genommen? Fassen Sie diese Frage gerne philosophisch auf…

Ich bin jetzt frei und das ist das wichtigste in meinem Leben. Obwohl ich meinen Beruf wieder von vorne beginnen musste, kann ich ihn zumindest wieder frei ausüben. Es macht einen großen Unterschied, ob man als Tourist in ein Land kommt oder dort sesshaft wird, dort lebt. Sowohl in Griechenland als auch in Deutschland habe ich folgende Erfahrung gemacht: Es gibt massenhaft Vorurteile.

Das Leben in Europa war für mich keine freiwillige, sondern eine notwendige Folge. Wenn man als Flüchtling hierher kommen muss, hat man einfach alles zurückgelassen. Freunde, Verwandte, Karriere. Das wirtschaftliche Überleben hat plötzlich höchste Priorität. Insbesondere wegen der großen Arbeitslosigkeit in Griechenland ist es als Flüchtling sehr schwer, finanziell zu überleben. Ich war einer der wenigen Glücklichen, die den Journalismus in Griechenland fortsetzen konnten. Es gab viele Journalisten, die in der letzten Zeit nach Europa gekommen sind, aber nur wenige konnten ihren Beruf weiterhin ausüben. In Deutschland sieht das nicht anders aus.

Wie kann man sich Ihre Arbeit als geflüchteter türkischer Journalist in Deutschland vorstellen?

In Deutschland unterliegen geflüchtete Journalisten wie andere Flüchtlinge auch Auflagen, so dass sie ihrer Arbeit nicht mehr mit vollem Elan nachgehen können. Dazu zählen zum Beispiel örtliche Aufenthaltsverpflichtungen. In der Gemeinschaft aber können Journalisten neue Projekte verwirklichen. Die Verantwortung, die zerstörte Pressefreiheit in der Türkei wiederherzustellen, lastet auf den Schultern der Journalisten in der Diaspora.

Effektiver Journalismus rund um die Türkei ist in Europa dabei durchaus möglich. Zwar sind die Mittel beschränkt, jedoch erzielen wir bei Bold Erfolge via YouTube oder die sozialen Medien.

Während Ihres Aufenthalts in Griechenland waren Sie weiter journalistisch tätig, indem Sie Artikel für verschiedene Online-Nachrichtenportale verfasst haben. Dann haben Sie in Deutschland, wie Sie grad schon erwähnt haben, „Bold“ gegründet. Mal allgemein gefragt: Welche Unterschiede gibt es zwischen dem Journalismus in der Türkei, in Griechenland und in Deutschland?

Auch wenn ich bei einigen Projekten mit europäischen Journalisten zusammenarbeite, betreibe ich immer noch Journalismus mit dem Schwerpunkt Türkei. Insoweit kann man nicht wirklich behaupten, dass ich in den europäischen Journalismus eingestiegen wäre. Aber soweit ich es bisher beobachten konnte, existiert hier eine gesunde Distanz zwischen Staat, Kapital und Journalismus. Natürlich gibt es auch hier Probleme, aber ich vergleiche die Situation schließlich mit der Türkei. Mit der fortschreitenden Etablierung des Erdoğan-Regimes wurde der unabhängige Journalismus in der Türkei vollkommen abgeschafft. Aber auch vorher gab es in der türkischen Medienlandschaft bereits enorme Probleme. Um ihre lukrativen Geschäfte und großen Investitionen vor der Regierung zu schützen und weiterhin den Zuschlag bei gewinnbringenden staatlichen Ausschreibungen zu erhalten, entschieden sich Geschäftsleute dazu, Medienchefs zu werden. Deshalb pendeln die Journalisten ständig zwischen dem Druck aus der Chefetage und dem Druck der Regierung hin und her.

Ein weiteres Problem in der Türkei ist, dass viele Menschen dem Staat huldigen. Auch unter Journalisten ist diese Einstellung weit verbreitet. Nationalismus und Staats-Fanatismus betrachten die meisten Journalisten als eine besondere Tugend. Auch politische Ideologien spielen eine große Rolle im türkischen Journalismus. Aus diesem Grunde ist ein umfassender Journalismus für die gesamte Gesellschaft nicht möglich. Jeder ist der Journalist seines eigenen Viertels, bedient also ein bestimmtes Klientel.

Wie und warum haben Sie hier das Nachrichtenportal Bold gegründet? Welche Ziele verfolgen Sie mit Bold?

Wir haben Bold mit einer Gruppe von Exil-Journalisten gegründet. Es besteht derzeit aus einer Webseite und einem Youtube-Kanal. Wirtschaftlich stehen wir noch nicht auf stabilen Beinen und sind zum Teil immer noch ehrenamtlich organisiert. Doch heute bietet Bold zumindest wieder eine Plattform, durch die zahlreiche Exil-Journalisten ihren Beruf wieder ausüben können.

Unser Fokus in der Berichterstattung liegt auf den unzähligen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei. Als Bold-Redaktion haben wir viele Fälle von Folter und auch die Existenz ganzer Folterzentren aufgedeckt. Daneben haben wir zahlreiche illegale Haftanstalten, illegale Entführungen von Regierungskritikern sowie weitere schwere Menschenrechtsverletzungen und Rechtsverstöße in Haftanstalten dokumentiert.

Die Restaurierung der türkischen Demokratie, dessen Zustand diese repressive Regierung zu verantworten hat, wird viele Jahre kosten. In diesem Zusammenhang stehen wir der Tatsache gegenüber, dass ein Diaspora-Journalismus entsteht. Exil-Journalisten haben keine andere Wahl, als sich mit eigenen Medien zu verselbstständigen, wenn sie ihren Beruf weiter ausüben wollen. Bold ist genau aus dieser Notwendigkeit heraus entstanden. Erfreulich ist: Seitdem sich mehr Kolleginnen und Kollegen bei Bold beteiligen, ist unsere Bandbreite behandelter Themen nochmal größer geworden.

In der türkischen Gesellschaft gibt es einen antidemokratischen und anti-liberalistischen Reflex, Menschen oder Institutionen in Schubladen zu stecken und sie zu stigmatisieren. Das gilt sogar für vermeintliche Intellektuelle, Journalisten oder Akademiker aus der türkischen Community, von denen man eigentlich erwarten dürfte, frei von Stigmata und Vorurteilen denken und wirken zu können. Als Bold-Team haben Sie im vergangenen Jahr auch die Erfahrung mit diesem ideologisierten und antidemokratischen Milieu machen dürfen. In einem Fernsehbeitrag im deutschen Staatsfernsehen hatte der erfahrene und renommierte Diaspora-Journalist Osman Okkan den Anschein erweckt, als sei Bold die neue Zaman-Zeitung. Dadurch hat Okkan Sie und Bold etikettiert. Ist Bold das neue Zaman-Pendant der Gülen-Bewegung?

Diese Definition gehört allein Osman Akkan. Wir selbst definieren Bold anders. In einer Demokratie ist es wichtig, die Selbstdefinition von Menschen zu respektieren. Nur zwei der aktuell für uns tätigen Journalisten haben eine Zaman-Vergangenheit. Das sind zwei sehr gute Journalisten. Bold hat sich heute als ein sehr innovatives Medium etabliert. Übrigens auch in den sozialen Medien.

Ich beobachte, dass das Türkei-Bild der ehemaligen Exil-Journalisten aus den 80er-Jahren in dieser Zeit festgefahren und eingefroren ist. Die politischen Themen, die über die Türkei verfasst werden, lesen sie ganz aus der Perspektive der 80er. Das Abstempeln von Personen oder Gruppierungen ist wiederum eine Gewohnheit der damaligen Zeit. Die heutigen Exil-Journalisten hingegen sind durch das Internet viel mehr mit der Türkei vernetzt und werden es durch die Technologie auch weiterhin bleiben. Insofern glaube ich, dass die neuen Exil-Journalisten aus der Türkei in Europa für ein besseres und authentisches Verständnis der Türkei und ihren innen- sowie außenpolitischen Verwicklungen sorgen werden.

Auf Bold werden aber durchaus sehr häufig Themen behandelt, die auch die Belange der Gülen-Bewegung betreffen.

Bold setzt einen klaren Schwerpunkt auf Menschenrechtsverletzungen in der Türkei. Gegenwärtig leiden in der Türkei insbesondere Angehörige der Gülen-Bewegung darunter. Es handelt sich um Benachteiligungen bei der Suche nach Arbeit oder Angelegenheiten der Sozialversicherung, um spurlos verschwundene Menschen, Folter. Eine Art sozialer Tod. In den letzten vier Jahren wurde gegen 500.000 tatsächliche oder vermeintliche Gülenisten ermittelt und mehr als 100.000 mussten ins Gefängnis. In diesem Lichte ist es nur natürlich, dass zahlreiche Artikel auf Bold auch die Gülen-Bewegung tangieren.

Ein weiterer Aspekt ist, dass die Bewegung von der Regierung offiziell als „feindliche Gruppe“ definiert wurde. Aus diesem Grund stellt jegliche Berichterstattung in der Türkei über diese Gruppierung eine Straftat dar. Aufgrund dieser Dämonisierung und Angstmacherei schreibt niemand mehr über diese Themen. Weil wir in der Diaspora sind und frei schreiben können, setzen sich zahlreiche Mitglieder der Gülen-Bewegung mit uns in Verbindung und berichten von ihren Erlebnissen. Außerdem kenne ich kein anderes Medium, mit dem sie sich überhaupt in Verbindung setzen könnten.

Warum werden Gülenisten trotz belastbarer Menschenrechtsverstöße gegen sie durch andere Medien und Institutionen derart ignoriert? Namhafte und international anerkannte Menschenrechtsorganisationen eingeschlossen.

Dafür gibt es zwei Gründe. Zunächst wurden die Gülenisten durch den türkischen Staat dämonisiert. Das Hauptthema in allen Erdoğan-Medien sind die Gülenisten. Es gibt jeden Tag Dutzende negative Nachrichten über diese Menschen. Erdoğans permanente Botschaft lautet: Gülenisten und ihre Anhänger müssen als Feinde betrachtet werden. Sich mit Gülenisten zu zeigen oder sie nur annähernd in einem positiven Licht darzustellen, birgt deshalb ein großes Risiko.

In der Türkei gibt es Repräsentanzen internationaler Organisationen, die sich mit Menschenrechten befassen. Diese Vertretungen stehen ebenfalls unter großem Druck. Taner Kılıç, Präsident der Amnesty International in der Türkei, wurde 2017 mit dem Vorwurf, ein Gülenist zu sein, festgenommen. Das war eine große Einschüchterung für Menschenrechtsaktivisten wie ihn. Jeder in der Türkei wurde dadurch bei Themen rund um die Gülen-Bewegung zur Zensur gezwungen. So kamen die Angelegenheiten der Gülenisten auch nicht mehr in den Berichten dieser Organisationen vor.

Zweitens handelt es sich bei den Gülenisten um eine religiöse Gruppierung. Der Blick in Europa auf den Islam ist derzeit sehr negativ. Das ist ein Langzeitphänomen. Deshalb wecken hier Repressionen und Verstöße gegen die Rechte muslimischer Gruppen kein besonderes Interesse. Dabei sind die Gülenisten für den Westen die letzten übrig gebliebenen Gesprächspartner aus der islamischen Welt, die im Einklang mit westlichen Werten stehen und die Bildung als ihr primäres Ziel betrachten.

Wie konnte sich eine religiöse Bewegung, die sich per Selbstdefinition für den Weltfrieden einsetzt, zu einem derartigen Hassobjekt in der Türkei entwickeln?

Das ist kein türkisches Phänomen. Die Gülen-Bewegung ist in der Türkei eine Minderheit. Allerdings handelt es sich bei ihr um eine Minderheit, deren Angehörige zu 99 Prozent studiert haben. Im Kontrast dazu hat gerade einmal die Hälfte der türkischen Gesamtbevölkerung einen Grundschulabschluss. Im Laufe der Zeit und je mehr Ü30-Anhänger die Bewegung mittlerweile hatte, wurde sie wegen ihrer akademischen Abschlüsse in der Gesellschaft immer bedeutender, sie mischten sich allmählich unter die Elite. Mit ihren Abschlüssen stiegen sie sowohl im Staatswesen als auch im privaten Sektor auf und bekleideten Positionen mit Verantwortung. In einer Bevölkerung mit einer so niedrigen Bildungsquote eigentlich nicht verwunderlich. Ihr Aufstieg hat in anderen Milieu Verunsicherung und Anspannung hervorgerufen.

Das Erdoğan-Regime hat diese Situation genutzt und die Anspannung sehr einfach in Hass umgewandelt. Mit seinen permanenten Hassbotschaften gegen diese Menschen und der aggressiven Isolationspolitik hat er die frei werdenden Posten den Gruppierungen zugänglich gemacht, mit denen er einen Schulterschluss vereinbart hat. Um es zu veranschaulichen: Der Wert der Universitäten, Schulen und Krankenhäuser von Gülen-nahen Stiftungen belief sich auf etwa 35 Milliarden Dollar. Diese Beute wurde nach der Zwangsübernahme durch den türkischen Staat umverteilt. In der Türkei existiert seit Jahrhunderten eine Kultur der Plünderei, mit der nie abgerechnet wurde. Auch hinter der historischen Vertreibung von Armeniern und türkischen Griechen steckte dieselbe Kultur, ihr Hab und Gut zu plündern. Heute werden die Gülenisten geplündert. Der Hass ihnen gegenüber ist eigentlich nur die Fassade dieser Plünderei.

Welches Bild zeichnet die aktuelle Entwicklung in Bezug auf den Weg der Türkei? Sollte man sich endlich von dem gängigen Klischee „Das ist das Ende von Erdoğan“ verabschieden?

Erdoğan hat mit seinen jüngsten Maßnahmen wie der Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee oder dem neuen Gesetz zur Zwangskontrolle sozialer Medien, die er nun per Erlass sogar ganz schließen kann, gezeigt, dass er eine unumstößliche Regierung plant. Sämtliche Wahlen werden so konzipiert, dass er sie nicht verlieren kann und das wird auch in Zukunft so bleiben. So etwas wie ein normales Abwählen von Erdoğan wird es nicht geben. Ich sehe keinen anderen Ausweg als eine gesellschaftliche Explosion.

Die türkische Opposition erweckt nicht den besten Eindruck, schon seit Jahren nicht. Können Sie sie noch ernst nehmen?

Die de facto-Zerschlagung der türkischen Opposition bzw. ihre Neustrukturierung war ein unausweichlicher Schritt bei der langfristigen Etablierung dieser Repressions-Regierung. Wir haben gesehen, wie potentielle Leader aus dem Weg geräumt wurden. Zum Beispiel ist Selahattin Demirtaş immer noch im Gefängnis.

Die anderen Oppositionsparteien sind lediglich Spielsteine für Erdoğans Demokratie, die bloß aus Wahlen besteht. Es existiert ein Verständnis von Opposition, die ihre einzige Aufgabe darin sieht, gegen Erdoğans Themen Gegenpositionen zu erzeugen. Erdoğan lässt nur eine Opposition zu, die jeweils aus Bruchteilen der Bevölkerung Stimmen holen kann. Durch Veränderungen im Wahl- oder im Regierungssystem in der Türkei setzt er das Spiel immer so auf, dass er am Ende als Gewinner dasteht. Eine Partei oder ein politischer Akteur, der dieses Spiel beenden und die gesamte Bevölkerung umarmen könnte, ist derzeit noch nicht in Sicht. Der einzige potentielle Akteur dieser Art wäre Demirtaş. Und der sitzt wie erwähnt immer noch im Gefängnis.

Haben Sie inzwischen einen Zugang zur hiesigen türkischen Community gefunden? Welches Bild geben die Deutsch-Türken und die Opposition hier ab?

Die türkische Opposition in Deutschland unterscheidet sich keinesfalls von der in der Türkei. Das sind Gruppen, die nur in ihren eigenen Revieren leben. Ich habe Kontakt zu manchen Linken und kurdischen Gruppen, aber daraus ist noch keine nennenswerte Beziehung entstanden. Es entwickeln sich allerdings gute Freundschaften zwischen den unterschiedlichen Exilanten der neuen Generation. Aber die türkischen Gruppen, die seit den 80er-Jahren in Deutschland leben, sind festgefahren. Sie betrachten die Türkei leider immer noch mit den Klischees von damals. Die neue Generation stimmt mich aber hoffnungsvoll.

(Wie) wird Bold weiterwachsen? Was ist zu erwarten?

Das hängt mit wirtschaftlichen Faktoren zusammen. Mit dem aktuellen und in weiten Teilen ehrenamtlichen Einsatz wird ein Wachstum nur schleichend möglich sein. Wenn wir eine finanzielle Förderung erhalten, würden wir Journalisten im Exil und in der Türkei mit ins Boot holen. Dann könnte Bold zu einem der wichtigsten Medien, die über die Türkei berichten, aufsteigen.

Mich interessiert zum Abschluss, was an der Türkei Sie am meisten vermissen.

Ich vermisse vieles. Am meisten die ausführlichen Gespräche und Gesprächsrunden mit Freunden. Nichts kann die Freundschaften der Kindheit ersetzen. Am Bosporus entlang spazieren kann ich leider auch nicht mehr. Die Türkei war ein Land voller Überraschungen, aus jeder Ecke heraus konnte sich aus dem Nichts etwas Spannendes entwickeln. Dieses bunte Leben vermisse ich auch.

Es macht mir zu schaffen, dass ich meiner Wurzeln beraubt wurde. Denn ich bin immer noch in der Türkei verwurzelt. Natürlich bin ich jetzt glücklich, aber es ist eine Tatsache, dass nichts mehr wie so sein wird wie früher.

Wollen Sie eines Tages in die Türkei zurück? Oder wollen Sie in Deutschland leben?

Mein Beruf ist an örtliche Anwesenheit gekoppelt. In der Türkei war ich die Karriereleiter Schritt für Schritt bis zum Chefredakteur aufgestiegen. Ich würde gerne meinen Beruf in der Türkei ausüben. Aber die oberste Priorität ist für mich ein Leben in Freiheit. Wann in der Türkei ein Journalismus in Freiheit möglich sein kann, ist derzeit leider überhaupt nicht abzusehen.

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