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Wirtschaft

Erdoğan bittet Türken wegen Notenbank-Chaos um Gold

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Vier Notenbank-Chefs in zwei Jahren: Mit diesem Personalkarussell erschüttert der türkische Präsident das Vertrauen in die türkische Wirtschaft. Die Folge: Der Lira-Kurs rutscht ab. Nun fordert er die Türken auf, ihre privaten Goldbestände zu investieren.

Die Lira: im freien Fall. Die Notenbank: versinkt im Chaos. Und was macht der Präsident? Recep Tayyip Erdoğan fordert nach dem Absturz der türkischen Lira seine Landsleute dazu auf, ihre privaten Devisen- oder Goldbestände zu investieren, um die türkische Wirtschaft anzukurbeln.

Auf einem Parteikongress der AKP formulierte er es so: „Von meinen Bürgern möchte ich, dass sie die Devisen und das Gold in ihren Häusern, was unser nationales Vermögen ist, in verschiedene Finanzmittel investieren und es damit in die Wirtschaft und Produktion einbringen.“

Aus Sorge vor negativen Realzinsen, hoher Inflation und erschöpften Zentralbankreserven horten viele Türken Teile ihres Geldes in Fremdwährungen und Gold. Ende 2020 lägen auf Konten türkischer Banken rund 260 Milliarden US-Dollar in ausländischen Währungen, berichtet das Manager Magazin.

Lira-Krise nach Wechsel an der Notenbankspitze

Von Investoren forderte Erdoğan mehr Vertrauen. Das war zuletzt verloren gegangen: Jüngst musste zum dritten Mal in weniger als zwei Jahren ein Chef der türkischen Zentralbank seinen Posten räumen. Diesmal traf es Naci Ağbal, der nur vier Monate im Amt war. Seine Demission erfolgte nur wenige Tage, nachdem die türkische Notenbank den Leitzins überraschend deutlich um 2 Prozentpunkte auf 19 Prozent angehoben hatte.

Ağbal und Erdoğan schienen seit Langem nicht mehr mit einer Stimme zu sprechen. Immer wieder kam es in Ağbals kurzer Amtszeit zu Zerwürfnissen, weil er mit Zinserhöhungen versuchte, die drastische Inflation in der Türkei unter Kontrolle zu bekommen. Präsident Erdoğan gilt als Gegner von Zinserhöhungen und sprach sich wiederholt für niedrige Zinsen aus.

Der neue Mann an der Spitze der Zentralbank, Şahap Kavcıoğlu, gilt als Befürworter einer lockeren Geldpolitik. Der Ex-Banker und Universitätsprofessor hatte Ağbals Zinspolitik erst im Februar in einer Zeitungskolumne scharf kritisiert: „Die Zinsen rund um die Welt sind nahe Null. Eine Anhebung in der Türkei zu erwägen, wird unsere wirtschaftlichen Probleme nicht lösen.“

Experten sehen neuen Notenbankchef Kavcıoğlu kritisch

Kavcıoğlus Amtsübernahme sehen Experten kritisch. Die Befürchtung lautet: Die türkische Regierung könnte versuchen, die Wirtschaft mit niedrigen Zinsen anzukurbeln. Für die Lira bedeutet das mehr Druck und die türkische Wirtschaft könnte langfristig belastet werden.

Ins Bild passt: Erdoğan hatte rund eine Woche vor Ağbals Demission Wirtschaftsreformen angekündigt. Sein Fokus lag dabei auf den Themen Beschäftigung und Realwirtschaft. Eine starke Lira priorisiert er nicht. Für die Währung verheißt das einen weiteren Absturz. Bereits 2020 verlor die Lira massiv an Wert – und Ansehen (DTJ-Online berichtete).

Indes leiden die Türken unter dem Verlust der Kaufkraft: Besonders Nahrungsmittel werden immer teurer. Allein im Februar 2021 stiegen die Lebensmittelpreise um 18,4 Prozent. Und eine Besserung der Lage ist nicht in Sicht. Dass der Präsident offenbar mit allen Mitteln seine Wirtschaftspolitik durchsetzen will, sorgt nämlich nicht gerade für Vertrauen in die türkische Wirtschaft.

Im Gegenteil: Erdoğan schadet der Türkei mit seiner Einmischung in die Notenbank.

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