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Wirtschaft

Von glücklichen Investoren und skeptischen Analysten: Kehrtwende in der Türkei?

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Für Investoren ist die Türkei kein rotes Tuch mehr. Ausländisches Kapital fließt wieder in größerem Umfang ins Land. Und die Lira entpuppt sich im neuen Jahr als Überflieger. Das liegt auch an einem Politikwechsel. Analysten bleiben dennoch skeptisch.

Robin Brooks kennt sich aus in der Welt der Finanzen. Und als Chefökonom des Institute of International Finance, einer Dachorganisation der internationalen Finanzwirtschaft, hat sein Wort Gewicht. Kürzlich bezeichnete Brooks die Türkische Lira in einem Tweet als „Überflieger“ am Finanzmarkt. Ausgerechnet.

Denn im vergangenen Jahr hatte die Lira noch ganz anders von sich reden machen. Ein historischer Einbruch (DTJ-Online berichtete) hatte sie am schlechtesten aller Schwellenländer-Währungen abschneiden lassen. Doch der positive Trend kommt nicht überraschend.

Politikwechsel bringt ökonomische Kehrtwende

Ein Politikwechsel sorgt für das Erstarken der türkischen Währung. Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte kurzerhand seinen Finanzminister und den Zentralbankpräsidenten entlassen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die Notenbank hob den Leitzins um 675 Basispunkte auf 17 Prozent an. Auch der Realzins ist wieder im positiven Bereich. Und die nackten Zahlen beweisen: Auch die Lira ist auf Erfolgskurs. Einen Euro gibt es nun für 8,76 Euro. Zum Vergleich: Im Oktober 2020 waren es noch 9,32 Lira, zwischenzeitlich wurde gar die 10 geknackt.

Hinzu kommt: Es fließt wieder mehr ausländisches Kapitel in das krisengeschüttelte Land. Einer Recherche der Nachrichtenagentur Reuters zufolge strömten seit November wieder 15 Milliarden Dollar in die Türkei. Experten von rund einem Dutzend internationaler Finanzinvestoren geben den Märkten damit ein deutliches Signal: In der Türkei ist wieder alles gut.

Inflation steigt, Handelsdefizit wächst

Aber stimmt das? Zweifel sind zumindest angebracht. Denn andere Indikatoren zeichnen ein weniger rosiges Bild. In der Türkei steigen die Preise. Lebensmittel verteuern sich sogar um 20 Prozent. Die Inflation steigt. Aktuell beträgt sie 14,6 Prozent. Bei vielen Türken ist von dem angeblichen Aufschwung nichts zu spüren.

Ins Bild passt: Die Zahlen des Statistikamtes für das Jahr 2020 sind katastrophal. Die Einnahmen aus dem Tourismus gingen Corona-bedingt um zwei Drittel auf 12,6 Milliarden zurück. Und auch die Exporte sanken um mehr als 6 Prozent. Das Handelsbilanzdefizit wuchs von 50 auf fast 70 Milliarden Dollar.

Einen Hoffnungsschimmer gibt es: der Tourismus. Der wichtige Industriezweig soll mit der steigenden Zahl von Corona-Impfungen bald wieder Geld ins Land spülen. Es bleibt abzuwarten, ob sich dadurch der positive Trend fortsetzen lässt. Das weiß auch der Finanzexperte Robin Brooks.

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