Connect with us

Gesellschaft

Macron prescht erneut mit Kopftuchverbot vor

Published

on

Spread the love

Im Schwimmbad oder auf Schulausflügen könnte auf Frankreichs Musliminnen bald ein Kopftuchverbot zukommen. Das plant zumindest der Senat. Die Vollverschleierung ist in dem Land bereits seit 2010 untersagt. Die Debatten um den Schleier reißen aber noch immer nicht ab.

Eine Dekade nach dem Verbot der Vollverschleierung in Frankreichs Öffentlichkeit könnten bald weitere Einschränkungen auf Musliminnen in dem Land zukommen. Der Senat als Oberhaus des französischen Parlaments hat unlängst für ein Kopftuchverbot bei Minderjährigen sowie Begleitpersonen auf Schulausflügen gestimmt. Außerdem soll die Verschleierung in Form eines Burkinis in Schwimmhallen untersagt werden. Endgültig sind diese Vorschriften aber noch nicht.

Frankreich versteht sich als laizistisches Land, in dem eine strikte Trennung von Staat und Religion herrscht. In dem Land mit seinen rund 67 Millionen Einwohnern leben Schätzungen zufolge zwischen 3,5 und 6 Millionen Muslime. Das Verbot zur Vollverschleierung in der Öffentlichkeit trat am 11. April 2010 in Kraft. Es war die erste derartige Anordnung in einem westlichen Land.

Ablenkungsmanöver von Macron?

Die neuen Vorstöße des konservativ geprägten Senats zu Kopftuchverboten sind Änderungsanträge am sogenannten Gesetz zur „Stärkung der republikanischen Prinzipien“. Vor dem Hintergrund von Terroranschlägen setzt die Regierung des Präsidenten Emmanuel Macron im Kampf gegen Islamismus auf dieses Gesetz. Inhaltlich befasst es sich etwa mit Hass im Netz. Premierminister Jean Castex versichert unermüdlich, das Vorhaben richte sich nicht gegen die Religion. Amnesty International befürchtet angesichts stigmatisierender Debatten über Muslime und den Islam dennoch eine diskriminierende Anwendung.

Noch sind die Änderungen des Senats aber nicht endgültig. Damit sie am Ende im Gesetz auftauchen, muss auch die Nationalversammlung sie billigen. Ob das geschieht oder die Vorhaben im stärker liberal besetzten Unterhaus des Parlaments scheitern, ist noch unklar. Innenminister Gérald Darmanin positionierte sich gegen die Verbote.

„Hände weg von meinem Hidschab“

Nichtsdestotrotz lösten die vom Senat geplanten Einschränkungen bereits jetzt auch international Empörung aus. Unter dem Hashtag #HandsOffMyHijab („Hände weg von meinem Hidschab“) hinterfragten zahlreiche Menschen das Vorhaben in den Sozialen Medien. Kritik kam etwa auch aus Deutschland und den USA. Das Video einer 17-jährigen französischen Muslimin auf der Plattform TikTok, in dem diese vom Votum erzählend ihren Hidschab durch Baseballkappe und Kapuze ersetzt, sahen sich mehr als drei Millionen Menschen an. Kritik hatte es auch rund um das Burkaverbot gegeben. Eine Französin im Nikab, Kenza Drider, wollte aus Protest sogar bei der Präsidentenwahl 2012 antreten. Ihr Plan scheiterte dann an der Zulassung ihrer Kandidatur.

Der Streit um das Kopftuch in Frankreich beginnt weit vor dem sogenannten Burkaverbot 2010. Bereits 1994 trat ein Gesetz in Kraft, dass in Schulen nur noch diskrete – nicht aber auffällige – religiöse Symbole erlaubte. Zehn Jahre später wurden Kopftücher in Schulen vollständig verboten – Kippa und Kreuz nicht. 2010 folgte das Verbot der Vollverschleierung in der Öffentlichkeit. Ursprünglich als Teilverbot gedacht, schärfte die damalige konservative Regierung von Präsident Nicolas Sarkozy nach einer Wahlschlappe bei Regionalwahlen und einem Stimmzuwachs der rechtsextremen Front National (heute: Rassemblement National) nach.

Verstöße gegen das Vollverschleierungsverbot werden mit Geldstrafen geahndet. Bei Mehrfachverstößen droht teils auch der Besuch eines Staatsbürgerkurses. Wie viele Frauen die Regelung tatsächlich beeinträchtigt, ist unklar. Denn Forschern zufolge trägt nur ein kleiner Teil der Musliminnen in Frankreich überhaupt eine Form der Verschleierung. Das Kopftuch habe vielmehr eine größere symbolische Bedeutung angenommen.

dpa/dtj

Continue Reading