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Wirtschaft

Neue Spekulationen um Albayrak – Lira erholt sich weiter

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Die Hintergründe, die zum Rücktritt des türkischen Finanzministers Berat Albayrak führten, bleiben weiterhin rätselhaft. Nun gibt es neue Spekulationen. Demnach steckt der Bündnispartner der AKP dahinter.

Via Instagram trat Berat Albayrak am vorletzten Wochenende als Finanzminister der Türkei zurück. Da es sich bei ihm nicht nur um einen hochrangigen Politiker, sondern auch um den Schwiegersohn des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan handelt, sorgte dieser Vorgang lagerübergreifend für Verwunderung. Beobachter gingen im ersten Moment davon aus, dass der Schritt mit der Berufung Naci Ağbals als neuer Notenbankchef zusammenhänge.

Da in den türkischen Medien, die größtenteils der Regierung nahestehen, der Rücktritt zunächst als Meldung gar keine Beachtung fand und im Anschluss darüber auch kaum geschrieben oder diskutiert wurde, kursieren nach wie vor verschiedenste Gerüchte, die von Journalisten in Umlauf gebracht oder bewertet werden. Dem neuesten zufolge habe die rechtsnationale MHP, die der derzeitige Bündnispartner Regierungspartei AKP ist, den Rücktritt Albayraks forciert. Das erklärte gestern Levent Gültekin in der Sendung „Iki yorum“, die jeden Montag und Donnerstag bei Halk TV ausgestrahlt wird. Der Sender steht der oppositionellen CHP nahe.

Gültekin interpretiert Albayrak-Andeutungen als Machtkampf zwischen Erdoğan und Bahçeli

Laut des Journalisten gebe es derzeit hinter den Kulissen großen Streit zwischen beiden Parteien. Es sei nur eine Frage von Tagen, bis er auch in der breiten Öffentlichkeit aufgegriffen werde. Erster Beleg für seine These, die er in Hintergrundgesprächen mit Politikern und anderen Journalisten habe bestätigen lassen, sei die Nordzypern-Reise Erdoğans am Sonntag gewesen, bei der er unter anderem von MHP-Chef Devlet Bahçeli begleitet wurde. Die beiden seien mit unterschiedlichen Fliegern unterwegs gewesen und hätten, anders als im Vorfeld geplant, kaum gemeinsame Auftritte gehabt oder Gespräche geführt. Für Gültekin offenbar Anlass genug, um über einen Bruch der beiden Partner zu spekulieren.

Albayraks Abgang sei insofern auf die MHP zurückzuführen, dass diese sich ihrer Rolle und Wichtigkeit mehr und mehr bewusst werde. Erdoğan sei sich darüber im Klaren, dass er auf die MHP angewiesen sei, ohne die er bei den letzten Wahlen tatsächlich nicht auf die nötige Mehrheit gekommen wäre. Bahçeli gehe es darum, den Präsidenten, für den Albayrak als Schwiegersohn mehr war als ein einfacher Minister, zu schwächen und die eigene Position weiter zu stärken. Die frei deutbaren Andeutungen, die Albayrak in seiner Erklärung machte, wiesen auf diesen Machtkampf zwischen Erdoğan und Bahçeli hin. Der Präsident lasse sich immer weiter vom Bündnispartner vereinnahmen, worauf Albayrak habe hinweisen wollen, so die Interpretation Gültekins.

Neuer Minister für Finanzen: Wer ist Lütfi Elvan?

Neuer Inhaber des Postens ist übrigens der Ökonom Lütfi Elvan (58). Der AKP-Politiker aus Konya-Karaman hat in seiner Vita zahlreiche Erfahrungen sammeln können, u.a. im Bereich der Europäischen Union. So wohnte er Kommissionen zu EU-Verhandlungen der Türkei bei. Von 2013 bis 2015 war er Verkehrs-, in den Jahren 2016 bis 2018 Entwicklungsminister. Zwar würdigte Erdoğan Berat Albayraks Verdienste als Finanzminister. Dieser habe das Land mit „minimalem Schaden“ durch die Corona-Krise geführt.

Doch in Wirklichkeit hinterlässt Albayrak seinem Nachfolger einen Trümmerhaufen. Bis zum Rücktritt hatte die Lira gegenüber dem Euro einen Wert von 1 zu 10,13. Noch bevor ein neuer Minister überhaupt feststand, gab es kleine Anzeichen für das Ende des Abwärtstrends. Das türkische Satire-Portal Zaytung schrieb daraufhin: „Sogar ein leerer Sessel hat der Türkischen Lira mehr geholfen, als dieser Berat Albayrak“.

Türkische Lira erholt sich weiter

Die Märkte reagieren auf die Stimmung des Umschwungs mit einem Hoffnungsschimmer. Tatsächlich ist die Lira weiter gestiegen. Aktuell steht sie gegenüber dem Euro nur noch in einem Verhältnis von 1 zu 9. Wenn in Kürze das angekündigte neue finanzielle Maßnahmenpaket sowie der Kurs der Zentralbank feststehen, könnte sich die türkische Währung mittelfristig weiter erholen.

Denn die Türkei ist zwar mit der schwachen Wirtschaft von ihrem Kurs abgekommen. Doch mit den sinkenden Preisen in der Produktion ist das Land zugleich eine echte Alternative zu Ländern wie China und Indien geworden. Die Qualität türkischer Produkte ist weiter beliebt und auch die geleistete Arbeit hochwertig, doch die Löhne der Arbeitnehmer für westliche Finanzmärkte erschwinglich.

Aufwärtstrend unter Elvan? Analysten bleiben skeptisch

Dennoch bleiben Analysten und Finanzexperten gegenüber der türkischen Wirtschaft zurückhaltend. Die türkische Geldpolitik brauche vor allem einen harten Konsolidierungskurs, um das Ausmaß der Schwankungen von Preisen, Aktien- und Devisenkursen oder auch Zinssätzen wieder zu korrigieren. Andernfalls dürften auch dieser minimale Positiv-Trend wie auch die angekündigten Reformen und Maßnahmenpakete nur eine weitere Fata Morgana der gegenwärtigen Regierung sein.

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