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Gesellschaft

Neue Studie: Islam kein Nährboden für Antisemitismus

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Der Antisemitismus entwickelt sich nach einer neuen Studie in verschiedenen gesellschaftlichen Konstellationen immer wieder neu. Im Gegensatz zum Christentum sei der Islam aber kein Nährboden für diese extremistische Lebenseinstellung.

Synagogen müssen geschützt werden. Wer eine Kippa trägt, muss Angst vor Beschimpfungen oder Attacken haben. Verfassungsschützer warnen vor einem steil ansteigenden Antisemitismus in Deutschland. Der Judaistik-Forscher Peter Schäfer nimmt mit seiner „Kurzen Geschichte des Antisemitismus“ prägnant und sachlich die Entwicklung der Judenfeindschaft von ihren Wurzeln bis in die Gegenwart unter die Lupe und erhebt den Anspruch auf einen Gesamtüberblick. Er benutzt in seiner Studie den Begriff des Antisemitismus für alle ausgeprägten Formen von Judenhass und Judenfeindschaft, auch wenn dieser aus rassistischen Motiven heraus erst im 19. Jahrhundert geprägt wurde.

Schäfer beschreibt die über Jahrhunderte bestehenden, wachsenden, sich verändernden, irrationalen Vorurteile mit all ihren Auswüchsen. Er zeichnet die Geschichte von Unfreiheit, Gewalt und Verfolgung nach, die im Nationalsozialismus kulminiert und weiter andauert. Er bleibt dabei nicht ohne Mahnung. Es reiche nicht, das Eingeständnis von Versäumnissen in der Vergangenheit und das Bekenntnis zu Verbesserungen ständig zu wiederholen. „Antisemitismus ist ein variables, vielschichtiges und offenes System, das sich im Laufe seiner Geschichte ständig mit neuen Facetten anreichert und in unterschiedlichen gesellschaftlichen Konstellationen immer wieder neu erfindet.“

Anfänge schon vor dem Christentum

Die Anfänge des Antisemitismus sieht Schäfer dabei weit vor dem Entstehen des Christentums. „Mit dem Beginn des Antisemitismus in der vorchristlichen Antike lehne ich ausdrücklich die These ab, dass es das Christentum mit seinem Vorwurf des Messias- und Gottesmordes war, das den Antisemitismus in die Welt gebracht hat.“ Der emeritierte Professor für Judaistik zeichnet anhand von Quellen vom biblischen Buch Esther, über Schriften Luthers bis in die Neuzeit und Gegenwart die Geschichte der Ressentiments, Vorurteile, Ausgrenzungen und Pogrome in Europa oder dem Nahen Osten nach. 

Eine neue Phase in der Geschichte des Antisemitismus sieht Schäfer dann mit dem Deutschen Kaiserreich 1871. „Ein entscheidender Grund dafür war die durchgehende Politisierung des Antisemitismus, die zu politischen Verbänden und Parteien mit ausgesprochen antisemitischen Zielsetzungen führte.“

Überkommende Elemente des antihumanitären, religiösen, politischen und wirtschaftlichen Antisemitismus seien gebündelt und durch das vorher nur ansatzweise vorhandene Element des Rassismus verstärkt worden. 

Weimarer Republik war „Vorhof zu Hölle des Vernichtungsantisemitismus“

Für die Niederlage im Ersten Weltkrieg und die Erschütterungen wurde in den Juden ein willkommener Schuldiger gefunden. Die Weimarer Republik ist für Schäfer nur noch der „Vorhof zu Hölle des Vernichtungsantisemitismus“ der Nationalsozialisten. „Angesichts der Folgen, die der Antisemitismus in seiner bisher schrecklichsten Form hervorgebracht hat, sollte man annehmen, dass er damit ein für alle Mal an sein Ende gekommen ist, doch nichts wäre naiver als das.“

Der Antisemitismus ist nach wie vor präsent. Ob in Deutschland, wo nach dem Krieg die wahren Dimensionen von der Verfolgung und Ermordung der Juden zunächst zu einem gesellschaftlichen Tabu wurden. Hier leben Elemente des traditionellen Antisemitismus wieder auf. Oder auch durch die Konflikte im Nahen Osten, in der Kritik an Israel. 

„So legitim und notwendig begründete Kritik an der Politik des Staates Israel ist und sowenig sie als antisemitisch diffamiert werden darf, um die israelische Regierungspolitik gegen Kritik zu immunisieren, so bedeutet dies noch lange nicht, das jedwede Kritik am Staat Israel legitim ist.“

Hier gebe es rote Linien und Grenzen. Die Grenze sei dort überschritten, wo mit dem Staat Israel das Judentum als solches angegriffen werden. Israelfeindlicher Antisemitismus sei weder neu noch auf Muslime begrenzt. „Aus der Religion des Islam und auch seiner politischen Praxis vor dem Nahost-Konflikt lässt sich ein genuin islamischer Antisemitismus nicht begründen, ganz im Unterschied zum Antisemitismus als einem „westlichen“ europäischen Phänomen, das auch in seiner politischen Dynamik ganz wesentlich durch das Christentum geprägt ist.“

dpa/dtj

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