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Politik

Oruç Reis rückt vor: Wie real ist ein Krieg zwischen der Türkei und Griechenland?

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Die blaue Nation: Unter diesem pathetischen Begriff wird in der Türkei derzeit die mögliche Eskalation zwischen Ankara und Athen diskutiert. Anlass für einen folgenschweren Streit liefert die völkerrechtswidrige Vereinbarung zwischen der griechischen Regierung mit der ägyptischen Putschregierung von al-Sisi. Der Ursprung für diesen Streit liegt im Kampf um Gasvorkommen im Mittelmeer. Die Türkei will Gas in den eigenen Gewässern sondieren. Die Griechen hingegen beanspruchen die Vorräte für sich. Bislang sind sämtliche Schlichtungsgespräche gescheitert. Können zwei Nato-Partner tatsächlich in einen Krieg geraten?

Eigentlich soll die Nato diese Situation verunmöglichen. Der Bündnisfall ist eine Vereinbarung zwischen Nato-Ländern und ein sehr bedeutender diplomatischer Begriff. Dadurch wird geregelt, dass Staaten innerhalb der Nato dazu verpflichtet werden, in einen Krieg einzusteigen, sollte ein Mitgliedstaat angegriffen werden. Doch wie sieht es aus, wenn zwei Mitgliedstaaten einander bekriegen? Diese Frage wird bereits zum zweiten Mal in der Geschichte relevant.

Beides Mal spielen dieselben Akteure eine Rolle. Dabei handelt es sich um die Konflikte zwischen den Türken und Griechen. Athen und Ankara haben 1974 in der Causa Nordzypern mit den Säbeln gerasselt. Doch zu einem Krieg ist es nicht gekommen. Theoretisch müsste sich die Nato auf die Seite des Angegriffenen stellen, doch ist das leicht festzustellen? In Zeiten von weltweiten Fake News eine explosive Angelegenheit. Deshalb versuchen die heutigen Großmächte USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien zunächst zu vermitteln. Insbesondere Bundeskanzlerin Angela Merkel schaltete sich zuletzt ein, als der Streit im Mittelmeer zwischen der Türkei und Griechenland erneut aufflammte.

Was war geschehen?

Die Türkei und Griechenland stehen vor einem bewaffneten Konflikt. Urlauber auf der Insel Rhodos beispielsweise berichten seit Wochen von Kriegsschiffen und Kampfjets. Auf den anderen griechischen Inseln dürfte es kaum anders aussehen. Dabei befinden sich diese Inseln territorial eher auf der türkischen Seite als in der Nähe Griechenlands.

Das Territorium der Türkei wurde beim Vertrag von Lausanne von 1923 festgelegt. Als das Osmanische Reich als eines der großen Verlierer des Ersten Weltkrieges zusammenbrach und Mustafa Kemal Atatürk aus der Asche des Sultanats die moderne türkische Republik ausrief, waren Zugeständnisse unumgänglich. Die Inseln an Griechenland zu verlieren zählen dazu.

Die türkische Regierung um den Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan hingegen möchte rund 100 Jahre nach Lausanne ein anderes Selbstbewusstsein im Mittelmeerraum zur Geltung bringen. Innenpolitisch wird er dieses Manöver brauchen, denn wie bei der Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee kann Erdoğan bei diesem Streit auf allen politischen Ebenen im Lande gewinnen. Doch auch die Griechen treten heute anders auf. Die eigenverantwortliche Vereinbarung des griechischen Premiers Kyriakos Mitsotakis mit Ägypten über die Ausbeutung von Rohstoffen im Mittelmeer hat keinerlei rechtliche Grundlage.

Türkische Opposition verteidigt Erdoğan im Streit mit Griechenland

Zwar kritisieren oppositionelle Stimmen in der Türkei, dass die AKP Ägypten, Syrien und Co. außenpolitisch verloren hat. Denn für die Opposition ist klar, dass eine andere Außenpolitik ein solches „Desaster“ mit den Griechen, wie sie die derzeitige Situation beschreibt, verhindert hätte. Doch die Haltung der Griechen ist auch für die türkische Opposition nicht akzeptabel.

So schließen sich auch vermeintliche Oppositionelle wie Ismail Saymaz diesem Jargon an. Im Streit um das Mittelmeer sei die Türkei historisch im Recht und auch die Haltung der aktuellen Regierung würde daran nichts ändern. Doch die Außenpolitik sei das eigentliche Problem. Auch der Parteisprecher der größten Oppositionspartei CHP, Faik Öztrak, sprach von einem „natürlichen Recht der Türkei, im Mittelmeer so vorzugehen, wie sie wolle“. Dabei müsse das internationale Recht beachtet werden, doch im eigenen Hoheitsgebiet habe die Türkei alle Befugnisse wie jedes andere Land auch. „Es ist richtig, dass Oruç Reis in dieses Gebiet vordringt“, so Öztrak.

Oruç Reis als Signal – Deutschland: „Ein Fehler“

Oruç Reis ist nicht der bekannte Beiname des türkischen Präsidenten Erdoğan. So heißt das Forschungsschiff der Türkei, das in griechischen Gewässern vor der Kleinstinsel Kastelorizo nach Gas sucht. Diese kleine Insel mit rund 500 Bewohnern liegt nur 7,8 Kilometer entfernt von Antalya Kaş. Eine einfache Suche auf Google Maps nach der Route zwischen Kastelorizo und Kaş wird nicht angezeigt.

Ein Flug von Kastelorizo nach Athen dauert dagegen mehr als zwei Stunden. Das Schiff Oruç Reis hatte mit dem Vorstoß bereits vor Wochen für Unruhe gesorgt. Auf Einladung der Bundeskanzlerin zog die türkische Seite das Schiff vorerst zurück. Doch nach der strittigen Vereinbarung zwischen Griechenland und Ägypten hat Ankara das Schiff wieder losgeschickt.

Dabei wird das Schiff rund um die Uhr von türkischen Militärschiffen eskortiert. Griechische Kriegsschiffe haben per Funk Oruç Reis aufgefordert, die Region umgehend zu verlassen. Die Aufrufe blieben jedoch unbeantwortet. Türkische Experten für Diplomatie und Außenpolitik reden seit Tagen nur noch von Krieg. Auch Erdoğan wirkte in seinen jüngsten Aussagen wenig versöhnlich. Griechenland würde „seine eigene Größe mit derartiger Provokation überschätzen“.

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