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Politik

Sippenhaft: Staatsanwalt fordert bis zu 15 Jahre für Vater von Hakan Şükür

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Einst der beliebteste und bekannteste Fußballspieler in der Türkei und ehemaliger AKP-Abgeordneter, heute ein verhasster Staatsfeind. Galatasaray-Ikone Hakan Şükür lebt mittlerweile im US-amerikanischen Exil. Die türkische Regierung kann den türkischen Rekordtorschützen nicht belangen. Deshalb wird derzeit ein Exempel an seinem Vater statuiert. Sermet Şükür soll nun ins Gefängnis. Ein gravierendes Beispiel für praktizierte Sippenhaft in der Türkei.

Eigentlich ist Sermet Şükür ein gewöhnlicher alter Mann aus Sakarya. Die idyllische Stadt grenzt direkt an Istanbul und liegt ebenfalls am Meer. Hier lebt das Familienoberhaupt seit vielen Jahren. Die Şükürs stammen ursprünglich aus dem Kosovo. Manchmal sind es die Kinder, die das Leben einer gewöhnlichen Familie überraschend verändern. So kam es auch im Leben der Şükürs. Als am 1. September 1971 ihr Sohn Hakan zur Welt kam, konnten sie ihr späteres Glück wohl kaum erahnen. Denn dieser Sohn sollte zur lebenden Legende werden, dem wertvollsten Stürmer der türkischen Fußball-Nationalmannschaft. Zahlreiche Pokale, Transfers zu europäischen Top-Mannschaften wie Inter Mailand und andere Auszeichnungen machten ihn zum Liebling der türkischen Bevölkerung. Seine steile Karriere ging auch abseits des Platzes weiter. Nach dem Ende seiner aktiven sportlichen Laufbahn im Jahr 2008 wurde der „Bulle vom Bosporus“, wie er hierzulande genannt wurde, durch den heutigen türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan persönlich in die AKP geholt. Der Neu-Politiker zog unmittelbar danach, also im Juni 2011, ins türkische Parlament.

Hakan Şükür bekennender Anhänger von Fethullah Gülen

Der einstige Superstar gab sich im Gegensatz zu anderen Fußballern stets bescheiden. In den Schlagzeilen der Boulevard-Blätter war Hakan Şükür kein Thema. Seine konservative Art war in der Türkei nie ein Geheimnis, genauso wie sein offenes Bekenntnis zum muslimischen Gelehrten Fethullah Gülen, der später gemeinsam mit Recep Tayyip Erdoğan sein Trauzeuge wurde. Doch genau diese Beziehung sollte ihm, wie weiteren Hunderttausenden anderen in der Türkei auch, zum Verhängnis werden. Seit dem gescheiterten Putschversuch vom 15. Juli 2016 werden Gülen und seine internationale Bildungsbewegung „Hizmet“ in der Türkei für den Staatsstreich verantwortlich gemacht. Diese Behauptung der türkischen Regierungspartei AKP wird in der Türkei von weiten Teilen der Opposition nicht in Frage gestellt. Infolge dessen werden Personen, die angeblich oder tatsächlich mit der Hizmet-Bewegung verbunden sind, durch das Regime verfolgt. Tausende Menschen sind sukzessive aus dem Land geflohen und genießen in europäischen Ländern Schutz als politische Flüchtlinge.

Fall Şükür: Präsident Erdoğan fühlt sich durch seinen Zögling beleidigt

Bereits im Februar 2016, also rund 5 Monate vor dem gescheiterten Putschversuch, wurde Hakan Şükür wegen Präsidentenbeleidigung angeklagt. Der Präsident, der ihn ihn die AKP holte, warf dem Ex-Fußballer vor, über Twitter beleidigende Aussagen über ihn und seinen Sohn Bilal verbreitet zu haben. Dabei sollte es aber nicht bleiben. Nach und nach wurde „der große Hakan“ zur Persona non grata im Lande. 2017 wurde er aus seinem Herzensverein Galatasaray geworfen, sein Namensschild aus dem Stadion entfernt. Und es ging noch weiter: Nachdem Şükür in den USA ein Leben im Exil begann, wurde in der Türkei sein Hab und Gut beschlagnahmt. Aber auch damit war es nicht genug. Die Wut des türkischen Präsidenten aufgrund des „Verrats“ von Şükür sollte noch weitere Opfer fordern.

Vater Şükür in Sippenhaft

So sehr sich Vater Sermet Şükür einst über die Erfolge seines Sohnes gefreut haben mag, so bitter hat sich auch für ihn die Zeit seit dem Putschversuch entwickelt. Man wirft Şükür Senior vor, genau wie sein Sohn Mitglied der Hizmet-Bewegung zu sein und somit staatsgefährdenden, bewaffneten Terrorismus zu unterstützen. Ein Staatsanwalt im 4. Strafgericht von Sakarya forderte für Şükürs Vater ein Strafmaß zwischen ca. 2 und 15 Jahren. Bei seiner Verteidigung sagte der Familienvater, er habe mit den Anschuldigungen nichts zu tun. Ähnliches hatte bereits Hakan Şükür mehrfach betont. „Wenn ich einst gewusst hätte, dass man mit dieser Bewegung solche Anschuldigungen zusammenbringt, dann hätte ich nie eine solche Nähe zur ihr aufgebaut.“

Das Gericht in Sakarya ist noch zu keinem abschließenden Urteil gekommen. Der nächste Gerichtstermin wurde auf den 15. Dezember vertagt. Bis dahin müssen die Şükürs eine Verteidigung vorbereiten.

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