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Politik

Terrorist zu werden ist so einfach wie nie in der Türkei

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Staatspräsident Erdoğan hatte es angeregt, die AKP leitet erste Schritte ein: Das Strafgesetz soll geändert werden. Auch Tweets, Facebook-Einträge oder Zeitungsartikel könnten künftig als Terror gewertet werden.

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Den Staat zu hinterfragen, war in der Türkei schon immer problematisch. Doch aktuell ist selbst die leiseste Kritik oder ein Satz, in dem die AKP oder Erdoğan nicht gelobt wird, von größter Brisanz. Mehr noch, bald könnte jeder, der nicht einer Meinung ist, in den Genuss des Terrorismusvorwurfs kommen.

Denn: Nach dem Terroranschlag vom Sonntag in der türkischen Hauptstadt Ankara mit 37 Toten hatte Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan eine Neudefinition des Terrorbegriffs angeregt. Als Terrorist gelten sollte nicht nur jemand, der mit einer Waffe um sich schießt oder Bomben legt, sondern auch jeder, dessen Sätze und Meinungen als Terror-Unterstützung gewertet werden könnten. Als Beispiele nannte der Präsident Akademiker, Journalisten oder in zivilgesellschaftlichen Einrichtungen tätige Menschen.

Wie aber soll das genau aussehen? Am Mittwoch erschien die regierungsnahe Zeitung Star auf ihrem Titelblatt mit dem Aufmacher ‚Waffenloser Terror‘ und berichtete, dass auf dem Gebiet des Anti-Terror-Kampfes neue Schritte unternommen werden. Im türkischen Strafgesetzbuch sollen entsprechende Änderungen vorgenommen werden. Konkret sollen Meinungsartikel in Zeitungen oder Einträge in sozialen Medien wie Twitter oder Facebook als Terror gewertet und entsprechende Schritte eingeleitet werden.

Bedenkt man, dass bisher Hunderte von Bürgern wegen Beleidigung des Staatspräsidenten vor Gericht gebracht wurden, dass sogar Akademiker wegen Terrorpropaganda entlassen werden und Erdoğan sogar den Vorsitzenden der größten Oppositionspartei der CHP, Kemal Kılıçdaroğlu, der Unterstützung des Terrors beschuldigt, dann ist vermutlich davon auszugehen, dass die künftigen Änderungen dazu missbraucht werden, kritische Stimmen mundtot zu machen.

Aus diplomatischen Kreisen in Brüssel ist bereits zu hören, dass eine solche Änderung eine Rücknahme sämtlicher Gesetze zur Sicherung der Meinungsfreiheit in der Türkei bedeuten würde – die von der AKP einst selbst auf den Weg gebracht wurden.

Allerdings enthält der Star-Bericht einige Ungereimtheiten. Zum einen schreibt die Zeitung, dass eine Änderung im Strafgesetzbuch vorgenommen wird, zum anderen heißt es einige Zeilen später, dass die AKP darüber diskutiere und in den nächsten Tagen entsprechende Schritte einleiten könnte: Möglicherweise wird also AKP-Abgeordneten und der Öffentlichkeit über die Zeitung die Botschaft übermittelt, was auf sie in den nächsten Tagen zukommt. Nach dem jüngsten Anschlag an diesem Samstag wird der Prozess wohl an Fahrt aufnehmen.