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Politik

Türkei: Hidayet Karaca seit 100 Tagen ohne Beweise in Haft

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Obwohl außer einer TV-Serie noch keine Beweismittel vorgelegt wurden, sitzt Samanyolu-CEO Hidayet Karaca seit mittlerweile 100 Tagen in Haft.

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Hidayet Karaca
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In diesen Tagen werden es 100 Tage sein, die der CEO der Samanyolu-Sendergruppe, Hidayet Karaca, im Silivri-Gefängnis in Haft verbringt. Am 14. Dezember 2014, drei Tage vor dem Jahrestag des Bekanntwerdens der Korruptionsermittlungen gegen eine Reihe von Persönlichkeiten auch aus dem Umfeld der Regierung vom 17. Dezember 2013, wurde Karaca gemeinsam mit zahlreichen anderen Journalisten sowie Polizeibeamten im Zuge einer breit angelegten Razzia festgenommen.

Die Razzia betraf unter anderem die TV-Sendergruppe Samanyolu und die Tageszeitung „Zaman“, die der Hizmet-Bewegung um Fethullah Gülen zugerechnet werden. Insgesamt wurden 27 Personen unter dem angeblichen Verdacht festgenommen, ein terroristisches Netzwerk zu betreiben, darunter auch Drehbuchautoren und ein Grafikdesigner. Karaca und drei frühere Polizeioffiziere wurden dann auch in Untersuchungshaft genommen, Zaman-Chefredakteur Ekrem Dumanlı wurde bei schwebendem Verfahren freigelassen.

Am 19. Dezember 2014 verhängte Richter Bekir Altun die Untersuchungshaft, wobei die Fragen Karacas und seiner Verteidigung über allfällige Beweismittel unbeantwortet blieben.

Bis dato wird einzig eine fiktionale Krimiserie als Beweismittel präsentiert, die 2009 gelaufen war und in der eine extremistische Organisation vorkam, die sich Tahşiyeciler nannte. Eine solche Organisation existiert tatsächlich und im Jahre 2010 wurden auch einige Anführer dieser Gruppe des Vorwurfs der terroristischen Tätigkeit als al-Qaida-nahe Terrorgruppe angeklagt und schuldig gesprochen.

Samanyolu soll Teil des „Parallelstaates“ sein

Die Staatsanwaltschaft wittert dahinter jedoch ein Komplott. Ihr zufolge gehörten die Medien Zaman und Samanyolu TV sowie weitere Anhänger des in den USA lebenden Islamgelehrten Fethullah Gülen zu einem „Parallelstaat“, der bis in die staatlichen Institutionen hinein gewirkt und ein ungerechtfertigtes Vorgehen gegen die Tahşiyeciler organisiert hätte. Die Ausstrahlung der Serie sei demnach eine versteckte Anweisung an die Eingeweihten in Polizei und Staatsanwaltschaft gewesen, gegen die Gruppe etwas zu unternehmen.

Dabei waren auch die später im Vorbringen der Staatsanwaltschaft angesprochenen Vorwürfe etwa acht Monate vor der Verhaftung Karacas in der regierungsnahen Presse angesprochen worden. Der stellvertretende Premierminister Bülent Arınç bestätigte demnach, dass die Gruppe als extremistische Organisation betrachtet worden wäre, und richtete an deren Führer Mehmet Doğan die Frage, ob er diesbezüglich Beschwerden vorzubringen hätte. So kam die Untersuchung gegen Karaca erst zustande.

Karaca schreibt in seiner Haft an einem Buch

Mehrere Vertreter von Bürgerrechtsorganisationen und Medienverbänden forderten anlässlich der ersten 100 Tage in Haft die Freilassung Karacas. Der Präsidentin des Presserates, Pınar Türenç, betonte, es sei sehr schwierig, die lange Inhaftierung des Samanyolu-Chefs vor dem Hintergrund der rechtsstaatlichen Prinzipien zu erklären.

Auch von den „Reportern ohne Grenzen“ und der Vereinigung Zeitgenössischer Journalisten kamen Vorwürfe der „Rachejustiz“ gegenüber den staatlichen Autoritäten und es wurde eine Freilassung Karacas verlangt. Şule Karaca, die Frau des Journalisten, betonte einstweilen, dass ihr Ehemann die Zeit im Gefängnis produktiv nütze und unter anderem an einer Buchveröffentlichung arbeite.