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Film/Kultur/Religion

„Gänsehaut“: Zeynep Avcı begeistert mit türkischem Song bei „The Voice of Germany“

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Die bekannte Castingshow „The Voice of Germany“ findet auch in diesem Jahr statt. Dabei gab es gleich zum Auftakt einen echten „Knaller“. Die Berliner Sängerin Zeynep Avcı schaffte es mit ihrem Auftritt, sämtliche Jury-Mitglieder zu elektrisieren. Dabei dürften weder Sarah Connor, noch Mark Forster, Nico Santos, Johannes Oerding sowie die meisten Zuschauer:innen kaum ein Wort verstanden haben. Ein Beitrag, wie auch die breite türkische Gefühlsebene in der Musik Eingang in diese Gesellschaft finden könnte.

Als Zeynep Avcı auf die Bühne von „The Voice of Germany“ stieg, ahnte niemand, welche bahnbrechende Performance die junge Berlinerin an den Tag legen würde. Nach einem kurzen ruhigen Einstieg in den Song eskalierte die Deutsch-Türkin regelrecht am Mikrofon und sorgte für einen andauernden Gänsehaut-Zustand bei den Mitgliedern der Jury. Aber auch die Zuschauer:innen dürfte es kaum auf ihren Sitzen gehalten haben. Sowohl die kräftige und besonders ausdrucksstarke Stimme der Sängerin als auch die spürbar transportierten Emotionen wie Kummer, Frust und Melancholie rundeten den mehr als gelungenen Auftritt ab. Die kaum zu übersehende Begeisterung der Jury-Mitglieder und ihre Aussagen sprechen Bände.

Zeynep Avcı mit „Yalan“ bei „The Voice of Germany“

Avcı hatte sich den Song „Yalan“ (auf Deutsch: Lüge) von Tan Taşçı ausgesucht. Höchstwahrscheinlich wird das nähere Umfeld der Gesangsvirtuosin davon abgeraten haben, denn dieses Liebeslied transportiert mehrere emotionale Ebenen, von denen man in der deutschen Kunst- und Kulturszene eher vorsichtig Gebrauch macht. Natürlich thematisieren auch deutsche Liebeslieder häufig genug Trennung und den damit verbundenen Schmerz. Doch Menschen aus der Türkei bauschen den Kummer und dieses Gefühlschaos immer maximal auf. Was sich oftmals schon in der Rhetorik zeigt, findet einen unweigerlichen Ausdruck im Klang und den Schwingungen des Gesangs, aber auch in der Melodie.

Arabeske Musikrichtung oftmals „too much“ für das deutsche Ohr

Die meisten Lieder dieser Art werden zur Musikrichtung „Arabeske“ gezählt. Typisch für diese Richtung sind vor allem sentimentale Texte über unerfüllte Liebe, aber auch konkrete Sorgen des Alltags. Seit Ende der 60er Jahre ist die Arabeske Bestandteil der türkischen Popmusik. Ihren Ursprung hat diese Richtung in den arabischen Ländern. Die vielen Schwingungen in dieser Musik wirken wie ein Weinen oder ein Klagen. Doch diese orientalische Art und Mentalität wirkt in hiesigen Kreisen als „too much“ oder einfach zu viel des Guten. Es sind so viele Emotionen in diesen Liedern, die zudem mit Nachdruck transportiert werden, dass das deutsche Ohr davon regelrecht belästigt wird. Um es zu veranschaulichen: Der deutsche Gaumen ist an die scharfen Gewürze des Orients nicht so gewöhnt. Ein schärferes Gericht kann dann schonmal als zu scharf empfunden werden. Damit vergeht der Genuss und es wird zu einer Qual. Etwa so verhält es sich mit der arabesken Musik.

Zeynep Avcı zieht Aufmerksamkeit auf sich

Dennoch hat Zeynep Avcı genau mit so einem Song für einen echten Knall in The Voice of Germany 2021 gesorgt. Ein Lied, das zu ihrer verzierten und verschnörkelten, aber kräftigen Stimmfarbe perfekt passt. Sie sang es sogar um Längen besser als der Urheber Tan Taşçı, der die Leistung der Berlinerin via Social Media würdigte. Der türkische Schmusesänger verlinkte ihren Auftritt via Instagram und schrieb: „Ich bin sehr berührt“. Wie ist es Avcı gelungen, das mehrheitlich deutsche Gehör hierzulande so punktuell zu berühren und die teils unverständlichen Emotionen zu transportieren? Man weiß es nicht so genau, doch ihr Erfolg hat die deutsch-türkische Community sichtbar aufgewühlt. Dies verdeutlichten die hunderttausenden Posts in den sozialen Medien, in denen sich Deutsch-Türken für den Transfer ihrer Emotionalität in die Herzen des überwiegend deutschen Publikums bedankten.

Vielen Dank für den Transfer dieser Emotionen, Zeynep Avcı

Denn es ist wie ein Aufatmen für die Millionen Deutsch-Türken, die mit ebenjener Musik und Kultur seit Jahrzehnten in diesem Land leben. Dabei hat die Mehrheitsgesellschaft kaum ein Ohr für ihre Emotionen und ein geringes Interesse daran, sich an ihrer Lebenswirklichkeit zu beteiligen. Türkische Pop-Musik ist zwar gern gehört, aber nur wenn es mit seiner Beweglichkeit für gute Laune sorgt. So in etwa mit dem berühmten Tarkan-Lied „Kiss Kiss“ aus den 90er Jahren. Generationenübergreifend wird auf dieses Lied verwiesen, obschon er nur noch im nostalgischen Kontext für die Deutsch-Türken eine Rolle spielt.

Mit Zeynep Avcı ist diese Musikrichtung im deutschen TV angekommen und wie ein Komet eingeschlagen. Es bleibt zu hoffen, dass Avcı auch im Verlauf der Show auf weitere türkische Lieder setzt. Denn in dieser Welt ist die Deutsch-Türkin heimisch. Dieses Gefühl kommt auch bei uns schonungslos an. Und wer weiß, vielleicht wird sie tatsächlich auch die diesjährige Siegerin von The Voice of Germany. Es sei ihr gegönnt.

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