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Politik

Warum Putin und Erdoğan immer häufiger zusammenarbeiten

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Syrien, Libyen und nun auch Bergkarabach: Russland und die Türkei arbeiten in immer mehr Konflikten zusammen – auch wenn sie unterschiedliche Akteure unterstützen. Wie ist das widersprüchliche Verhältnis zu erklären? Eine Annäherung.

Es ist später Abend, als der Tod aus der Luft kommt. Wieder einmal bombardieren russische Kampfflugzeuge die syrische Provinz Idlib. Doch bei dem Luftangriff sterben keine Rebellen, sondern Soldaten eines Nato-Mitgliedstaats. Als sich der Staub gelegt hat, ist klar: Bei der Attacke wurden Dutzende türkische Soldaten getötet. Um genau zu sein; 33. 36 weitere seien verletzt worden, teilen die türkischen Streitkräfte mit.

Der Zwischenfall ereignete sich bereits im Februar 2020. Er markiert den zwischenzeitlichen (neuerlichen) Tiefpunkt der türkisch-russischen Beziehungen wenige Jahre nach Abschuss eines russischen Kampfjets. Die beiden Mächte schieben sich die Verantwortung zu: Russland will nichts von türkischen Truppenbewegungen mitbekommen haben, die Türkei wertet den Zwischenfall als Angriff. Das Einzige, was jetzt noch hilft, ist der kurze Dienstweg. Russlands Präsident Wladimir Putin greift zum Hörer und telefoniert mit seinem türkischen Pendant Recep Tayyip Erdoğan.

Zwischen Ankara und Moskau laufen die Drähte heiß

So oder so ähnlich muss es abgelaufen sein. Denn nach dem Luftangriff passiert: Nichts. Die Reaktion der Türken bleibt aus. Zwar kämpfen Russland und die Türkei weiterhin auf Seiten des jeweiligen Gegners im Syrien-Konflikt. Doch weitere Zwischenfälle bleiben – fürs Erste – aus.

Der Anruf ist kein Einzelfall. In den vergangenen Jahren und Monaten laufen die Drähte zwischen Ankara und Moskau heiß. Seit Jahresbeginn sind 15 Telefongespräche überliefert. Putin und Erdoğan haben schließlich viel zu besprechen. In Syrien, Libyen und nun auch im Konflikt um Bergkarabach mischen die beiden Mächte mit und diktieren zum Teil die Entscheidungen der Kriegsparteien.

Russland und die Türkei füllen Machtvakuum

Das Machtvakuum, das die America-First-Politik des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump im Nahen Osten und in Nordafrika hinterlassen hat, füllen Russland und die Türkei zunehmend. Und sie kommen sich immer häufiger in die Quere: Die türkische Einmischung in den armenisch-aserbaidschanischen Konflikt um die Region Bergkarabach quittierte Putin mit der Bombardierung von türkischen Ausbildungslagern in Nordsyrien. Das Waffenstillstandsabkommen wurde dennoch mit beiderseitiger Hilfe ausgehandelt.

Der Neuen Zürcher Zeitung sagte Daria Isachenko vom Centrum für angewandte Türkeistudien der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin: „Die Türkei und Russland verstehen sich nicht als Freund oder Feind, sondern als Partner in einem Zweckbündnis.“ Viele der bestehenden Konflikte hingen zusammen. Zugeständnisse und Gewinne halten sich die Waage, alles sei ein „großer Verhandlungsprozess“.

Erdoğan und Putin, beide als liberale Reformer gestartet, wurden mit Fortdauer ihrer Amtszeit mehr und mehr vom „Westen“ enttäuscht. Deswegen machen die beiden Machtpolitiker nun gemeinsame Sache und konzentrieren sich auf ihre Interessen und Ziele.

Daran ändern auch der Tod der 33 Mehmetçik und jahrhundertelange Feindschaft zwischen dem osmanischen Sultan und dem russischen Zaren nichts.

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