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Politik

„Spiegel“: Türkisches Frachtschiff lieferte gepanzerte Militärfahrzeuge nach Libyen

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Ein Geheimdokument der EU lässt den deutschen Einsatz auf einem türkischen Frachtschiff in einem ganz anderen Licht erscheinen. Anscheinend wurde das Schiff schon seit sechs Monaten verfolgt. Die türkische Justiz leitet indes Ermittlungen gegen den Einsatz ein.

Der von der Türkei scharf kritisierte Bundeswehreinsatz auf dem türkischen Containerschiff „Roseline A“ im Mittelmeer ist nach einem Geheimdokument der EU auf Grundlage von sehr konkreten Aufklärungsergebnissen erfolgt. Wie aus einer der „Deutschen Presse-Agentur“ vorliegenden Verschlusssache hervorgeht, wurde der Frachter bereits seit längerem verdächtigt, für illegale Waffenlieferungen in das Bürgerkriegsland Libyen zu dienen. Dem Dokument zufolge wurde zu dem Schiff sogar schon vor der Bundeswehrkontrolle am vergangenen Sonntag ein Sonderbericht für Waffenembargo-Experten der Vereinten Nation verfasst.

Wie der „Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, hatten Militäranalysten der EU-Operation „Irini“ auf Satellitenaufnahmen von einem früheren Hafenaufenthalt des Schiffs im libyschen Misrata erkannt, dass damals gepanzerte Militärfahrzeuge ausgeladen worden waren. Beim jüngsten Hafenaufenthalt der „Roseline A“ im türkischen Hafen Ambarlı im November sei dann erneut verdächtige Ware entdeckt worden.

Kontrolle nicht erwünscht

Die Kontrolle des türkischen Schiffes durch die Bundeswehr war am Sonntag im Rahmen der Operation Irini erfolgt. Die Türkei wertete den Einsatz von Soldaten des Nato-Partners Deutschland als rechtswidrig und warf der Bundesregierung und der EU unbefugte Gewaltanwendung vor. Am Freitag wurden sogar staatsanwaltliche Ermittlungen eingeleitet.

Die Einsatzführung vertritt hingegen die Auffassung, dass es hinreichende Gründe zu der Annahme gab. Die deutschen Soldaten hätten das Schiff in Einklang mit international vereinbarten und in der Nato üblichen Verfahren inspiziert.

Weitere Sanktionen geplant

Aus EU-Kreisen hieß es am Freitag, neue Sanktionen wegen Verstößen gegen das Libyen-Embargo würden von Mitgliedstaaten vorbereitet. Erste Strafmaßnahmen waren bereits im September verhängt worden. Sie trafen Unternehmen aus der Türkei, Jordanien und Kasachstan, die am Transport von Kriegsmaterial beteiligt gewesen sein sollen.

Ob der Frachter „Roseline A“ am Sonntag tatsächlich Waffen oder andere verbotene Güter an Bord hatte, ist indes bis heute unklar. Die Bundeswehr musste die Durchsuchung des Schiffes am Sonntag vorzeitig abbrechen, weil die Türkei als Flaggenstaat offiziell Protest gegen den Einsatz einlegte. Eine Durchsuchung von Schiffen gegen den Widerstand der Besatzung und des Flaggenstaates ist bei Irini derzeit nicht möglich. Dies liegt unter anderem daran, dass bislang nicht die notwendigen Spezialkräfte für solch gefährliche Einsätze zur Verfügung stehen.

Türkei: Schiff hatte Hilfsgüter an Bord

Nach Angaben des türkischen Außenministeriums hatte das Schiff Farbmaterial und Hilfsgüter geladen. Dies wird jedoch angezweifelt. „Die türkische Regierung muss die Frage beantworten, weshalb sie sich gegen eine Überprüfung des Frachters stemmt, wenn dieser angeblich nicht für den Schmuggel von Drohnen und anderem Kriegsgerät genutzt wird“, sagte der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko der dpa. Das Gepolter aus Ankara lasse nur den Schluss zu, dass dort etwas verborgen werden solle.

Bei dem der dpa vorliegenden Geheimdokument handelt es sich um die erste Sechs-Monats-Bilanz zu dem EU-Einsatz. Darin wird auch darauf hingewiesen, dass die teilnehmenden EU-Staaten von April bis Ende September die Operation nicht im geplanten Maße unterstützt hätten. So habe die Zahl der verfügbaren Schiffe stets unter den Mindestanforderungen gelegen. Hinzu kam, dass das italienische Flaggschiff „ITS Margottini“ am 26. September nach rund 80 Corona-Fällen an Bord früher als geplant ganz aus dem Einsatz genommen werden musste.

Die Operation Irini war Ende März beschlossen worden. Ziele des Einsatzes sind die Stabilisierung des nordafrikanischen Bürgerkriegslandes Libyen sowie die Unterstützung des UN-geführten politischen Friedensprozesses. Neben Waffenschmuggel soll der Einsatz auch Öl- und Kraftstoffschmuggel verhindern. Deutschland beteiligt sich seit dem Sommer mit der Fregatte „Hamburg“ an dem Einsatz. An Bord sind rund 230 Soldatinnen und Soldaten.

dpa

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