Ein Brückenbauer des Glaubens: Zum Tod von Papst Franziskus

21.04.2025, Istanbul: Menschen stehen neben einem Foto von Papst Franziskus in der katholischen Kirche St. Antonius in Istanbul. Das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche starb laut Vatikan am Ostermontag im Alter von 88 Jahren. Foto: Khalil Hamra/AP/dpa
Mit tiefer Trauer reagiert Ercan Karakoyun, Vorsitzender der Stiftung Dialog und Bildung, auf das Ableben von Papst Franziskus. Der Pontifex war für ihn eine Symbolfigur des Dialogs, der Empathie und der interreligiösen Verständigung – Werte, die auch die Hizmet-Bewegung teilt.
Mit großem Bedauern und Trauer habe ich am Ostermontag die Nachricht vom Ableben des Oberhaupts der Katholischen Kirche, Papst Franziskus, zur Kenntnis genommen. Zwar kam die Nachricht angesichts des bereits zuvor angeschlagenen Gesundheitszustandes des Papstes nicht völlig überraschend. Dennoch war der Zeitpunkt unerwartet, hatte er doch noch am Tag zuvor den traditionellen Ostersegen gespendet und US-Vizepräsident JD Vance im Vatikan empfangen.
In vielerlei Hinsicht ein ungewöhnliches Pontifikat
Als der frühere Kardinal Jorge Bergoglio am Abend des 12. März 2013 zum 266. Bischof von Rom gewählt wurde, war dies in mehrfacher Hinsicht ein Novum. Zum ersten Mal seit fast 800 Jahren hatte sein Vorgänger Benedikt XVI. sein Amt freiwillig zurückgelegt. Und zum ersten Mal überhaupt wurde ein gebürtiger Nichteuropäer zum Papst gewählt.
Dies machte sich durchaus auch im Laufe des Pontifikats von Papst Franziskus bemerkbar. Im Vergleich zu seinem unmittelbaren Vorgänger war sein Blick auf die Welt deutlich weniger eurozentrisch. Auch war sein Auftreten sehr unprätentiös – worin er sich von vielen Päpsten der Vergangenheit unterschied.
Papst Franziskus hat auch thematisch vielfach andere Akzente gesetzt als seine Vorgänger. Dazu gehörten der Kampf gegen die Armut, der Einsatz für den Frieden und die Überwindung von Spaltungen, das Eintreten für einen empathischen Umgang mit Geflüchteten.
„Kultur des gegenseitigen Respekts“: Wie Papst Franziskus zum Islam stand
Mit Blick auf den Islam hat sich Papst Franziskus konsequent für Dialog, Geschwisterlichkeit und wechselseitigen Respekt starkgemacht. Damit knüpfte er eher an das Pontifikat von Papst Johannes Paul II. an, der am 9. Februar 1998 Fethullah Gülen empfing, als an Benedikt XVI., dessen „Regensburger Rede“ vom 12. September 2006 die christlich-islamischen Beziehungen belastete.
Ein Meilenstein der Amtszeit von Papst Franziskus war das 2019 in Abu Dhabi unterzeichnete Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen. Dieses war eine gemeinsame Erklärung des Pontifex mit dem Großimam der Al-Azhar-Universität, Ahmad al-Tayyeb. Sie gilt als eines der bedeutendsten interreligiösen Erklärungen unserer Zeit.
In dem Dokument verurteilen beide Geistliche Fanatismus, Extremismus und Gewalt im Namen Gottes. Zugleich betonen sie, dass der Glaube dazu führt, dass man den anderen als Bruder begreift, dem man helfen und den man lieben muss. Daraus solle eine „Kultur des gegenseitigen Respekts“ wachsen.
Franziskus unterstrich auch bei zahlreichen Gelegenheiten, dass Christen und Muslime viele zentrale Werte und Glaubenspraktiken teilen. Diese reichen vom Monotheismus über das Gebet, das Fasten oder die Pilgerfahrt bis zur Bedeutung von Mitgefühl, der Wichtigkeit des Teilens und der Sorge um die Armen und Benachteiligten.
Papst Franziskus unterstrich zudem die Wichtigkeit des Rechts auf Religionsfreiheit und die Pflicht zum respektvollen Dialog. Christen, Juden und Muslime verehren den einen Gott, machte das verstorbene Oberhaupt der Katholischen Kirche deutlich. Er betonte auch die Rolle Abrahams als des gemeinsamen Vaters im Glauben. Der Dialog, so Franziskus, müsse sich auf Respekt, Anerkennung der Würde und Rechte jedes Menschen und den Einsatz für den sozialen Frieden gründen.
Gülen-Bewegung hat den Dialog mit der Kirche intensiviert
Dies war auch immer der Ansatz von Fethullah Gülen und der von seinem Vorbild und seinen Lehren inspirierten Gülen-Bewegung, die sich selbst als Hizmet bezeichnet. Mit der Audienz bei Papst Johannes Paul II. endete der Dialog zwischen Hizmet und den katholischen Gemeinschaften nicht. Vor der Zeit seines Exils in den USA hatte Gülen in der Türkei regelmäßig den Dialog zwischen den religiösen Führern der unterschiedlichen Gemeinschaften aktiv vorangebracht.
Auf seine Initiative hin kamen unter anderem der ökumenische Patriarch von Fener, der Patriarch der Assyrischen Kirche des Ostens sowie Vertreter der jüdischen und armenischen Gemeinden zum interreligiösen Austausch.
In Deutschland, Europa und auf weiteren Kontinenten hat Hizmet seine Bemühungen um den interreligiösen Dialog seit den 2000er Jahren ausgebaut. In Deutschland kommt dabei der Stiftung Dialog und Bildung sowie den regional organisierten Dialogvereine eine zentrale Bedeutung zu. Der Austausch mit den christlichen und jüdischen Gemeinden dient nicht nur religiösen Belangen.
Erbe von Papst Franziskus ruft Respekt und Zuversicht hervor
Gemeinsam bemühen sich die glaubensbasierten Initiativen um eine Stärkung des Gemeinsinns, der Empathie und des sozialen Bewusstseins sowie der Demokratie und Pluralität im Land.
Das ist auch ganz im Sinne des nun verstorbenen Papstes Franziskus. Als Vorsitzender der Stiftung Dialog und Bildung, die Ansprechpartnerin der Hizmet-Bewegung in Deutschland ist, verneige ich mich in Respekt und Dankbarkeit vor seinem Lebenswerk. Außerdem möchte ich im Namen von Hizmet meiner Zuversicht Ausdruck verleihen, dass die Katholische Kirche den interreligiösen Dialog als zentrales Element des Erbes von Papst Franziskus weiterpflegen wird.