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Corona

Gebetsruf erstmals direkt vom Minarett − demnächst auch den Balkonen?

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Der Islam spielt in den Wahlprogrammen der deutschen Parteien eine wichtige Rolle.
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Das Coronavirus hat Deutschland und viele andere Länder weltweit im Griff. Das hat nicht nur Auswirkungen auf den Alltag und das Arbeitsleben, sondern auch auf Gotteshäuser. Da Versammlungen in größeren Menschengruppen untersagt sind und seit gestern für mindestens zwei Wochen auch ein Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Menschen eingehalten werden muss, können Gläubige nicht in Moscheen, Kirchen, Synagogen und Tempeln zusammenkommen.

Aus muslimischer Sicht hat das insbesondere für das Freitagsgebet Folgen. Denn unter normalen Umständen ist es für jeden männlichen, erwachsenen Muslim jeden Freitag zur Mittagszeit Pflicht, in die Moschee zu gehen. Um den Kampf gegen das Virus zu unterstützen, haben inzwischen alle muslimischen Verbände in Deutschland sowohl das Freitagsgebet als auch alle anderen täglichen Gebete für eine unbestimmte Zeit ausgesetzt. Auch in vielen mehrheitlich von Muslimen bewohnten Ländern wie der Türkei gilt diese Regelung seit Mitte März. Stattdessen kann das Gebet zuhause verrichtet werden.

Kirchenglocken und islamischer Gebetsruf Hand in Hand

Um in dieser schwierigen Zeit ein öffentliches Zeichen zu setzen, haben sich viele Kirchen in Deutschland in den Abendstunden vorgenommen, die Kirchenglocken läuten zu lassen. Damit sollen nicht nur die Gläubigen ermuntert, sondern auch an die zahlreichen Helden in den Krankenhäusern, Apotheken, Supermärkten, Alten- und Pflegeheimen erinnert werden, die in diesen Wochen über ihre Grenzen hinaus gehen, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen und die Versorgung aufrechtzuerhalten.

Auch in Duisburg lassen die Kirchen ab 19 Uhr für einige Minuten ihre Glocken läuten. Doch seit vergangenen Freitag erhebt sich inmitten des Glockengeläuts eine starke Stimme, nämlich jene des Muezzins, der vom Minarett der Zentralmoschee in Duisburg-Marxloh aus symbolisch zum Abendgebet ruft. Ein Novum und historischer Moment, denn bisher war der Gebetsruf in Duisburg im Innenhof der Moschee und im unmittelbaren Umkreis zwar täglich zu hören, doch eben „nur“ über die Lautsprecheranlage.

Die Vorsitzende des DITIB NRW-Landesverbands, Hülya Ceylan, die u.a. auch für die Pressearbeit in der Duisburger Zentralmoschee (türkisch: Merkez Camii) verantwortlich ist, erklärte, dass die Idee von der benachbarten Kirchengemeinde stamme. Der Gebetsruf komme bei den Duisburger Muslimen sehr gut an und sei in dieser schweren Phase „Balsam für die Seelen“. Ob er auch nach der Coronakrise, wann auch immer das sein wird, direkt vom Minarett der Moschee zu hören sein wird? „Das ist derzeit schwer zu sagen“, so Ceylan, die die Disziplin der Duisburger Muslime lobte, die sich bislang vorbildlich an die Anweisungen gehalten hätten und dem Freitagsgebet ferngeblieben seien. In der Türkei hatte es vergangene Woche diesbezüglich Probleme gegeben.

Spanische Muslime wollen noch einen Schritt weitergehen

Dass vom Minarett zum Gebet gerufen wird, ist heutzutage dank der vielfältigen technischen Möglichkeiten ohnehin eher ungewöhnlich, selbst in muslimischen Ländern. Doch dass die deutschen Behörden das jetzt erlaubt hätten, sei ein tolles Zeichen der Solidarität und des Zusammenhalts. Inzwischen hat die Duisburger Aktion auch in anderen Städten wie Hannover und Amsterdam Nachahmer gefunden.

In Spanien wollen die Muslime noch einen Schritt weitergehen. Dort entstand, wohl in Anlehnung an die von ihren Balkonen singenden Italiener, die Idee, dass jeden Freitagabend von den Balkonen der Muslime der islamische Gebetsruf ertönen soll, um die Arbeit aller im Kampf gegen das Virus beschäftigten Menschen zu würdigen. Schließlich betreffe die Auseinandersetzung mit der Pandemie alle und kenne weder „Flagge, noch Religion oder Kultur“, teilten die muslimischen Gemeinden in Spanien in einer gemeinsamen Erklärung mit. Bereits in den vergangenen Tagen waren in den sozialen Netzwerken Videos aufgetaucht, die Muslime zeigten, wie sie auf ihren Balkonen den Gebetsruf rezitieren. Nun scheint die Aktion also koordiniert zu werden und sich auf den Freitag zu konzentrieren.

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