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Politik

Merkel erneut in der Türkei: Der Kanzlerin stehen heikle Gespräche mit Erdoğan bevor

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Die Kanzlerin will sich am Montag mit dem türkischen Präsidenten Erdoğan treffen. Ob Merkel ein klares Ja zum Flüchtlingspakt bekommt, ist offen. Auch der Zustand der Demokratie in der Türkei solle eine große Rolle spielen. Das Gespräch könnte heikel werden.

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Bundeslanzlerin Angela Merkel und der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan
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Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will am Montag im Rahmen ihrer Reise zum UN-Gipfel in Istanbul auch mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan über die Flüchtlingskrise und die Folgen der Immunitätsaufhebung sprechen.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Deutschland messe der Presse- und Meinungsfreiheit eine zentrale Rolle in jeder lebendigen Demokratie bei. Für die innere Stabilität sei von Bedeutung, dass die wichtigen gesellschaftlichen Gruppen im Parlament vertreten seien.

Vor dem Hintergrund des Streits über Visa-Erleichterungen für Türken betonte Seibert, die EU und Deutschland stünden zu den Verpflichtungen. Dies werde auch von der Türkei erwartet. Erdoğan lehnt eine von der EU als Bedingung verlangte Änderung der türkischen Terrorgesetze strikt ab.

Das türkische Parlament hatte die Aufhebung der Immunität eines Teils der Abgeordneten am Freitag mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen. Der Schritt richtet sich nach Einschätzung fast aller politischer Beobachter vor allem gegen die Fraktion der prokurdischen HDP. Die HDP befürchtet die Festnahme von Abgeordneten, gegen die vor allem Terrorvorwürfe erhoben werden.

Merkel trifft sich mit Erdoğan am Rande des UN-Nothilfegipfels in Istanbul, bei dem sie auch eine Rede halten wird. Bei dem Gespräch dürfte der Streit um das maßgeblich von der Kanzlerin ausgehandelte Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei eine zentrale Rolle spielen. Am Sonntagabend will die Kanzlerin nach ihrem Eintreffen in Istanbul mit Vertretern der türkischen Zivilgesellschaft sprechen. Ob darunter auch Mitglieder der prokurdischen HDP sein werden, ließ Seibert offen.

Kritiker werfen Merkel vor, sich mit dem Flüchtlingsabkommen in eine zu starke Abhängigkeit von der Türkei und Erdoğan begeben zu haben und sich deswegen mit klaren Worten zurückzuhalten.

Weber: „Lebenslüge“ in den Beziehungen zu Ankara

Zu möglichen Auswirkungen der Vorgänge in der Türkei auf die Verhandlungen über eine EU-Mitgliedschaft des Landes sagte der Regierungssprecher, die Entwicklungen würfen Fragen auf. Die Bundesregierung werde die für sie wichtigen Fragen etwa zur Meinungs- und Pressefreiheit sowie zu den demokratischen Strukturen des Landes in diesen Verhandlungen ansprechen. Da die Verhandlungen ergebnisoffen von der EU geführt würden, sei es zudem an allen EU-Mitgliedern zu reagieren.

Der Fraktionschef der europäischen Konservativen, der CSU-Politiker Manfred Weber, hatte zuvor gefordert, eine „Lebenslüge“ in der Partnerschaft zu Ankara zu beenden und die Beitrittsverhandlungen einzustellen. Künftig solle man pragmatisch bei jenen Themen zusammenarbeiten, „wo wir gemeinsame Aufgaben auf dem Tisch haben“.

SPD-Generalsekretärin Katarina Barley kritisierte die Entscheidung zum Immunitätsentzug als schweren Rückschlag für die Demokratie. „Europa darf zu diesen Entwicklungen nicht schweigen, auch wenn wir mit der Türkei an anderer Stelle zusammenarbeiten. Das ist eine Frage von Haltung und Glaubwürdigkeit“, sagte sie der dpa.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt erklärte, die Mehrheit des türkischen Parlaments habe selber die Grundlagen der Demokratie ausgehöhlt. Die Bundesregierung und die anderen EU-Staaten müssten nun beraten, mit welchen Mitteln sie eine Redemokratisierung der Türkei unterstützen könnten. (dpa/ dtj)