Wirtschaft

Türkei setzt weiter auf Gold – Vertrauen in Lira bleibt schwach

  • Mai 9, 2025
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Türkei setzt weiter auf Gold – Vertrauen in Lira bleibt schwach

Weltweit flüchten Anleger in Gold – auch Staaten wie die Türkei setzen verstärkt auf das begehrte Edelmetall. Ankara hat seine Goldreserven in den vergangenen Jahren massiv erhöht, um sich von westlichen Finanzstrukturen unabhängiger zu machen. Doch trotz des strategischen Aufbaus bleibt das Vertrauen in die Lira gering – und wirtschaftliche Risiken bestehen fort.

Die anhaltenden wirtschaftlichen Unsicherheiten lassen weltweit Anleger in Gold flüchten. Auch vor Staaten macht der Trend nicht halt. Das Edelmetall gilt in Krisenzeiten als sicherer Hafen. Entsprechend kannte der Preis in den vergangenen Jahren nur eine Richtung – nämlich nach oben. Notierte die Feinunze zum Ende des Jahres 2016 noch bei knapp unter 1.000 Euro, lag der Preis am 7. Mai nur noch knapp unter 3.000.

Dem World Gold Council (WGC) zufolge haben die USA allein seit Dezember 2024 mehr als 20 Millionen Unzen oder mehr als 600 Tonnen Gold ins Land geholt. Sie kaufen vor allem in afrikanischen Staaten, aber auch in Kanada, Mexiko, der Schweiz und Australien Bestände auf. Handelsanalysten schließen eine Knappheit und damit noch stärkere Preissteigerungen für die Zukunft nicht aus. Weltweit verfügten im Vorjahr die USA mit 8.133 Tonnen über die größten Goldreserven – vor Deutschland mit 3.352.

Türkei baut Goldbestände als Schutzschild aus

Die Türkei hatte vor allem im Jahr 2018 für Aufsehen gesorgt, als ihr Präsident Recep Tayyip Erdoğan anordnete, 19 Tonnen Gold aus den Tresoren der US-Notenbank abzuziehen. Stattdessen sollten diese in der Schweiz und in England gelagert werden. Insgesamt soll Ankara bis zu 28,6 Tonnen Gold aus Fort Knox transferiert haben.

Seit jener Zeit sind die Goldreserven der Türkei noch weiter angewachsen. Im Jahr 2018 sollen sich die Bestände auf rund 560 Tonnen summiert haben. Für das erste Quartal 2025 meldete die Zentralbank einen Stand von etwa 624 Tonnen. Damit haben sich die Reserven im Vergleich zu Mitte der 2010er Jahre mehr als verfünffacht.

Die „Hürriyet“ spricht sogar von bis zu 768 Tonnen. Allerdings zählt sie dabei offenbar die Bestände mit, die private Geschäftsbanken als Sicherheiten bei der Zentralbank hinterlegt haben. Die Annahme, dass sich im Krisenfall bei Bedarf auch der Staat das Recht vorbehalten würde, auf diese zuzugreifen, erscheint im Bereich des Möglichen.

Erdoğan will Signal an die Welt senden: Gold als Waffe gegen Abhängigkeit

Der Wert der vom Staat gehaltenen türkischen Goldreserven lag Angaben der türkischen Zentralbank (TCMB) im Februar 2025 bei 70,66 Milliarden US-Dollar. Dies entspricht einem Plus von drei Prozent gegenüber dem Monat zuvor. Der Anteil von Gold an den gesamten Währungsreserven liegt bei 40 bis 43 Prozent.

Noch im Vorjahr gehörte die Türkei zu den aktiven Goldkäufern. Im ersten Halbjahr 2024 war das Land weltweit sogar der größte Nachfrager und erwarb in diesem Zeitraum rund 44,7 Tonnen Gold. Insgesamt hat die Türkei mittlerweile die Top 10 der weltgrößten Goldreservenbesitzer erreicht.

Der massive Aufbau von Goldreserven soll ein Signal der Stabilität an die Welt senden. Die Führung in Ankara will sich gegen wirtschaftliche und geopolitische Unsicherheiten wappnen und ihre Abhängigkeit von westlichen Finanzstrukturen, unter anderem dem US-Dollar, verringern. Zudem hofft man auf eine Stabilisierung der eigenen Währung, die nach wie vor chronisch schwächelt.

Lira weiter massiv auf Talfahrt

Der massive Aufbau von Goldreserven hat bislang das Vertrauen in die türkische Lira vonseiten der internationalen Finanzmärkte nicht entscheidend steigern können. Seit 2006 kennt der Kurs der Lira gegenüber dem Euro nur eine Richtung – steil abwärts. Und auch gegenüber dem US-Dollar stellt sich die Lage nicht wesentlich anders dar.

Ein hoher Goldbestand mag zwar Stabilität signalisieren. Dennoch sagt er wenig über die Liquidität und Flexibilität der türkischen Währungsreserven aus, und der starke Goldankauf schadet zumindest kurzfristig auch der Handelsbilanz. Da andere Länder ähnlich agieren, kann der Trend zum Gold sogar das internationale Zahlungsbilanzgefüge beeinträchtigen.

Zuletzt hat die Führung in Ankara Importbeschränkungen für Gold eingeführt, um die Handelsbilanz zu entlasten und der Abwertung der Lira gegenzusteuern. Ohne eine Erledigung dringend anstehender wirtschaftspolitischer Hausaufgaben – wie einer weiteren Bekämpfung der immer noch erheblichen Inflation – bleibt das Vertrauen in die finanzpolitische Stabilität der Türkei überschaubar.

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