„Çıkın çıkın gelin!“ – Wie ein Türke Arbeitskräfte nach Deutschland lockt

Der ehemalige Journalist Yüksel Evsen, bekannt als Ben Yüksel, ist ein Star in den sozialen Medien – nicht wegen Tanzvideos oder Comedy, sondern weil er türkischen Berufskraftfahrern oder Ärzten den Weg nach Deutschland zeigt. 700.000 Menschen folgen ihm. Für manche ist er Hoffnungsträger, für andere ein Verräter.
Deutschland erlebt eine neue Welle türkischer Arbeitsmigration. Anders als in den 1960er-Jahren, als das sogenannte Gastarbeiterabkommen vor allem geringqualifizierte Arbeitskräfte aus ländlichen Regionen in die Bundesrepublik brachte, handelt es sich heute häufig um gezielte Zuwanderung von Fachpersonal – etwa Berufskraftfahrern oder medizinischem Personal. Der 51-jährige Yüksel Evsen, der unter dem Namen Ben Yüksel („Ich, Yüksel“) bekannt ist, hilft ihnen als sogenannter Migrationsberater.
Yüksel betreibt auf Plattformen wie Instagram, TikTok und YouTube reichweitenstarke Kanäle, auf denen er Informationen zur legalen Arbeitsmigration nach Deutschland postet. Seine Inhalte richten sich gezielt an türkische Arbeitskräfte. Er erklärt Einwanderungsverfahren, präsentiert Erfolgsgeschichten und vermittelt ein positives Bild vom Leben und Arbeiten in Deutschland, wie die Zeit berichtet.
Paragraf 24a als Einfallstor
Nach eigenen Angaben hat Yüksel als Journalist, Buchautor und Fernsehmacher in der Türkei gearbeitet, bevor er sich auf das Thema Migration spezialisierte. Heute folgen ihm rund 700.000 Menschen auf Instagram, rund eine halbe Million auf TikTok und 240.000 auf YouTube. Für eine persönliche Einwanderungsberatung verlangt er 450 Euro.
Ein zentrales Thema in Yüksels Kommunikation ist der § 24a der deutschen Beschäftigungsverordnung. Dieser erleichtert Berufskraftfahrern aus Drittstaaten die Einreise zur Arbeitsaufnahme. Yüksel stellt diesen Weg als unkompliziert dar und zeigt immer wieder Menschen, die mithilfe seiner Hinweise nach Deutschland gekommen sind.
Kritik in der Türkei
Während viele seiner Follower Yüksel als Unterstützer sehen, wächst in der Türkei die öffentliche Kritik. In regierungsnahen und nationalistischen Medien wird ihm vorgeworfen, aus der Abwanderung qualifizierter Landsleute Profit zu schlagen. Die Boulevardzeitung Takvim bezeichnete ihn als „Schmuggler“, der oppositionelle Sender Sözcü TV als „Hoffnungshändler“, der mit den Träumen anderer Geschäfte mache.
Auch in sozialen Netzwerken kursieren Vorwürfe. Yüksel verschweige die Schwierigkeiten des Lebens in Deutschland, so der Tenor, und nutze Menschen in prekären Situationen aus. Er selbst weist diese Vorwürfe zurück und betont, ausschließlich auf legalem Weg zu beraten und zu vermitteln. Die Nachfrage nach seiner Unterstützung sei ein Ausdruck realer Probleme in der Türkei.
Abwanderung als Politikum
Die Debatte um Yüksel berührt zentrale Fragen türkischer Innenpolitik. Die wirtschaftliche Lage, hohe Inflation, politische Repression und Perspektivlosigkeit treiben viele gut ausgebildete Menschen ins Ausland. Dass daraus ein Beratungsmarkt entstehen konnte, in dem Migration als Dienstleistung organisiert wird, ist Ausdruck eines strukturellen Problems.
Gleichzeitig zeigt der Fall Yüksel, wie stark soziale Medien inzwischen Migrationsentscheidungen beeinflussen. Was früher über persönliche Netzwerke, Dolmetscher und Behörden lief, geschieht heute per Smartphone – begleitet von Likes, Kommentaren und algorithmisch verstärkter Sichtbarkeit.