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Wirtschaft

Downshifting: Weniger ist oft mehr

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Waren früher Arbeitswelt und private Interessen des Beschäftigten oft getrennt wie Kirche und Staat, versuchen Downshifter diese Logik des Entweder-Oder zu durchbrechen. Und nicht selten profitieren davon alle Beteiligten. (Foto: dpa)

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Türkische Wirtschaft: Die wirtschaftliche Stagnation in der Türkei hat auch die Erwerbstätigen getroffen. Laut TÜİK ist die Arbeitslosigkeit neben der saisonalen Einwirkungen im Monat Mai um 9,5 Prozent gestiegen.
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Gerade in Deutschland erwarten Unternehmen von ihren Mitarbeitern höchste Flexibilität und definieren Leistung noch immer über Präsenzzeiten. Sich von materiellen Werten befreien, mehr Zeit für sich und die Familie haben oder im Job kürzer treten — alle diese Aspekte stehen für das Gegenstück dazu, das sogenannte Downshifting.

Seit einigen Jahren taucht in den Medien immer häufiger der Begriff des Downshiftings auf, wenn es darum geht, dass Menschen in ihrem Beruf kürzertreten oder runterschalten wollen.

Das sogenannte Downshifting, wörtlich übersetzt „Runterschalten“, wird schnell missverstanden als ein Arbeitsmodell, bei dem man grundsätzlich weniger arbeitet. Doch hinter dem Konzept steckt vielmehr eine Entscheidung zur beruflichen Veränderung.

Aufstehen, arbeiten, auf dem Weg nach Hause noch schnell am Imbiss um die Ecke anhalten, nach dem Essen Zuhause weiterarbeiten, schlafen. So sieht der Alltag vieler berufstätiger Menschen aus. Zwischendurch noch schnell einkaufen und die wenige Freizeit möglichst effektiv nutzen und verplanen.

Selbstverwirklichung wurde lange Zeit vor allem mit Künstlern und Intellektuellen in Verbindung gebracht. Deren Tun – nie so recht greifbar und manchmal brotlos – schien mit der Realwirtschaft wenig gemein zu haben. Wer hingegen Karriere machen wollte, der suchte nicht nach dem Sinn des Lebens – er strebte nach Macht und Geld. Und er war bereit, Opfer zu bringen. Disziplin, harte Arbeit und Verzicht auf Privatleben waren Teil des Geschäfts.

Heute ist auch in der Arbeitswelt Sinnstiftung gefragt

Die Folgen sind oft nicht zu verharmlosen: Schnelllebigkeit, Massenkonsum und die zunehmende Diagnose von psychischen Störungen sind bereits allseits bekannte gesellschaftliche Phänomene. Möglicherweise werden sie durch Medien, Pharmaindustrie und Wirtschaft zusätzlich verstärkt. Ein Burnout ist ein Grund von vielen, warum sich Menschen entschließen, etwas zu verändern.

Karriereorientierung gibt es immer noch. Allerdings haben sich die Gewichte verschoben. Gerade junge, gut ausgebildete Menschen wollen Beruf und Privatleben vereinbaren können. Sie suchen nach einer sinnstiftenden Tätigkeit, bemühen sich um Nachhaltigkeit und sind bereit, für persönliche Freiheit Kompromisse einzugehen. Downshifting nennt sich das Phänomen.

Dieser Lebensstil versteht sich als Alternative zum verbreitet konsumorientierten Ansatz. Im Grunde bezeichnet Downshifting einen gesellschaftlichen Trend: Weniger ist mehr.

Egal, ob man die Arbeit kündigt und sich auf eine Teilzeitstelle bewirbt oder gleich in die Karibik auswandert: Jeder Schritt, in einem bestimmten Lebensbereich kürzer zu treten, kann bereits als Downshifting bezeichnet werden.

Öffentlicher Dienst ist im Vorteil

Es geht darum, eine bewusste Entscheidung zu treffen, die bisherigen Prioritäten im Alltag anders zu setzen. Den Fokus mehr auf die innere Zufriedenheit und auf das Genießen des Lebens zu legen als auf Materialismus. Einen Sinn im Leben zu finden, abseits von Geld und Karriere.

In Wirtschaftsunternehmen herrscht in Bezug auf die sogenannten Downshifter oft noch Nachholbedarf. Tendenziell ist es im öffentlichen Dienst einfacher, die Arbeitszeit zu reduzieren, als in der Privatwirtschaft.

Dass flexible Arbeitszeiten für Mitarbeiter und Unternehmen positiv sein können, zeigt der Blick nach Skandinavien. Heute gestalten mehr als die Hälfte der Beschäftigten in Schweden ihre Arbeitszeit flexibel. Davon profitieren auch die Unternehmen. Die Produktivität der Mitarbeiter hat sich durch den höheren Grad an Selbstbestimmung nämlich erhöht.