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Politik

Demonstrationen gegen Israel – und jetzt?

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Während die israelische Armee ihre unverhältnismäßige Offensive in Gaza ausweitet, haben in zahlreichen Städten Europas Solidaritätskundgebungen für die Palästinenser stattgefunden. Dabei kam es auch zu erschreckenden verbalen Übergriffen. (Foto: dpa)

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Spätestens seit den letzten Europawahlen musste man feststellen, dass es in verschiedenen europäischen Ländern eine erhebliche Rechtsverschiebung bei den Wahlergebnissen gab. Der Israel-Gaza-Konflikt verhärtet nun auch die Fronten in Europa.

In vielen Städten fanden am Wochenende Demonstrationen zur Unterstützung Gazas statt. Im Nachhinein muss man leider feststellen, dass die Demonstrationen nicht das Geplante erreichen. Der Krieg gegen Gaza geht weiter und die Hoffnung auf Versöhnung schwindet immer mehr.

Gewalttätige Ausschreitungen in Paris

Auch in Paris kam es am 19. Juli zu einer Demonstration, obwohl diese im Vorfeld durch ein Verbot verhindert werden sollte. Alle übrigen Demonstrationen in Frankreich wurden zum Unverständnis der Demonstranten erlaubt. Als Grund wurde von der Justiz das Verhindern von Ausschreitungen genannt. Ziel war es, Kämpfe zwischen den politischen Antagonisten in Frankreich zu unterbinden.

Wie sich dann nachmittags herausstellte, ist die Rechnung nicht aufgegangen, denn die Palästina-Sympathisanten sahen sich in ihrem durch die Konstitution festgelegten Versammlungs- und Demonstrationsrecht beschnitten, zumal die Demonstration als eine friedliche geplant war und nicht vor jüdischen Einrichtungen stattfinden sollte. Folglich wurde die Wut der Demonstranten auf die Regierung und die israelische Gaza-Politik noch größer und das Verbot diente leider der Wut als Katalysator und – nicht wie geplant – als Bremse.

Doch genau dies hätte die französische Regierung erkennen müssen, denn aus der französischen Geschichte wissen wir, dass jegliche Versuche der Politik, Aufstände und Demonstrationen zu unterbinden, genau zum Gegenteil führten. Als berühmtestes Beispiel dient die Französische Revolution, die erst durch das Heranziehen der Königlichen Truppen vor Paris provoziert wurde.

Als sich gegen 14 Uhr die ersten Demonstranten in dem Pariser Stadtviertel Barbès versammelten, war die Situation noch sehr überschaubar und friedlich. Als sich gegen 15 Uhr schließlich an die 2000 Demonstranten versammelten hatten und die Polizei versuchte, die Demonstration aufzulösen, eskalierte jedoch die Situation. Steine und Flaschen wurden geworfen, die mit Tränengas und Knallgeschossen erwidert wurden.

Die Fronten verhärten sich

Die übrigen Demonstrationen in den europäischen Städten verliefen friedlich, allerdings gab es bisweilen heftige Kritik von Persönlichkeiten aus Politik und öffentlichem Leben über teils sehr aggressive und nicht selten antisemitische Stimmungsmache am Rande derselben. Teilnehmer an einer Demonstration in Berlin sollen Parolen wie „Juden ins Gas“ skandiert haben. Ein Sheik soll im Rahmen des Freitagsgebets in der Berliner Al-Nur-Moschee „zionistische Juden“ als „Schlächter der Propheten“ bezeichnet und für deren vollständige Vernichtung gebetet haben. Ein Ehepaar aus Jerusalem, das zufällig den Weg der rund 800 pro-palästinensischen Aktivisten kreuzte, wurde von den Demonstranten massiv beschimpft und bedroht.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Dieter Graumann, äußerte sich im Rahmen einer Kundgebung in Frankfurt/Main zu den israelfeindlichen Demonstrationen in Deutschland: „In diesen Tagen schlägt uns auf deutschen Straßen eine schockierende Explosion an Hass und Hetze entgegen. Das werden wir nicht hinnehmen.“

Der Vorsitzende des Jüdischen Studentenverbandes in Frankreich, Sacha Reingewirtz, äußerte sich in der Jüdischen Allgemeinen über die Situation in Frankreich: „Viele Juden fühlen sich bedroht. Seit einiger Zeit haben antisemitische Vorfälle in Frankreich zugenommen. Die Attentate von Toulouse, der Anschlag in Brüssel – verübt von einem muslimischen Franzosen –, all das beunruhigt die jüdische Gemeinschaft sehr. Das bleibt nicht ohne Wirkung.“

Wasser auf die Mühlen der Rechtsextremen

In Summe führen die Demonstrationen peu à peu zu einer Stigmatisierung der Muslime und Juden. Am Ende haben wir einen wachsenden antimuslimischen und antisemitischen Rassismus. Zum Leid der in Europa friedlich lebenden Muslime und Juden. Im Falle Frankreichs macht sich dies vor allem in der immer stärker werdenden Anti-Maghrebiner-Haltung deutlich. Die eskalierenden Demonstrationen sind für rechtsradikale Rassisten ein gefundenes Fressen, um ihre „Ausländer-raus-Parolen“ zu untermauern.

Genau aus diesem Grund müssen sich die europäischen Muslime von solchen Demonstrationen fernhalten, denn wenn eine Randgruppe der Demonstranten anfängt Flaggen zu verbrennen, verbreitet sich das Bild des „antisemitischen Muslims“ immer mehr im Gedächtnis des nichtmuslimischen Kollektivs was zur Folge hat, dass die Anzahl der rechtsradikalen und „identitären“ Gruppen sich in Europa stetig vermehrt.

Am Ende kann man nur hoffen, dass die Menschheit aus der Geschichte lernt, denn Hass erzeugt nur Hass – bis die letzte Option „Gewalt“ erscheint. Wichtig ist, dass die Politik den Dialog und die Aufklärung weiter vorantreibt, damit Rassismus, Hass und Gewalt nicht erneut das Zentrum von Europa fesseln.