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Brasilien: Geschäftsmann Mustafa Göktepe festgenommen – Türkei fordert Auslieferung

  • Mai 5, 2025
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Brasilien: Geschäftsmann Mustafa Göktepe festgenommen – Türkei fordert Auslieferung

In São Paulo ist der Geschäftsmann Mustafa Göktepe aufgrund eines Auslieferungsantrags der Türkei festgenommen worden. Ankara wirft ihm sein Engagement in der Gülen-Bewegung vor. Göktepe ist seit 2012 brasilianischer Staatsangehöriger.

Am Mittwoch ist der 47-jährige türkische Geschäftsmann Mustafa Göktepe in São Paulo festgenommen worden. Dies berichtete die Zeitung „Folha de São Paulo“. Angeordnet hatte den Schritt der Richter des Obersten Gerichtshofs (STF), Flávio Dino. Die Türkei fordert die Auslieferung Göktepes. Die Anhaltung ist vorläufig und soll aufrecht bleiben, bis das Gericht über den Antrag selbst entschieden hat.

Göktepe lebt seit knapp zwei Jahrzehnten in Brasilien. Er ist mit einer Brasilianerin verheiratet, hat zwei in Brasilien geborene Töchter im Alter von 8 und 13 Jahren, und betreibt dort eine türkische Restaurantkette. Der Unternehmer ist auch der Vorsitzende des Instituto Pelo Dialogo Intercultural, einer brasilianischen Vereinigung, die sich für den interkulturellen Dialog einsetzt.

Türkei versucht es gegen Göktepe mit dem Vorwurf der „kriminellen Organisation“

Wie der Richter in seiner Entscheidung vermerkt, wirft die Türkei Göktepe vor, Mitglied einer „kriminellen Organisation“ zu sein. Die Rede ist nicht von „Terrorismus“ – was mit hoher Wahrscheinlichkeit ein taktischer Schachzug sein dürfte. Denn bereits zweimal hatte die Türkei bereits versucht, Personen in Brasilien wegen ihres Engagements für die vom 2024 verstorbenen Fethullah Gülen inspirierte Gülen-Bewegung ausliefern zu lassen.

In beiden Fällen wurden die Anträge vom Obersten Gerichtshof abgewiesen. In einem Fall ging es um einen Geschäftsmann, der ebenfalls bereits brasilianischer Staatsangehöriger war. Artikel Ziffer LI. der brasilianischen Verfassung verbietet die Auslieferung eigener Staatsangehöriger. Eine Ausnahme gilt nur für eingebürgerte Brasilianer, die eines Verbrechens beschuldigt werden, das der allgemeinen Kriminalität zuzurechnen ist. Auch bei Drogendelikten ist eine Auslieferung möglich.

Allerdings verbietet die brasilianische Verfassung die Auslieferung, wenn es um politische Anschuldigungen geht. Deshalb scheint man in Ankara den Antrag, der Göktepe anbelangt, auf den Tatbestand einer „kriminellen Organisation“ zu stützen. Dennoch beziehen sich alle Punkte, die ihm vorgeworfen werden, auf seine Rolle in der Gülen-Bewegung.

Empörte Reaktionen aus der brasilianischen Zivilgesellschaft

Das türkische Außenministerium richtete diplomatische Garantien an die brasilianische Justiz, dass die Göktepe zur Last gelegte Taten „nicht politischer oder militärischer Natur“ seien. Der Beschuldigte werde zudem das „Recht auf eine umfassende Verteidigung haben“.

Der Anwalt Göktepes, der frühere Justizstaatssekretär Beto Vasconcelos, hat hingegen deutlich gemacht, dass sich hinter dem Auslieferungsersuchen eindeutig politische Motive verbergen. Über regierungsnahe Medien hatten türkische Sicherheitsbehörden bereits seit Wochen Kampagnen gegen Göktepe lanciert.

Aus den Reihen religiöser Führer, ziviler Organisationen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens kommen Reaktionen der Solidarität. So zeigte sich der Verband der jüdischen Gemeinden in Brasilien (CONIB) „empört und überrascht“ über die Festnahme. Der CONIB würdigte in seiner Erklärung dessen Einsatz für den kulturellen Dialog.

Abweisung des Auslieferungsantrags wahrscheinlich

Die Erfolgsaussichten des Auslieferungsantrags sind gering. Bereits die entsprechenden Anträge gegen Göktepes Geschäftspartner Ali Sipahi im Jahr 2019 waren gescheitert. Auch er war kurzzeitig unter Arrest, der STF lehnte das Auslieferungsbegehren jedoch einstimmig ab. Das gleiche Schicksal erfuhr das Auslieferungsbegehren der Türkei gegen den Unternehmer Yakup Sagar im Jahr 2022.

In beiden Fällen, wo der Vorwurf auf „Terrorismus“ lautete, ging der Oberste Gerichtshof von einem politisch motivierten Verfahren und dem Fehlen einer rechtlichen Basis aus. Seit im Dezember 2013 Korruptionsermittlungen im Umfeld der Regierung stattgefunden hatten, hat der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan die Gülen-Bewegung zum Universal-Sündenbock für Missstände im Land erklärt.

Regierungsamtlich wird sie als „Parallelstruktur“ und „Fethullahistische Terrororganisation“ (FETÖ) bezeichnet. Nicht nur in der Türkei selbst, sondern auch weltweit versucht die Regierung in Ankara seither, unter fadenscheinigen Anschuldigungen vermeintliche oder tatsächliche Gülen-Anhänger zum Schweigen zu bringen. Wie CNN Brazil in seinem Bericht zu der Angelegenheit betont, ist die Türkei das einzige Land der Welt, das die Gülen-Bewegung als „terroristisch“ einstuft. Deshalb würden weltweit auch Auslieferungsbegehren gegen deren Angehörige routinemäßig abgelehnt.

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