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Geschichte

Hagia Sophia: Erdoğan zerstreut Bedenken der Kritiker

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Die Entscheidung ist gefallen, die Hagia Sophia wird wieder eine Moschee. Bei ausländischen Vertretern ruft dies besorgte und teils unbegründete Reaktionen hervor. Währenddessen schreitet der Umwandlungsprozess weiter voran.

Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich besorgt über die Umwandlung der Istanbuler Hagia Sophia in eine Moschee geäußert. Das Gebäude habe bis heute eine große Bedeutung sowohl für Muslime wie auch für Christen, vor allem für die Orthodoxe Kirche, sagte der Sprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp, der Deutschen Presse-Agentur in Bonn.

Die 1934 erfolgte Umwidmung in ein Museum habe seinerzeit zu einer bis heute tragfähigen Befriedung geführt. Gläubige der beiden großen Religionen, aber auch nichtreligiöse Türken hätten sich auf diese Weise mit dem großartigen Gebäude identifizieren können.

„Der Beschluss des Gerichts und die aktuelle Verlautbarung des türkischen Präsidenten bergen demgegenüber die Gefahr in sich, dass die Hagia Sophia künftig wieder als Symbol religiösen ‚Raumgewinns‘ gedeutet werden könnte“, gab Kopp zu bedenken. „Wir werben deshalb für eine politische Entscheidung, die die Einheit des Landes und das Gefühl der Zusammengehörigkeit von Muslimen und Christen stärkt, statt Bitterkeit zu schüren und Fliehkräfte zu begünstigen.“

Russisch-orthodoxe Kirche kritisiert die Umwandlung der Hagia Sophia ebenfalls

Die russisch-orthodoxe Kirche hat die Umwandlung der türkischen Hagia Sophia in Istanbul in eine Moschee kritisiert. „Die Sorgen von Millionen von Christen wurden nicht gehört“, sagte Wladimir Legoida vom Moskauer Patriarchat am Freitag der Agentur Interfax in Moskau. Und weiter: „Die Gerichtsentscheidung zeigt, dass alle Forderungen nach Zurückhaltung ignoriert wurden.“

Zuvor hatte das Oberste Verwaltungsgericht der Türkei den Status der einstigen Kirche als Museum annulliert. Kurz danach ordnete Präsident Recep Tayyip Erdoğan an, das Gebäude für das islamische Gebet zu öffnen. Das Oberhaupt der größten der orthodoxen Kirchen, Patriarch Kirill, hatte vor der Entscheidung appelliert, den neutralen Status der Hagia Sophia als Museum zu erhalten.

Die Unesco reagiert mit Bedauern

Die Unesco hat die Umwandlung der Istanbuler Hagia Sophia von einem reinen Museum in eine Moschee „zutiefst bedauert“. Generalsekretärin Audrey Azoulay habe gegenüber dem türkischen Botschafter am Freitagabend ihre tiefe Besorgnis zum Ausdruck gebracht, teilte die Unesco mit. Die Entscheidung für die Umwandlung sei ohne vorigen Dialog getroffen worden.

„Die Heilige Sophia ist ein architektonisches Meisterwerk und ein einzigartiges Zeugnis der Begegnung von Europa und Asien im Laufe der Jahrhunderte. Sein Status als Museum spiegelt die Universalität seines Erbes wider und macht es zu einem starken Symbol des Dialogs“, erklärte Azoulay.

Rund 90 Jahre nach der Umwandlung des Istanbuler Wahrzeichens Hagia Sophia von einer Moschee in ein Museum soll das Gebäude in wenigen Tagen wieder als Moschee dienen. Die Hagia Sophia gehört seit 1985 als Teil der Istanbuler Altstadt zum Unesco-Weltkulturerbe. Sie wurde im 6. Jahrhundert nach Christus erbaut und war Hauptkirche des Byzantinischen Reiches, in der die Kaiser gekrönt wurden. Nach der Eroberung durch die Osmanen wurde sie zur Moschee umgewidmet. Auf Betreiben des türkischen Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk ordnete der Ministerrat im Jahr 1934 die Umwandlung der Hagia Sophia in ein Museum an.

„Die heute verkündete Entscheidung wirft die Frage auf, wie sich die Änderung des Status auf den universellen Wert des Eigentums auswirkt“, hieß es weiter von der Unesco. Derartige Änderungen müssten der Unesco vorher mitgeteilt und, falls erforderlich, vom Komitee für das Erbe der Welt geprüft werden. Die Unesco fordert die türkischen Behörden nun auf, unverzüglich einen Dialog aufzunehmen. Die Kulturorganisation der UN hatte sich deswegen zuvor auch mehrfach an die Türkei gewandt.

Vorbereitungen zur Umwidmung laufen bereits

Die Behörden haben mit den Vorbereitungen begonnen, um das berühmte Gebäude in Istanbul fürs islamische Gebet zu öffnen. Am Samstag war das Wahrzeichen geschlossen. Mitarbeiter des türkischen Tourismusministeriums inspizierten die Kuppel und die Minarette, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.

Erdoğan hatte am Freitag die Öffnung des Gebäudes zum islamischen Gebet angeordnet. Mit dem Beschluss übergab er die Leitung der „Hagia Sophia Moschee“ zudem an die Religionsbehörde Diyanet. Dessen Vorsitzender Ali Erbaş sagte: „Wir haben mit der erforderlichen Arbeit begonnen.“ Er hoffe, bis zum 24. Juli fertig zu sein. Nach Erdoğans Willen soll die einstige Kirche dann bereits als Moschee genutzt werden können.

Erdoğan: Moscheeeröffnung in knapp zwei Wochen

Nach dem Gerichtsentscheid über ihren Status soll die Hagia Sophia in Istanbul nach dem Willen des türkischen Präsidenten Erdoğan bereits kommende Woche als Moschee genutzt werden. „Wir planen, die Vorbereitungen schleunigst zu beenden und am Freitag, den 24. Juli 2020, die Hagia Sophia gemeinsam mit dem Freitagsgebet für Gebete zu eröffnen“, sagte Erdoğan am Freitagabend.

Die Kritiker rief Erdoğan auf, die Entscheidung zu respektieren. „Wie die Hagia Sophia genutzt wird, hat etwas mit den Souveränitätsrechten der Türkei zu tun.“ Dabei zeigte er sich jedoch auch versöhnlich und betonte, dass das architektonische Meisterwerk auch nach der Umwandlung für alle offen stehen werde, „für Muslime und Nichtmuslime“.

Aufgrund der historischen Bedeutung des Bauwerkes haben Muslime als auch Christen ein berechtigtes Interesse am Bauwerk. Befürchtungen von Nichtmuslimen, dass beispielsweise der Zugang erschwert werden könnte, scheinen daher unbegründet. So entfallen fortan außerdem auch die Eintrittsgebühren, da es sich im rechtlichen Sinne nicht mehr um ein Museum handelt.

dpa/dtj

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