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Politik

Metin Külünk: Der türkische Fußballverband arbeitet gegen Erdoğan

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Metin Külünk greift Präsident Erdoğan an und glaubt, dass er den TFF-Boss Mehmet Büyükekşi aus dem Amt drängen sollte. Quelle: Shutterstock
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Die AKP regiert die Türkei seit 2002. Die Erfolge der Partei wurden nach und nach in der Person Recep Tayyip Erdoğan subsumiert. In diesen 22 Jahren hat Erdoğan die laizistische Republik grundlegend verändert. Seine Weggefährten hat der Präsident nach und nach ausgetauscht. Heute ist die AKP längst nicht mehr das, was sie einmal war. Wie die Krisen in der höchsten türkischen Fußballiga erklären könnten, dass Erdoğan möglicherweise die Kontrolle verliert, macht einer seiner engsten Vertrauten in einem Interview deutlich.

Metin Külünk steht seit seiner Jugend an der Seite von Recep Tayyip Erdoğan. Die Jahre in der Milli-Görüş-Bewegung etwa, oder die Kämpfe mit den ultra-laizistischen Mächten im Lande haben Külünk und Erdoğan gemeinsam durchgemacht. Die AKP war zu Beginn von Freundschaft und Zusammenhalt geprägt. Die Personen, die in den ersten zehn Jahren der AKP-Regierung einen wesentlichen Beitrag zu pro-europäischen Reformen der Türkei gesorgt haben, wurden jedoch in den vergangenen Jahren quasi von der Bildfläche wegradiert. Wer in den Augen Erdoğans zu erfolgreich wurde, oder es gar wagte, ihn zu kritisieren, überlebte das politisch nicht.

Metin Külünk spielt innerhalb der AKP keine große Rolle mehr

Külünk ist bis heute nie so weit gegangen, dass seine politische Karriere beendet wurde. Doch auch er musste Downgrades erdulden. Grund dafür waren vor allem seine Umtriebe in Europa. Külünk hat zwar maßgeblich dazu beigetragen, dass Erdoğan in Europa auf ein intaktes System zurückgreifen kann. Doch auch wegen Külünks forscher Art und unbedachten Schritten hat Erdoğan in Deutschland den Ruf, türkische und islamistische Kräfte – darunter die Osmanen Germania – zu unterstützen. Das förderte eine Recherche von Frontal 21 im ZDF Ende 2017 zu Tage.

Bis zum heutigen Tag hielt der Erdoğan-Weggefährte und einstige AKP-Abgeordnete still. Während andere, wie Ahmet Davutoğlu oder Bülent Arınç, längst Angriffe gegen Erdoğan starteten, hielt sich Külünk mit solchen Vorstößen zurück. Doch nun scheint sich etwas in Külünk zu rühren. Die Diskussionen rund um den türkischen Fußball nimmt er für einen Rundumschlag gegen Erdoğan zum Anlass. Obschon Külünk deutlich wird, ist er clever genug, seine Formulierungen mit Bedacht zu wählen.

Külünk: „Der türkische Fußballverband arbeitet gegen Erdoğan“

Mehmet Büyükekşi ist der wohl umstrittenste Verbandschef des türkischen Fußballs, den es je gegeben hat. Trotz zahlreicher Skandale, darunter das abgesagte Supercup-Finale in Saudi-Arabien, die Ohrfeige des Ankaragücü-Präsidenten gegen Referee Halil Umut Meler sowie die Vorkommnisse in Trabzon nach der Partie zwischen Trabzonspor und Fenerbahçe, die international für Aufsehen sorgten, gab es für Büyükekşi keinerlei Konsequenzen. Külünk ist sich sicher, dass Büyükekşi hätte zurücktreten müssen. Doch dieser Vorstand arbeite klar gegen Präsident Erdoğan, so Külünk.

Auf die Nachfrage des Reporters vom Nachrichtenportal „Sansürsüz Futbol“ (Fußball unzensiert), warum der mächtige Präsident Erdoğan Büyükekşi nicht aus dem Amt dränge, antwortet Külünk, dass sein Weggefährte womöglich darauf warte, dass Büyükekşi selbst zurücktrete. Doch Erdoğan mache einen Fehler, indem er Büyükekşi im Amt belasse. Denn dieser habe angeblich Verbindungen zu FETÖ (Bezeichnung für Staatsfeinde, speziell für die Gülen-Bewegung). Die Regierung habe beim Kampf gegen diese Organisation Fehler gemacht, so Külünk.

Külünk über FETÖ: Es hat die falschen getroffen

Anstatt den harten Kern der Organisation zu zerschlagen, sei man gegen einfache Bürger vorgegangen, die gutgläubig seien, aber keine Ahnung vom kriminellen Ausmaß der oberen Etage hätten. „Man hat sich diejenigen vorgeknöpft, die etwas Geld auf irgendwelche Banken eingezahlt haben. Man hat den Türsteher in einem Ministerium eingesperrt, nicht aber diejenigen, die ernst zu nehmende Aufgaben erfüllten.“

Das Eingeständnis von Külünk hat historischen Charakter. Denn während Erdoğan mehrfach sowohl Urteile des türkischen Verfassungsgerichts sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Frage gestellt hat, gibt Külünk zu, dass in der Türkei Unrecht herrsche. Und im Fußball sei eine Operation gegen diese Organisation de facto gänzlich ausgeblieben.

Külünk: „FETÖ ist überall, wo es viel Geld gibt“

Külünk glaubt, dass der Verband von der FETÖ infiltriert ist. „Denn diese Organisation ist überall dort, wo es viel Geld gibt. Sie glauben daran, das Geld zu kontrollieren, um somit die Wirtschaft und Politik zu lenken. In Wahrheit ist das eine Angewohnheit der Söhne Israels“, so Külünk weiter. Daher sei der türkische Fußballverband ein Bereich, der, was die Säuberung von FETÖ angeht, ausgespart worden sei. Die Absage des Supercup-Spiels in Saudi-Arabien sei ein „klarer Putschversuch gegen Erdoğan“ gewesen, meint Külünk.

„Was hat das Thema mit Erdoğan zu tun? Nichts? Wer muss sich mit dieser internationalen Krise auseinandersetzen? Erdoğan“, löst Külünk die Gleichung auf. Anstatt Namen zu nennen, bleibt der strategisch versierte Külünk immer im Unklaren. Doch sein Hinweis Richtung Erdoğan ist der Verweis auf die „Antep-Lobby“. Diese sei sehr stark und würde versuchen, in Wahrheit Präsident Erdoğan zu schädigen. Dieser werde es verstehen, wenn er vom Interview erfahre. Offenbar hat Külünk seinen direkten Draht zum türkischen Staatsoberhaupt verloren. Und wer weiß? Vielleicht ist Külünks Vorstoß nur ein weiterer Dolchstoß eines alten Weggefährten.