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Gesellschaft

Muslime besuchen massenhaft katholische Gottesdienste – Papst äußert sich zum Islam

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Als Solidaritätsbekundung nach dem Mord an einem 85-jährigen Priester in Frankreich haben in Italien am Sonntag Tausende Muslime katholische Kirchen besucht. Der Vorsitzende der „Gemeinde der Arabischen Welt in Italien“, Fuad Audi, sprach laut italienischen Medienberichten vom Montag von mehr als 23.000 Muslimen, die landesweit zu Gottesdiensten erschienen seien. Der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Angelo Bagnasco, äußerte sich in einer Stellungnahme „sehr froh und sehr dankbar“ über die Geste.

Den Berichten zufolge nahmen Muslime an Messen unter anderem im Mailand, Rom, Turin, Florenz und Palermo teil. Nach einer entsprechenden französischen Initiative hatten auch die großen Islamverbände in Italien zu persönlichen Beileidsbezeugungen zum Tod Jacques Hamels aufgerufen. Der Geistliche war vergangenen Dienstag beim Überfall zweier Islamisten auf eine Kirche im nordfranzösischen Saint-Etienne-du-Rouvray während eines Gottesdienstes brutal mit einem Messer ermordet worden.

Kardinal Bagnasco betonte in einer Erklärung zu den Kirchenbesuchen von Muslimen am Wochenende, eine solche Verurteilung der Gewalt „ohne Wenn und Aber“ sei in Italien bislang nicht immer so einhellig zu vernehmen gewesen. Wenn sich dieser Weg fortsetze, sehe er darin eine Chance zur „Isolierung dieser fanatischen Mörder“. Der Sprecher der Großen Moschee in Rom hatte sich laut Radio Vatikan (Montag) zurückhaltend zu der Aktion geäußert. Er fürchte einen „spektakulären Ton“.

„Dann müssen wir auch von katholischer Gewalt sprechen“

Papst Franziskus hat sich derweil gegen eine Gleichsetzung von Islam und Gewalt gewandt. „Wir können sagen, der sogenannte IS präsentiert sich wie ein Islamischer Staat und ist gewalttätig, das ist ein fundamentalistisches Subjekt, das sich IS nennt“, sagte Franziskus am Sonntagabend während des Rückflugs vom Weltjugendtag in Krakau. „Aber es ist nicht richtig und nicht wahr, zu sagen, dass der Islam terroristisch ist“, betonte der Papst vor mitreisenden Journalisten.

In nahezu allen Religionen gebe es kleine fundamentalistische Gruppen. Er fügte hinzu: „Wir haben sie auch“. Zugleich bekräftigte Franziskus, ein friedliches Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen sei weiterhin möglich.

Der Papst lehnte es ab, von „islamischer Gewalt“ zu reden. „Wenn ich von islamischer Gewalt spreche, muss sich auch von katholischer Gewalt sprechen“, erklärte Franziskus. In der Zeitung lese er täglich über Gewalttaten in Italien, die von getauften Katholiken begangen worden seien. Aber ‚alle Katholiken‘ seien ebenso wenig gewalttätig wie ‚alle Muslime‘. Angesichts des Fundamentalismus stelle sich ihm vielmehr die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass Europa so vielen Jugendlichen keine Ideale und keine Arbeit gegeben habe, die sich nun in Drogen flüchteten oder fundamentalistischen Gruppen anschlössen.

Franziskus antwortete damit auf die Frage, warum er während des Weltjugendtages stets nur allgemein von „Terrorismus“ gesprochen habe und nie von einem „islamischen Terrorismus“. Er war am Mittwoch zu einem fünftägigen Besuch nach Polen gereist. Anlass war der 31. Weltjugendtag in Krakau.

Gysi bezeichnet Bluttaten auch als «Rache der Chancenlosen»

In eine ähnliche Richtung wie der Papst geht der Linkenpolitiker Gregor Gysi, der die jüngsten blutigen Anschläge auch als „Rache der Chancenlosen“ sieht. „Die Behauptung, der Islam sei an allem schuld, geht ins Leere“, schreibt Gysi in seiner Kolumne in der Zeitschrift „Super Illu“ (Donnerstag) laut einer Vorabmitteilung am Montag. Zwei der vier Attentäter in Deutschland hätten keinerlei religiösen Bezug gehabt, die anderen zwei Täter, von Würzburg und Ansbach, hätten „erhebliche psychische Störungen“ gehabt und die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) nur als „Folie für Verbrechen“ benutzt.

Die Ursachen für die Gewalttaten macht Gysi in einer „markt- und finanzorientierten Gesellschaft“ fest, die nur Sieger und Verlierer kenne. Wichtig sei es, so fordert er als Reaktion auf die Anschläge, „eine Gesellschaft zu gestalten, in der Chancengleichheit, Solidarität und soziale Gerechtigkeit herrschen.“ (kna/dtj)