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Politik

Puderzucker durch die Nase: Der Fall Ayvatoğlu

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In den türkischen Medien spielt derzeit ein junger Mann aus den Reihen der Regierungspartei AKP eine besonders große Rolle. Grund dafür ist ein Video, auf dem er in einem luxuriösen SUV mit beigen Ledersesseln sitzt. Auf der Mittelarmlehne steht ein Teller mit einer weißen, mehligen Masse. Das zieht sich Kürşat Ayvatoğlu durch die Nase. Alle gehen sofort davon aus, dass der AKP-Mann „kokst“. Doch Ayvatoğlu stellt klar: „Es handelte sich dabei um Puderzucker“. Die Hintergründe.

Kürşat Ayvatoğlu (27) ist ein jung-reicher AKP-Mann aus Kastamonu. Dort wurde er 2014 bekannt, als die Stadtverwaltung an die AKP ging. Der neue Bürgermeister, Tahsin Babaş, machte aus dem Jungspund, der zuvor seine Wahlplakate für ihn erstellte, seinen „Chef für Kultur und Soziales“. Seine politische Karriere wurde also früh mit „Vitamin B“ angereichert. Doch damit nicht genug. Laut einem Artikel in der Zeitung „Günboyu“ soll Ayvatoğlu danach eine Firma für Werbemittel gegründet und durch seine Beziehungen an Druckaufträge der Stadt Kastamonu gekommen sein. Im Verlauf hat Ayvatoğlu auch das Amt des Sekretärs des Bürgermeisters von Kastamonu bekleidet und sich so einen Namen unter den Geschäftsleuten der Stadt gemacht. Doch mit Verlust der Stadtverwaltung hat sich Ayvatoğlu nach Ankara abgesetzt. Kurze Zeit darauf wurde der heute scharf kritisierte Mann Mitarbeiter in der AKP.

„Sachbearbeiter“ beim Koksen erwischt, oder war es doch bloß Puderzucker?

Laut AKP handele es sich bei Ayvatoğlu lediglich um einen Sachbearbeiter im Backoffice. Eine darüber hinaus reichende und bedeutende Position habe der 27-Jährige nicht. Nach seinem Skandalauftritt in den sozialen Medien ist er nun auch diese los. Genauso wie seine Freiheit. Dabei war Ayvatoğlu vorher mit seinem Auftreten in den sozialen Median für die einfache Bevölkerung ein Dorn im Auge. Denn hier zeigte Ayvatoğlu immer wieder tiefe Einblicke in sein prunkvolles Leben. Mit Luxus-Fahrzeugen, ausgiebigen Hotel und Club-Aufenthalten, Feten und vielem mehr. Sein Profil wusste er auch mit Referenz-Fotos zu schmücken. Etwa durch Posen mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan oder dem Innenminister Süleyman Soylu. Doch dann tauchte schließlich diese eine Aufnahme mit dem Kokain auf. Oder sollte man lieber von „Puderzucker“ sprechen?

Erst freigelassen und dann wieder verhaftet

Aufgrund eines Verdachts des Verstoßes gegen das Rauschmittelgesetz wurde Ayvatoğlu festgenommen. Doch über seinen Anwalt gab er eine schwer zu fassende Erklärung ab. „Wir haben mit Freunden immer wieder zu ausländischer Musik aus Spaß so getan, als würden wir Drogen nehmen. Bei den Aufnahmen handelt es sich um Puderzucker. Ich habe noch nie in meinem Leben Kokain konsumiert“, so Ayvatoğlu über seine mutmaßliche Unschuld.

Daraufhin wurde er wieder freigelassen, doch nach dem Geständnis seiner Freunde wurde Ayvatoğlu erneut festgenommen. Das Video sei vor zwei Jahren im Beisein von zwei Freunden aufgenommen worden. Heute würden Personen ihn damit erpressen, um ihre offene Schuld nicht begleichen zu müssen, behauptete der Verdächtige vor dem Geständnis seiner Freunde. 

Tuğrul Selmanoğlu (UID): „Leider gibt es zu viele Ayvatoğlus in der Partei“

Der für seine Handybotschaften und Ausraster-Videos bekannte Tuğrul Selmanoğlu von der Union Internationaler Demokraten, kurz UID, hat sich zum Fall Kürşat Ayvatoğlu geäußert. Wieder in seinem gewohnten Format: per Handy im Fahrzeug. Für den deutsch-türkischen Erdoğan-Anhänger ist klar, dass ganz viele solcher Fälle in der AKP existieren. Dabei seien das auch keine Einzelfälle. „Überall, wo ich hingehe, begegne ich solchen Typen“, so Selmanoğlu. Diese würde er jedes Mal schon aus der Ferne erkennen, aber man könne nichts dagegen tun. Schließlich sei die AKP eine Partei für die breite Öffentlichkeit. Doch dass solche Leute die Mission der AKP befleckten, mache ihn traurig. 

Ayvatoğlu bereut seine Suche nach der Nähe zur Macht

In einem Brief hat sich Ayvatoğlu derweil nochmal erklärt. Darin räumt der 27-Jährige nun große Fehler ein. Am liebsten würde er die Zeit zurückdrehen und wieder er selbst sein. Sein Profil habe er durch die Nähe zu wichtigen Politikern stärken wollen. Nach dem Tod seines Vaters habe eine große Last auf ihm gelegen. Obwohl er durch den An- und Verkauf von Autos genug Geld verdient hätte, habe er auf einer Stelle in der Partei beharrt. Die Nähe zu den politischen Mächtigen habe ihn auch stärker gemacht. Doch diese Einstellung habe zu größeren Problemen geführt. Im Drogensumpf sei er schließlich untergegangen. Zum Abschluss entschuldigt er sich im Brief bei seiner Mutter, der AKP und der gesamten Türkei.

Brief von Kürsat Ayvatoğlu, Quelle: https://twitter.com/kursatayvatoglu/status/1376233463158865921/photo/1

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