Politik
Skandal in NRW: NSU-Ausschusschefin wirft hin
Die Vorsitzende im NSU-Untersuchungsausschuss NRW, Nadja Lüders, hat nach Enthüllungen über einen Fall aus ihrer Anwaltszeit ihr Amt zurückgelegt. Sie vertrat damals einen Neonazi, der ein Jahr später drei Polizisten erschießen sollte. (Foto: dpa)
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„Ist das normal? NSU-Ausschusschefin kannte rechten Dortmunder Polizistenmörder“, twitterte der CDU-NRW-Chef Armin Laschet, nachdem die Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusse im Düsseldorfer Landtag, Nadja Lüders (Foto), einräumte, vor 16 Jahren einen Mandanten vertreten zu haben, der zur Nazi-Szene gehörte und im darauf folgenden Jahr einen Polizisten ermordete. Nun stellt sich die Frage: Wusste die Sozialdemokratin nichts von der rechten Zugehörigkeit ihres Mandanten?
Der NSU-Untersuchungsausschuss (NSU-UA) in Nordrhein Westfalen ist gerade erst im November 2014 gegründet und kämpft bereits mit seinem ersten Eklat. Dabei war der Ausschuss seit seiner Einsetzung im vergangenen November bislang nur wenige Male zusammengekommen. Zur Aufarbeitung zweier Bombenattentate in Köln und eines Mordes in Dortmund hat der Ausschuss vorerst nur zwei Jahre Zeit.
Die Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses in NRW hieß bis heute Nadja Lüders. Auf ihrer Homepage tritt sie mit dem Slogan „EHRLICH.OFFEN.LÜDERS“ auf. Die 44-jährige Sozialdemokratin ist vom Beruf Anwältin und vertrat laut eigener Auskunft im Jahr 1999 Michael Berger, der im Juni 2000 im Anschluss an eine Verfolgungsjagd nach einer Verkehrskontrolle drei Polizisten und anschließend sich selbst erschoss.
Ein ähnliches Verhalten wiesen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt auf, als sie sich das Leben nahmen, weil die Ermittler immer näher an sie heranrückten. Anlass für die Verkehrskontrolle war lediglich, dass Berger nicht angeschnallt war. In den „Turner Diaries“, einem Buch des US-amerikanischen Neonazis William L. Pierce, das in der Szene als Terroranleitung gilt, wurde neonazistischen Lone-Wolf-Terroristen nahegelegt, im Falle einer bevorstehenden Festnahme erst noch möglichst viele Polizeibeamte und am Ende sich selbst zu erschießen.
Lüders: „Mandat hatte nichts mit Thema im NSU-Untersuchungsausschuss zu tun“
Die Selbstauskunft Lüders‘ kam überraschend, da die Sozialdemokratin in einer persönlichen E-Mail an Journalisten diesen geschäftlichen Kontakt erst Monate nach Antritt ihres Amtes als Ausschusschefin offenlegte. Lüders vertrat Michael Berger in einer Kündigungsschutzklage. „Dieser Vorgang hat nichts mit den im Ausschuss zu untersuchenden Vorgängen zu tun“, heißt es in der Mail.
Michael Berger war in der rechtsextremen und neonazistischen Szene in Dortmund und Umgebung unterwegs. In seiner Wohnung wurden Mitgliedsausweise der Republikaner und der DVU, Waffen, Propagandamaterial und eine RAF-Fahne gefunden, die als Hinweis auf Terrorismus gewertet werden könnte.
Fraglich ist, ob Nadja Lüders bereits im Jahre 1999 von der rechten Gesinnung ihres Mandanten Kenntnis hatte. Im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Leiterin des NSU-Untersuchungssauschusses hat sie in verschiedenen Medienauftritten, darunter einem Interview beim WDR, über die zu lange unterschätzten Gefahren des rechten Spektrums berichtet und dabei das Nazi-Netzwerk in Dortmund exemplarisch erwähnt. Der nordrhein-westfälische Ausschuss wird auch genauer überprüfen, ob der ehemalige Mandant Verbindungen zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ hatte.
Seit 2011 werden mögliche Verbindungen zum NSU geprüft
Die erwartete Kritik von Seiten der Opposition ließ nicht lange auf sich warten. Am Dienstag ist Lüders von ihrem Amt zurückgetreten. Sie erklärte, die Arbeit des Ausschusses dürfe nicht durch eine Diskussion um die Person der Vorsitzenden beeinträchtigt werden. Zudem habe sie sich zu diesem Schritt entschlossen, da „mich die Verdächtigungen, Beschimpfungen und Unterstellungen, gerade im Internet, seit meiner Erklärung der vergangenen Woche zutiefst verletzt und getroffen haben“, zitiert „Spiegel online“.
Seit 2011 geht das Landeskriminalamt der Frage nach, ob es eine Verbindung Bergers zur NSU-Terrorzelle gegeben habe. Da der Staatsschutz über das Waffenarsenal Bergers Bescheid gewusst haben soll, wurde eine mögliche Tätigkeit Bergers als Polizeispitzel als mögliche Erklärung genannt. Dies wird jedoch bis heute seitens NRW-Innenministeriums bestritten.