Türkei soll trotz Embargo weiter Öl nach Israel geliefert haben
Die UNO-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese wirft in ihrem neuen Bericht zahlreichen Staaten vor, durch Handel und Kooperation den „Gaza-Genozid“ ermöglicht zu haben – darunter auch die Türkei. Trotz offizieller Embargo-Erklärungen seien über türkische Häfen weiterhin Öllieferungen nach Israel erfolgt.
Die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen zur Menschenrechtssituation in den Palästinensergebieten hat am 20. Oktober einen Bericht vorgestellt. Das Dossier mit dem Titel „Gaza Genocide: a collective crime“ hat auch gegenüber der Türkei Vorwürfe erhoben.
Neben westlichen Staaten und Regionalmächten hat dem Bericht zufolge auch die Türkei den im Bericht behaupteten Genozid in Gaza ermöglicht. Alle Genannten haben demnach durch die Aufrechterhaltung von Handel, militärischer Kooperation und Diplomatie, die „Völkerrecht verletzt“ hätten, die israelische Militäroperation unterstützt.
Türkei soll in Gaza „Beihilfe“ zu „kollektivem internationalem Verbrechen“ geliefert haben
In dem Bericht erklärt Albanese, die dadurch bewirkte Zerstörung von Gaza stelle ein „kollektives internationales Verbrechen“ dar. Drittstaaten, die Israel Waffen, Geheimdienstinformationen, diplomatische Rückendeckung und wirtschaftliche Partnerschaft gaben, hätten dazu „Beihilfe“ geleistet.
Albanese spricht von einem „System globaler Komplizenschaft“ und forderte alle Staaten auf, „sofort alle militärischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Israel“ zu überprüfen und beenden. Die Türkei hat zwar als eines von sieben Ländern nach Beginn der Militäroperation im Oktober 2023 ihre diplomatischen Beziehungen zur Regierung in Jerusalem heruntergestuft. Aus Sicht der UN-Berichterstatterin ist Ankara diesem Anspruch jedoch nicht gerecht geworden.
Dies zeige sich mit Blick auf türkische Häfen, über die entweder direkt oder als Zwischenstation Öllieferungen an Israel gegangen seien. Dabei hatte die Türkei im Mai 2024 das Ende der offiziellen Handelsbeziehungen zu Israel verkündet.
Demonstrationen gegen anhaltende Lieferungen durch türkische Häfen
Der Albanese-Bericht stützt sich auf Mitteilungen von Reportern und Aktivisten sowie UN-Daten aus dem Mai 2025. So seien Sendungen durch Drittländer weitergeleitet worden oder man habe Exporte erfasst, die für palästinensische Gebiete bestimmt gewesen, aber durch israelische Häfen transportiert worden seien. Nach UN-Angaben sei die Türkei 2024 immer noch unter den Top-Lieferanten Israels gewesen.
Vor allem die Öllieferungen sorgten für Irritationen unter Aktivisten. Einer Untersuchung der „Stop Fueling Genocide“-Kampagne sprach von mindestens zehn Rohöllieferungen vom Ceyhan-Terminal nach Israel. Die meisten davon hätten nach der Ankündigung des Embargos stattgefunden, wobei die Schiffe Berichten zufolge die Sendungsverfolgung auf See abgeschaltet haben.
Die Türkei nahm demnach 1,27 US-Dollar pro Barrel Öl ein, das durch die Baku-Tiflis-Ceyhan-Pipeline (BTC) transportiert wird. Von dieser weiß man, dass sie rund 40 Prozent des jährlichen israelischen Rohölverbrauchs deckt. Türkische Aktivisten veranstalteten Ende 2024 und bis ins Jahr 2025 hinein deshalb auch Hafenproteste gegen die mit Israel verbundene Schifffahrt. Das Kabinett in Ankara ließ einen Teil des Handels dem Bericht zufolge indirekt weiterhin zu. Dadurch seien Gütern mit doppeltem Verwendungszweck nach Israel gelangt, die für sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können.
USA und Israel nennen Bericht „einseitig und bösartig“ – und sperren Albanese aus
Albanese musste ihren Bericht von Südafrika aus präsentieren. Die USA hatten im Juli Sanktionen gegen die UNO-Funktionärin verhängt – unter anderem ein Einreiseverbot. Außenminister Marco Rubio hat den jüngst vorgelegten Bericht als „einseitig und bösartig“ bezeichnet.
Israel hatte bereits im Dezember des Vorjahres eine Einreisesperre gegen Albanese verhängt. Anlass war ein Social-Media-Post, in dem diese das Massaker der terroristischen Hamas im israelischen Grenzgebiet am 7. Oktober mit der „israelischen Unterdrückung der Palästinenser“ in Verbindung brachte. Bei dem Massaker wurden mindestens 1.200 Menschen getötet und etwa 250 als Geiseln verschleppt. Der anschließende Krieg in Gaza soll UN-Angaben zufolge mindestens 60.000 Todesopfer gefordert haben – wobei die Behörden in Gaza nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterscheiden. Etwa 1,9 der 2,2 Millionen Einwohner des Küstenstreifens seien auf der Flucht oder zwischenzeitlich gewesen.
Bereits 2022 war Albanese in den USA und Israel für Social-Media-Beiträge in die Kritik geraten, in der sie unter anderem behauptet hatte, eine „jüdische Lobby“ würde die USA beherrschen. Nach der Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) gelten Darstellungen dieser Art als Ausdruck eines sekundären Antisemitismus.



