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Politik

Türkei verurteilt Anschlag auf Charlie Hebdo – auch kritische Stimmen melden sich zu Wort

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Der Anschlag auf das Satire-Magazin Charlie Hebdo hat auch in der Türkei Betroffenheit und vielseitige Reaktionen verursacht. Sowohl Regierung als auch Opposition haben den Terrorakt aufs Schärfste verurteilt. Es gibt jedoch auch kritische Stimmen.

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Die CHP-Abgeordnete Melda Onur hält bei einer Rede im türkischen Parlament ein Schild mit der Aufschrift "Je Suis Charlie" in den Händen.
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Auch in der Türkei hat das Massaker in der Redaktion der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo für Betroffenheit und vielseitige Reaktionen gesorgt. Politiker und Medien beschäftigen sich ausführlich mit dem Anschlag. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan, Ministerpräsident Ahmet Davutooğlu, der Präsident des Amtes für Religiöse Angelegenheiten (Diyanet), Mehmet Görmez, haben den Terroranschlag in Paris „auf das Schärfste“ verurteilt. Gleichzeitig warnten sie vor Intoleranz. Wenn auch wenige, so gibt es in den türkischen Medien doch auch Stimmen, die einerVerurteilung des Angriffes auf die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ ablehnen.

Terrorismus könne weder durch Religion oder Nation begründet und durch nichts gerechtfertigt werden, hieß es in der Erklärung des türkischen Präsidenten. Die Erklärung erschien noch am Tag des Anschlags. Darin hieß es: „Wir sprechen an diesem schmerzlichen Tag unserem Freund und Partner Frankreich unser tiefstes Beileid aus und erwarten, dass die Täter schnellstmöglich gefasst und der Justiz übergeben werden.“

Erdoğan vertritt die Position, dass man gegen den Terror wie in Paris aber auch gegen „Spannungen die von Intoleranz gegen Vielfalt, Hassreden und Initiativen, die religiöse und kulturelle Vielfalt als Begründung für Feindschaften erzeugt werden“ gemeinsam Position beziehen müsse.

Der türkische Ministerpräsident Davutoğlu erklärte, dass der Anschlag von Paris in „keinster Weise mit dem Islam, der eine Religion des Friedens“ sei, in Verbindung gebracht werden dürfe. Weiter sagte Davutoğlu: „Dieser Terroranschlag richtet sich nicht gegen ein (spezielles) Land, nicht gegen eine Gruppe, sondern ist ein Angriff auf die gesamte Menschheit.“ Davutoğlu sprach die Hoffnung aus, dass solche Angriffe nicht als Anlass genommen werden, um Konflikte und Spannungen weiter zu schüren.

Türkei nach Anschlag auf Charlie Hebdo: „Wir sind auf der Seite Frankreichs“

Auch die türkischen Oppositionsparteien haben die Ermordung von zehn Journalisten und zwei Polizisten in aller Schärfe verurteilt. Der Oppositionsführer und Vorsitzende der Cumhuriyet Halk Partisi (CHP), Kemal Kılıçdaroğlu, sagte etwa: „Wir hoffen, dass die Attentäter schnellstmöglich gefasst werden. Wir sind auf der Seite Frankreichs und seiner Bürger.“ Die CHP-Abgeordnete Melda Onur (Foto) hielt bei ihrer Rede im Parlament außerdem ein Plakat mit der Aufschrift „Je suis Charlie“ („Ich bin Charlie“) in die Höhe.

Die beiden Vorsitzenden der prokurdischen HDP, Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ, sagten in einer gemeinsamen Erklärung: „Es ist offensichtlich, dass dieser barbarische Anschlag verschiedene Völker, Kulturen und Glaubensrichtungen gegeneinander aufbringen könnte. Wir verurteilen und verfluchen den Anschlag auf Schärfste.“

Nicht nur Politiker, sondern auch verschiedene türkische Medien und Verbände haben den Anschlag verurteilt. Der Präsident des Amtes für Religiöse Angelegenheiten (Diyanet), Dr. Mehmet Görmez führte anlässlich des Anschlags eine Pressekonferenz durch. Görmez betonte, dass es sich bei dem Anschlag um einen „direkten Angriff auf den Islam und Muslime“ handele. Niemand und kein Muslim dürfe auf „respektlose und niveaulose Gedanken“ über den Propheten mit einer hässlichen Art und Weise reagieren, die der Prophet selbst niemals gutheissen würde.

Görmez führte weiter aus, dass jedes Terroropfer – egal ob in Frankreich oder an einem anderen Ort der Welt – die von Tag zu Tag immer stärker werdende Notwendigkeit nach Wahrheit, Recht und Frieden in der Welt stärke: „Damit die Sehnsucht der Menschheit nach Recht, Gerechtigkeit und Frieden verwirklicht werden kann, müssen heute Intellektuelle, Wissenschaftler, Politiker, Theologen und alle internationalen Einrichtungen ihr Gewissen gemeinsam in Bewegungen setzen und mit Vernunft alles tun, was in ihrer Macht steht.“

Auch Kritiker melden sich zu Wort

In der türkischen Öffentlichkeit meldeten sich jedoch auch kritische Stimmen in Bezug auf die Ereignisse rund um „Charlie Hebdo“ zu Wort. So bezeichnete der AKP-Abgeordnete für Gaziantep, Ali Şahin, den Anschlag als „inszeniert wie eine Szene aus einem Film“. Dabei bezog sich der Abgeordnete einem Bericht der hürriyetdailynews zufolge auf die Videoaufnahmen, die die Hinrichtung eines am Boden liegenden französischen Polizeibeamten vor dem Redaktionsgebäude zeigt. Şahin sagte in Bezug auf diese Aufnahme, dass der Bewaffnete nicht auf den Polizisten, sondern vor neben ihn geschossen habe. Es sei außerdem kein Blut auf der Aufnahme zu sehen und das Video breche nach den Schüssen ab. Dies „stimme einen nachdenklich“, so Şahin. In den sozialen Medien wurden Şahins Äußerungen jedoch überwiegend als Verschwörungstheorien kommentiert.

Der Kolumnist der regierungsnahen Tageszeitung Yeni Akit, Aburrahman Dilipak, schreibt in seiner aktuellen Kolumne, dass der Angriff keinesfalls zu akzeptieren sei. Die Satire-Zeitschrift habe mit ihren Veröffentlichungen der letzten zwei Jahren jedoch eine „Einladung an den Terror“ ausgesprochen. „Die Antwort haben sie von algerisch-stämmigen Brüdern, die der jemenitischen al-Qaida angehören sollen, erhalten“, so Dilipak.