Vom Rekordtraum zum Krisenjahr: Türkischer Tourismus nicht so stark wie erwartet

Türkische Strände bleiben immer leerer, Hoteliers kämpfen mit Schulden, manche verlieren die Hoffnung: Der Traum von einem Rekordjahr im Tourismus droht für die Türkei bei einem kühnen Traum zu bleiben.
Am Anfang stand ein Versprechen: 65 Millionen Urlauber sollten 2025 die Türkei besuchen, so kündigte Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy im Mai an. Heute wirkt diese Zahl wie aus einer anderen Welt. Statt voller Hotels und klingelnder Kassen melden Reiseziele an Ägäis und Mittelmeer Einbrüche – und eine Branche kämpft um ihre Existenz.
Existenzangst und tragische Schicksale
Die Folgen sind längst nicht mehr nur wirtschaftlich. In Bodrum nahmen sich in diesem Monat zwei Tourismusunternehmer unter dem Druck der Schulden das Leben, wenige Wochen zuvor erschoss sich ein Manager in Alanya. Insolvenzen häufen sich, etwa ein großes Strandhotel in Antalya.
„2025 wird ein Jahr ohne Gewinn“, sagt Burhan Sili der Vorsitzende des Tourismusmanager-Verbands von Alanya der Kölnischen Rundschau. Für viele Betriebe sei es das Jahr der Entscheidung – Überleben oder Aufgeben. Schon im Mai und Juni sanken die Besucherzahlen um knapp zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr, im Juli sogar um fünf Prozent.
Inflation frisst den Preisvorteil
Selbst die traditionell treuesten Gäste aus Deutschland bleiben weg – bislang rund drei Prozent weniger von Januar bis Juli, im Juli allein ein Minus von über fünf Prozent. Nur aus Antalya kam zuletzt ein kleiner Hoffnungsschimmer: Dort stieg die Zahl deutscher Urlauber im August um fünf Prozent. Ob dieser Trend landesweit trägt, bleibt ungewiss.
Die Ursachen sehen Experten vor allem in der wirtschaftlichen Krise der Türkei. Die hohe Inflation treibt Löhne sowie Energie- und Lebensmittelpreise nach oben, während der Wechselkurs der Lira nicht Schritt hält. Um ihre Kosten zu decken, mussten Hoteliers Euro-Preise anheben – und verlieren so den Preisvorteil gegenüber Griechenland, Spanien oder Ägypten.
Dringend neue Konzepte nötig
Viele Betriebe reagieren mit drastischen Last-Minute-Angeboten, die sogar unter Frühbucherpreisen liegen. „Hoteliers können sich keinen Leerstand leisten“, erklärte der Vorsitzende des Hotelierverbands POYD der Kölnischen Rundschau. Doch diese Strategie gefährdet das nächste Jahr: Wer heute erlebt, dass Reisen kurz vor Abflug günstiger sind, bucht künftig später. Tourismusfachleute fordern deshalb ein Umdenken. Die Türkei müsse sich vom reinen Billigtourismus lösen und in Qualität und neue Konzepte investieren, um dauerhaft konkurrenzfähig zu bleiben.
Vom großen Versprechen im Mai ist der türkische Tourismus indes im Krisenherbst weit entfernt. Statt Rekordzahlen steht nun die zentrale Frage nach der Zukunft des türkischen Tourismus im Raum. Nur wenn neue Strategien greifen, könnte sich der Kreis im kommenden Jahr wieder in Richtung Aufschwung schließen – und aus den Sorgen wieder ein Traum werden. Die Türkei hat in den letzten Jahrzehnten gezeigt, dass sie das Potenzial dafür hat.