EURO2024
Eklat um Wolfsgruß: UEFA sperrt Türkei-Abwehrspieler Demiral
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Für Merih Demiral hat der beim Torjubel gegen Österreich gezeigte Wolfsgruß schwerwiegende Folgen. Die UEFA sperrte den Abwehrspieler der türkischen Fußball-Nationalmannschaft für zwei Spiele. Damit wird der 26-Jährige das EM-Viertelfinale am Samstag in Berlin gegen die Niederlande (21 Uhr/RTL und Magenta TV) und ein mögliches Halbfinale verpassen.
Demiral habe „die allgemeinen Verhaltensgrundsätze nicht eingehalten, die grundlegenden Regeln des guten Benehmens verletzt, Sportereignisse für Kundgebungen nicht-sportlicher Art genutzt und den Fußballsport in Verruf gebracht“, begründete die Europäische Fußball-Union ihre Entscheidung am Freitag.
Bereits am Donnerstagabend hatte die „Bild“ von der Zwei-Spiele-Sperre berichtet. Das bezeichnete der türkische Verband zunächst aber als Falschmeldung, da das Fristende für das Einreichen der Verteidigungspapiere noch nicht verstrichen sei.
Was war passiert?
Der 26 Jahre alte Demiral hatte beim 2:1 im Achtelfinale gegen Österreich nach seinem zweiten Treffer in Leipzig mit beiden Händen das Handzeichen und Symbol der „Grauen Wölfe“ geformt und damit in der Türkei teils für Zustimmung, aber darüber hinaus auch für viel Empörung gesorgt. Als „Graue Wölfe“ werden die Anhänger der rechtsextremistischen „Ülkücü-Bewegung“ bezeichnet, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. In der Türkei ist die ultranationalistische MHP ihre politische Vertretung und Bündnispartnerin der islamisch-konservativen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der morgen im Stadion erwartet wird.
Wegen des Eklats um die Geste hatte es in den vergangenen Tagen auch auf der politischen Ebene heftigen Wirbel gegeben. Das türkische Außenministerium bezeichnete die UEFA-Untersuchung gegen Demiral als inakzeptabel.
Nicht jede Person, die das Zeichen der Grauen Wölfe zeige, könne als rechtsextremistisch bezeichnet werden. Der Wolfsgruß sei in Deutschland zudem nicht verboten und die Reaktionen der deutschen Behörden „ausländerfeindlich“. Tatsächlich ist der Wolfsgruß historisch gesehen viel älter und gilt als Symbol der Turkvölker.
Ultras fordern Fans zum Wolfsgruß auf
Im Zuge eines erstarkenden Nationalismus haben zuletzt aber auch Vertreter der politischen Mitte den Wolfsgruß genutzt, um etwa Wähler aus nationalistischeren Milieus anzusprechen. Das Österreich-Spiel fand ausgerechnet am Tag des Sivas-Massakers statt, bei dem ein religiös-nationalistischer Mob mehrere Menschen alevitischen Glaubens bei lebendigem Leib verbrannten und dabei auch den Wolfsgruß zeigten. Ob Demiral dies bewusst gewesen ist, ist unklar.
Türkische Fußball-Ultras haben Fans im Berliner Olympiastadion derweil aufgefordert, beim Viertelfinale ihres Teams gegen die Niederlande den umstrittenen Wolfsgruß zu zeigen. Alle Anhänger auf der Tribüne seien eingeladen, die Geste während der Nationalhymne zu machen, hieß es in einem Aufruf auf der Plattform X.
Demiral-Frau: „Mein Mann ist kein Rassist“
Zuletzt hatte die Ehefrau von Merih Demiral den türkischen Fußball-Nationalspieler noch vehement verteidigt. „Mein Mann ist kein Rassist!“, sagte Heidi Demiral der Schweizer Zeitung „Blick“. Ihr Mann sei „liebenswürdig, offen und tolerant“, ergänzte die 34 Jahre alte Schweizerin, die laut „Blick“ gebürtige Kosovarin ist.
Bereits am Donnerstag hatte sich Heidi Demiral auf Instagram in der Sache zu Wort gemeldet. „Der Wolf ist das tierische Symbol der Türkei. Er hat nichts mit Rassismus oder Faschismus zu tun“, schrieb sie auf ihrem Account: „Vielfalt ist die Schönheit unserer Familie und die Stärke unserer Geschichte. Toleranz, Freundlichkeit, Liebe und Großzügigkeit sind grundlegende Werte, die wir unseren Kindern beibringen.“
Sportlich gesehen ist der Ausfall ein herber Verlust für die Türkei. Dass sie mit Ausfällen gut umgehen kann, zeigte sie allerdings bereits im Achtelfinale, als mit Kapitän Hakan Çalhanoğlu der Schlüsselspieler gelbgesperrt fehlte. Demiral ersetzen dürfte Samet Akaydın, der zuletzt ebenfalls mit einer Gelbsperre ausgefallen war und im Viertelfinale wieder spielberechtigt ist.
dpa/dtj